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in (1er Juscl bis zu einer verliüitnissmässig recenten Periode gewaltet zu haben, und in
den entfei'ntesteii und am wenigsten civilisierten Inlnnddistricten bis ungefähr /.um Anfang
dieses Jahrhunderts. Obgleich regelmässige Friedhofe im Mahawansa in Verbindung mit
Anuradhapura erwähnt sind, seheinen sie doch niclit sehr allgemein gewesen zu sein zu
dieser Zoit-oder zu irgend einer folgenden Periode. ••
Die oben (Seite 492) aus Bennett citierte Stelle stimmt zu dem Gesagten, nur
geht aus ihr dos Weiteren hervor, dass die Todtkrauken noch lebend nach der Sohona
gescliafl't wurden. Die Fnrcht, es mochte die Seele des Sterljenden im Augenblick des
Todes den Körper verlassen und in der Hütte, in welcher der Tod sich ereignete, ihren
Aufenthalt nelnnen, führte offenbar die Angehörigen dazu, den Sterbenden, solange er
noch lebte, in der Sohona an.szusetzen. Beim Gedanken an diese Stätte erregte sicli die
Phantasie in schrecklicher Art; dem grossen Sohonadämon war sie der bevorzugte Aufenthaltsort,
einem Geiste von hundert und zwanzig Fuss Hohe, mit drei Angen, viei- Pfänden,
die Haut roth und der fvopf der eines Bären, auf einem gigantischen Schweine reitend; aucli
glaubte man von ihm, er halte sich auf den Gipfeln grosser Felsen und Hügel aid', wo er
seine Lust darin finde, mit menschlichen Leichnamen sich zu umgeben und ungeheure Bissen
ihres Fleisches zu verschlingen, allen anderen Theilen die Eingeweide vorziehend (sielie
auch oben Seite 446). Dieser Dämon erwartete den Sterbenden nach scüiem eigenen
Glanben auf der Sohona, wohin er gebracht wurde; in Wirklichkeit aber wurde der Todtkrauke
die Beute der ausgeliungerten Dorfhunde oder der Jakale oder anderer Pianbthiere,
ein entsetzliches Loos, hervorgerufeji durch denselben Glauben an das Weiterleben und die
Unzerstörbarkeit der menschlichen Seele, welcher an anderen Orten in Handlungen der Pietät
gegen den Verstorbenen und in der stillen Hoffnung einstigen Wiedersehens so liebliche Blüthen
treibt. Der Gedanke, die Seele des Dahingeschiedenen durch i^edecken der Leiche mit Laub
und Belasten mit einem Stein tödten zu können, hielt die Weddas vor der furchtbaren That
znrück, den Sterbenden zu verlassen: es war diese letztere Handhnig der weitere Schritt,
welchen höhere Cnhur that, als sie jenen naiven Glauben der Weddas zu belächeln anfieng.
Das Aufgeben jener unseligen Handlungsweise ist eine der vielen segensreichen
Einflüsse des englischen Volkes in Indien. Sollte in Ceylon - oder noch irgendwo in
Vorderindien eine Sohona im Gebrauche aufgefunden werden, so wäre noch vor ihrer gleich
vorzunehmenden Zerstörung rasch eine genaue Beschreibung des Schauplatzes und aller damit
verknüpften Umstände und Handlungen um der Wissenschaft willen vorzunehmen.
Von allgemeinem Gesichtspunkt Ijetraclitet, stellt die Soliona oder der Ort, wo
alle Leichen aus der Nachbarschaft einfach unbegraben liegen gelassen werden, nur einen
Schritt über die Behandlung der Leichen seitens der Naturweddas hinaus dar.
In den Städten scheint, wie ja auch De Silva schon von Anuradhapui-a erwähnt,
die Sohona schon frühe aufgegeben gewesen zu sein; so weiss auch Knox, welcher im
17, Jahrhundert in Ivandy lebte, nichts davon. Ju' spriclit nur von Begraben oiler Verlirennen
der Leichen (55, pag. 115).
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Nachdem wir nun die Sohona der Singhalesen kennen gelernt haben, kann es
keinem Zweifel unterliegen, dass die Angabe des Tamil über die Behandlung der Sterbenden
seitens der Weddas auf singhalisierte oder wohl auch tamilisierte — denn die Sohona
ist jedenfalls allgemein indisclier Brauch gewesen — Culturweddas zu beziehen ist. Er
äussert sich folgendermaassen; „Wenn die Krankheit, von der irgend Einer von ihnen befallen
wurde, durch ein- oder zweimalige Wiederholung der Opfer nicht geheilt wurde, so
verlassen sie den Kranken zu sterben. Nachdem sie ihn so verla.ssen Iraben, kehren sie
zu der Stelle für eine beträchtliche Zeit nicht mehr znrück." Eine eigentliche gemeijischaftHche
Sohona ist in diesem Falle noch nicht entstanden, wohl aber hat der Gedanke,
der Sterbende müsse sich selbst überlassen werden, bevor der Tod eintrete, bei diesen
Culturweddas bereits Eingang gefunden. Uns selbst sagte ilbrigens der Küstenwedda
Pereman auf unsere Frage, ob sie Heilmittel hätten: „Wir warten, bis der Kranke
w i e d e r gesund wird oder stirbt." So ist auch bei Culturweddas jedenfalls nur sehr
selten ein Verlassen des Sterbenden nachzuweisen, bei Naturweddas sicher jdemals.
Religion.
Wie schon in den anderen Gebieten, so ist es auch in dem der religiösen
Vorstellungen nothwendig, sorgfältig zu unterscheiden zwischen den von äussereji Einflüssen
noch vöüig unberührten Naturweddas und den in vielen Beziehungen tamilisierten oder
singhahsierten Culturweddas. Es ist um so grössere Vorsicht geboten, als manche Autoren
Befunde, welche sie bei den Letzteren gewannen, auf alle Weddas überhaupt übertragen haben.
T r a n s c e n d e n t a l e Anschauungen der Naturweddas. Dass die Vor.steüung,
die Seele des Gestorbenen könne vielleicht nach dem Tode weiterleben, unter den Naturweddas
allgemein verbreitet ist, haben wir nn vorigen Abschnitte gesehen; doch hat es.
wie daselbst ausgeführt, den Anschein, als glaubten die Naturweddas, es könne die Seele
im Leibe zurückgehalten und so mit diesem vernichtet werden. Wir haben wohl in Folge
dessen ein Nachdenken über den eventueUen Zustand der Seele nach dem Tode des Körpers
nicht nachweisen können. Ja, selbst noch die Culturweddas scheinen, ob sie schon ihren
Manen gewisse Opfer darbringen, nicht inr Stande zu sein, mit dem Zustande derselben
eine bestinnnte Vorstellung zu verbinden.
Folgendes sind unsere eigenen diesbezüglichen Erfahrungen. Die Weddas von Dew
i l a n e berichteten uns, nach dem Tode würden sie Geister oder Yakas; ob aber diese
lel)ton oder nicht, daran hätten sie noch nicht gedacht; sie beteten nicht zu ihnen
und verehrten sie nicht. Zwei ächte Naturweddas vom Dauigala, mit Namen Kaira
und Kanduna (letzerer ist in Figur 7, Tafel VI abgebildet) berichteten uns 1885, sie
verehrten weder ihre Vorfahren, noch einen Teufel, noch einen Gott. Fünf Jahre später
sagten uns die in Henebedda im Nilgaladistrict angesiedelten Weddas, dass sie glaubten,
die Todten würden zu Geistern oder Yakas; aber sie opferten nichts denselben. In
SARASIN, Ceylon III.