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Vircliow (p. 94) hat bei zwei seiner Tainil-Schildel — der dritte war nicht messbar
— (iaumeii-Indices angegeben, welche von den unsrigen reelit erheblieb, abweichen.
Sciine Zahlen sind 87.7 und 90, also Maasse, welche eine sehr kurze und breite Gaumenfoi'ui
bedeuten; es dürfte dieser Widerspruch wieder darin seine Erklärung hnden, dass
die von Vi r chow untersuchten Schädel nicht der einheimisclien, ceylonesischen Tamilüevolkeruog
angehört lialien.
Die Form der Z a h n c u r v e ist beim Tamd der des Wedda insofern ziemUch ähnhclK
dass sie aacli entweder nach hinten leicht hufeisenförmig zusanimenneigt, was die
Hegel bildet, oder nur schwach divergiert.
Dagegen ist die Stärke der Z a h n e n t wi c k l u n g lieim Tamil viel bedeutender als
beim Wedda. Die udttlere De n t a l l ä u g e (sielie p. 180) ergiebt für den Oberkiefer bei 7
Männern 43.3 mm, für den Unterkiefer Ixn 8 Mämiern 46.3; beim Wedda hatten dieselben
Waasse 41.1 und 43.3 betragen. Die stärkere Entwicklung der Molarenreihe im Unterkiefer,
gegenüber von oben, ist beim Tamü noch denthcher markiert als beim Wedda; denn, wenn
wir nur diejenigen 6 Schädel auswählen, bei welchen die Dentallänge in beiden Kiefern
messbar war, so erhaben wir für die obere Reihe der 2 Praemolaren und 3 Molaren 43.7
und für die untere 47.3 mm.
Die kräftige Geliissentwickhing haben wir schon bei der Beschreibung der lebenden
Tamilen (p. 123) erwähnt, indem wir darauf aufmerksam machten, dass zuweilen die Lippen
das mächtige Gebiss niclit mehr zu überdecken vermögen.
Der Unt e r k i e f e r zeichnet sich durch die Schwere und Höhe seines Körpers aus,
verlninden mit schwacher Ausprägung des Kinnes. Man vergleiche zum Beispiel die Tamil-
Scliädel der Taff. LIX oder LYl, an denen die mächtige Entwicklung des Unterkiefers klar
zu sehen ist.
In seiner Form entspridit er derjenigen des knöchernen Gaumens; wie dieser beim
Tamil relativ länger und schmäler als lieim Wedda erscheint, ist es auch der Unterkiefer.
Als wir beim Wedda aus der Länge des Unterkiefers in seiner Mittellinie und seiner Breite
an den Winkeln einen Index berechneten, indem wir die erstere Strecke ^ 100 setzten,
erhielten wir für die Breite die Zaiil 96.6 (p. 256), beim Tamil dagegen nur 90.7. Es
ist also die Breite des Unterkiefers, im Verhältniss zu seiner Länge, beim Tamd merklich
kleiner als beim Wedda.
Da wir. wie erwähnt, keine ganzen Skelette besitzen, so schliessen wir damit die
Bemeiivungen über die Osteologie der Ceylon-Tamilen ab und st(dlen noch einmal di(i
wesentlichsten, am Schädel gefundenen Merkmale d i a g n o s t i s c h zusammen.
Der T ami l - S c h ä d e l zeichnet .sich durch starke Knochen-Entwicklung und daher
bedeutende Schwere aus (Durchschnittsgewicht der männhchen Schädel 711 Gramm, der
w-eiblichen 566).
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Die Muskelcristen sind alle kräftig ausgebildet, die Schläfenlinien greifen hoch am
Schädel hinauf, Mastoid- und Styloidfortsätze sind in der Begel mächtig und die latei-ale
Pterygoidlamelle breit; am Stirnbein ist meist ein starker SuperciUarscliirm voihanden.
Die Ca p a c i t ä t von 13 männlichen Schädeln l)eti'ug im Mittel 1336 ccm, von 7
Frauen 1171; beide Lieihen sind also e u e n c e p h a l .
Der Form nach ist der Scliädel lang und schmal. Der mittlerci L ä n g e n b r e i t e n -
I n d e x der Männer betrug 70.8, der der Frauen 70.3. Von 25 erwachsenen Schädeln
waren 21 (84 Procent) d o ü c h o c e p h a l , 3 (12 Procent) me s o c e p h a l , 1 (4 Procent)
b r a c h y c e p h a l .
Die Höhe des Schädels übertrifit durchschnittlich die Breite. Der Lang e j ihöhen-
I n d e x ist bei den Männern 73.6, bei den Frauen 72.5; beide Heihen sind o r t h o c e p h a l .
Die S a g i t t a l c u r v e des Schädels misst bei den Männern durchschnittlich 374.5 mm,
die F r o n t a l c u r v e 305.5 mm.
Das S t i r n b e i n ist von geringer Breite, bei den Männern 93.5 mm an der schmälsten
und 109.7 mm an der breitesten Stelle erreicliend; seine Pars nasalis ist kürzer als
beim Wedda (7.8 mm).
Die S c h e i t e l b e i n e sind häufig leicht abgeplattet.
Am S c h l ä f e n b e i n bemerkten wir einen Stirnfortsatz bei 7.4 Procenten unserer
Schädel, Schaltknochen, welche die Ala major vom Parietale vollkommen abtrennen, bei
3.7, nicht vollständig trennende Schaltknochen bei weiteren 18.5 Procenten.
Der .To chf o r t s a t z der Schläfenschuppe ist zuweilen henkeiförmig gestaltet.
Das Hi n t e r h a u p t s b e i n zeigt beim Manne in der E-egel starke Abplattung des
Planum nuchale. Zweimal wurde Persistenz der Sutura transversa beoljachtet.
Der Ob e r g e s i c l i t s - I n d e x betrug bei den Männern 52.2. mit ziemlich geringen
Abweichungen von der Mittelzahl.
Nach dem Ki e f e r - I n d e x (Mittel der männhchen Schädel 97.7) stehen die Tamilen
an der oberen Grenze der Or t h o g n a t h i e , gegen die Me s o g n a t h i e hin. P r o d e n t i e
oder alveoläre Prognathie ist dagegen meist in sehr ausgesprochener Weise vorhanden.
Die Au g e n h ö h l e hat in der Begel die Gestalt eines ziemlich hohen Rechteckes
mit leicht gerundet in einander ül)ergehenden Seiten; der mittlere Or b i t a l i n d e x der
Männer ist 86.7, der der Frauen 86.8. lieide Reihen sind also me s o p h t h a lm, und starke
Abweichungen nach oben oder unten sind selten.
Die F l ä c h e des O r b i t a l e i n g a n g s misst bei den Männern 1248. bei den Frauen
1183 Quadratnullimeter die mittlere Int e r o r l ) i t a lbr e i t e 23.5 und 23.3.
Nach dem N a s a l i n d e x kommen die Tamilen an die untere Grenze der chama e r -
rhinen Gruppe zu stehen; die Mittelzahl der Männer ist 53.7.
Die Na s e n b e i n e erheben sich ziemlich stark gegen einander, und der Na s enrücken
springt kräftig vor, trotzdem die Wurzel der Nase meist deutlich eingebogen erscheint.