indessen iliese Anffassniig für so wi-nig richtig halten, als die Wiedergabe der ganzen Stelle
durch Tennent; wir glauben vielmehr, dass dieselbe ein bedeutend erhöhtes Ijiteresse dadurch
erhiUt, dass wir unter den Serae dieser Stelle des Pl inius, wie wir meinen, die
AVeddas verstehen dürfen. Zunächst handelt es sich hier ja zweifellos um einen, dem
Singhalesen Rachia fremden Volksstanrni, von welchem er fabelt, es seien Biesen mit rotheu
Haaren und blauen Augen. Bass diese Beschreibung auf die AVeddas von ferne nicht passt,
lirauclit uns nicht zu stören. Ben Singhalesen, welche die Weddas selbst nicht gesehen
hatten, galten diese lange Zeit hindurch als halb fabelhafte Wesen, als Bämonen, Yakas, die
plötzlich erscheinen und sich plötzlich unsichtbar machen können. Hielt man sie für Bämonen,
so war es naheliegend, sie als Biesen zu denken. Wenn dann ferner von rothen Haaren
uud blauen Augen die Rede ist, so wollen wir nur daran erinnern, dass Ribeyro, dem
wir einen sonst sehr wichtigen und von uns vielfach Ijenutzten Bericht über die Weddas
verdanken, von ihnen sagt (92, pag. .178): „Sie sind weiss, wie Europäer, und es giebt
sogar Rothhaarige (des roux) unter ihnen." Ausserdem scheint die Beschreibung: „gross,
rothhaarig und blauäugig" auf unbekannte Völker öfters übertragen worden zu sein; so berichtet
dies z. B. Herodot (lib. IV, cap. 108) von den Bndinen, seinen Phthirophagen.
R i b e y r o hatte eben so wenig, wie Rachia, selbst Weddas gesehen gehabt. Sehr
wichtig ist aber die Angabe des Rachia vom rauhen Schall ihrer Stimme und der fehlenden
Sprache. Wir haben schon ausgeführt (siehe oben Seite 569), wie sehr die Weddas
durch das laute mid rauhe Hervorbrüllen aller Worte, wenn sie nüt einem Fremden zusammentreflen,
in Erstaunen setzen; wir dürfen diese Sitte geradezu als ein ei'gologisches
Characteristicum der Varietät auffassen. Wenn ferner, wie wir es gethan haben, der Ausdruck:
luillo commercio linguae als Sprachlosigkeit der Weddas bezeichnend aufgefasst
werden darf, so werden wir uns über das Aufkommen eines solchen Glaubens idcht wundern,
weini wir uns daran erinnern, dass noch zweitausend Jahre später Tennent durch
das wild tönende Gebrüll der ihm vorgeführten Weddas zu einem ähnlichen Verdachte geführt
wurde. Wir haben die betreffende Stelle schon oben (Seite 569) wiedergegeben und
verweisen hiemit auf dieselbe.
Zu dem Satze des Pl inius: Ultra montes Hemodos Seras (¿uoque ab ipsis adspici,
bemerken wir Folgendes: An verschiedenen anderen Stellen spricht Plinius von einem
Volke, genannt Seres, welches nördhch von den Hemodi montes oder dem Himalaya wohne
(siehe z. B. libr. VI, cap. 20 und 21). Biese den Alten sehi- wohl bekannten Serer waren
die Bewohner des Tarim-Beckens (siehe v. Richthofen, 93, tom. 1, pag. 479 fl'.), und sie
lieferten den Römern die hochgeschätzte Seide. In Georgii (31, tom. 1, pag. 324) lesen
wir noch Folgendes über dieselben: „Bas Land der Serer war durch das Product der Seide
frühe schon bekannt. Bnrch stummen Handel an den Grenzen musste d(!r fremde Kaufmann
es gewinnen. Ber Schohast zu Bionysius Periegetes sagt: „„Bie Serer lassen sich
in keinen Umgang mit Menschen ein. Ben Preis des zu verkaufenden Artikels sclireiben
sie auf den Sack und treten dann ab. Sodann kommen die Kaufleute, legen den Werth
der Waare dazu und treten gleichfalls ab. Hierauf nähern sich die Serer wieder, uiid ist
ihnen das Beigelegte genügend, so nehmen sie dies, im andereji Falle nehmen sie ihre
Waare zurück."" Georgii verweist weiterauf eine Stelle dos Me l a (66), widche folgendermaassen
lautet: „Seres intersui^t, gemis plénum justitiae, et commercio quod rebus in
sohtudine i'elictis absens peragit notissimum." Mela wird von Plinius oft citiert, und
erinnern denn auch die von Letzterem zur Charakterisierung seiner Serae gebraucliten Worte:
„notos etianr cojnmercio" stark an Mela's Ausdruck : „genus commercio notissimum". So
sdieint uns denn Plinius die Serae des Rachi a mit den eigentlichen Serern verwechselt
zuhaben, weil von den Letztern ebenfalls der Geheimhandel ganz allgemein („notissimum")
berichtet wurde, und es scheint sich auch ein gewisses Erstaunen des P l inius in dem schon
citierten, etwas eigenthümlichen Satze auszusprechen: „Ultra luontes Hemodos Seras ¡poque
ab ip.sis adspici. "
Wir glauben nun, dass Rachi a unter seinen Serae die Weddas verstand, und dass
er von den Bewohnern des Tarirn-Beckens gar keine Ahnung hatte, und ferner, dass das
Wort Heraodos von Plinius selbst beigefügt wurde: Rachia sagte sehr wahrscheinlich
nur: „Jenseits der Berge", das heisst, jenseits des Centraigebirges der Insel, und er meinte
damit als Wohnort seiner Serae das östliche Niederland von Ceylon.
Ber Name unseres Singhalesen, Rachia, Ijedeutet jedenfalls nicht Radja, wie
F o r b e s (29, tom. 1, pag. 263) und Tennent vermutheu; denn kein König gieng als
Gesandter nach der Fremde; auch nicht Aratschi, wie Gasie Chitty (18, pag. 78, Anmerkung)
denkt; sondern Rakka ist ein sowohl früher (Tennent, tom. 1, pag. 557, Anmerkung),
als auch noch heutzutage vorkommender Eigenname. Wir selbst trafen einen
singhalisierten Wedda bei Bewilane an, welcher diesen Namen fidn-te.
Wir kommen auf den von T e n n e n t behaupteten ursprünglichen Geheimhandel der
Singhalesen zurück. Virchow, welcher, wie bemerkt, in diesem Punkte Tennent beitritt,
lässt sich nocli folgendermaassen vernehmen (115. pag. 9, Anmerkung): „Chinesische Autoren'
z. B. Fa H i a n im 3. Jahrhundert tliun dieser Art von heimlichem Handel audi auf der
Insel selbst Erwähnung. Bie gleichzeitige Anführung von Bämonen könnte allerdings für
Weddas sprechen, indess zeigt eine Erzählung des arabischen Geographen Albyruni
(1030 nachClu'.). dass auch zu seiner Zeit der heimliche Handel noch an der Küste selbst
stattfand. Man müsste also annehmen, dass im 11. Jahrhundert die Weddas Küstenhandel
getrieb(>u hätten, was nicht walu-scheinhch ist."
Zu dieser Stelle bemerken wir Folgendes: Ber Bericht des Fa Hian bezieht sich
allerdings auf die „nnsiditbar bleibenden Bämonen" (siehe das Citat in Tennent, tom. 1,
pag. 611), also auf die Weddas, und Albyruni seinerseits beschliesst seine Erzählung vom
(ieheimhandel auf Ceylon mit den nicht misszudeutenden Worten: „Man fügt bei° dass
dieser Handel mit Genien geschieht, oder, nach Anderen, mit Menschen, welche im wilden
Zustande verblieben sind," Diese Angabe bezieht sich zweifellos auf die Weddas, welche
dei- arabische Geograph selbst nicht kannte. Man darf eben nicht vergessen, dass ein
S A R A S I N , Ceylon III.
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