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So lauge Lichte VVeddaworte noch nicht uut Sicherheit herausgeschält und reiu
(larsestcllt sind, erscheint jede Henierkung über die sogenannte Weddasprache als verfrüht.
\Vie es gekommen ist, dass die Grundlage der Sprache der Weddas durch das
Singhalesischc gebildet wird, erscheiirt bei der starken Antipathie derselben gegen die Cultureinfliisse
der höheren Nachbarn räthselhaft; allein es fehlt keineswegs an Beispielen, dass
niedere Stamme sehr rasch die Sprache höherer sich augeeignet haben, während die höhere
Cnltiu' selbst von ihnen nicht erfasst wurde. So lesen wir in einem Aufsatze von Beddoe
iiber die Eingel)orenen von Central-ijueensland folgendes (8, pag. 146, Anmerkung):
,,Es ist bemerkenswerth, dass sie rapide den (gebrauch ihrer eigenen Sprache fallen lassen,
sowie sie das Englische oder eine Form von Englisch annehmen und dass ihre eigenen
Mittheilungen untereinander ausgie[)ig in der neuen Sprache geführt werden. Dasselbe ist
mit eingeführten polynesischeu Arbeitern der Fall. Wenn wir wissen, dass die auf den
Stationen des Herrn Christison angestellte Zahl von Engländern immer sehr klein gewesen
ist. indem die Arbeit fast ganz durch Eingeborene oder dm'ch Polynesier geschah, so müssen
wir in dieser rapiden Aendernng der Sprache eine sehr bemerkenswerthe Thatsache erkennen."
Pink sagt 1847 von den Nikobaresen (84): „Als Beispiel des früheren Einflusses
der Portugiesen in Indien diene, dass die Nikobaresen Alle mehr oder weniger portugiesisch
verstehen." Die in den Bergwäldern Vorderindiens lebenden, den Weddas entsprechenden
Ürstämme scheinen die Sprache der sie umgebenden dravidischen Ciilturvölker
in Form eigener üialecte angenommen zu haben (vergleiche Cnst, 21, pag. 68—73),
darin eine vollkommene Analogie zu den ^Veddas liildend, welche ihrerseits das Singhnlesische
sich zu eigen machten, und, wie wir diesen Vorgang nennen könnten, local dialect
i s i e r t e n . So trefl'en Virchow' s Worte durchaus das Richtige, welche er in seinen Crania
e t h n i c a americana äussert (116. pag. 1); „Es hat uns die Erfahriing gelehrt, wie unsicher
die blosse Linguistik ist, wo es sich darnrn handelt, Fragen der Abstammung und Verwandtschaft
zu beantworten. Wie oft hat es sich gezeigt, dass die Völker fremde Sprachen annehmen
und sich tladurch einem allophylen Kreise anscddiessen, während ihre körperlichen Eigentlühuliclikeiten
sich erhalten oder plötzlich, gleichsam gespenstiscli wieder an's Licht treten." (Siehe
auch unsere diesbezüglichen Bernei-kungen auf Seite 355 dieses Bandes, sowie das im unten
folgenden Abschnitte: Geschichte über die Sprache der Ktesias'sclLen Pygmäen Gesagte).
Wir haben endlicli noch eine grosse Anzahl von Eigennamen der Weddas gesammelt,
welche wir aber nicht wiedergeben mögen, da viele derselben aJi der Küste tariiilisch,
im Ljueren singhalesisch sind. Indessen sei erwähnt, dass für Männer häiitig die
Nameu .Kaira, Kanda, Tuta wiedelkehren, welche nach Bailey speciHsch weddaisch seiu
dürften; auch die, ausser diesen, von Bailey erwähnten Namen: liandena, Konaruwa,
Kombowa, Milalana luid Peya haben wir wiedergefunden. Von Fraueniiamen begegneten wir
unter anderen Kairi, Kandi, Tuti, Latti, Tandi, Walli. Wir haben jedoch nicht deutlich
wahrgenommen, dass gewisse Eigennamen an bestimmte Localitäten gebunden gewesen wären,
mit Ausnahme der lediglich an der .Küste anftancheiiden tamilischen Namen.
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Wir kommen mm zu einem weiteren Punkte. Es schreibt näiidicJi Davy: „Namen
s c h e i n e n sie keine zu haben. Ein Wedda sagte: „ „Ich heisse Mann; als ich jung war,
wurde ich ein kleiner Mann genannt, wenn ich alt sein werde, ein alter Mann."" Diese
Angabe, die Weddas hätten keine Eigennamen, bestreitet Bailey aus dem einfachen Gi'unde,
weil er, wie eben erwähnt, thatsächlich solche vorfand. Nun bleibt es aber doch auffallend,
dass Lamprey von dem in Kandy gefangenen Wedda, welcher, wie es scheint,
aus der Wewattegegend stammte, berichtet, derselbe habe keinen Namen geliabt, und habe
angegeben, man habe iiberliaupt keine Namen, man sage blos grosser oder kleiner Mann
oder desgleichen Weib, Knabe, oder Mädchen. Binning, der freilich keine Weddas gesehen
hatte, behauptet: Namen, sich zu unterscheiden, fehlen; und endlich sagte uns selbst
in Wewatte der dortige singhalesische Weddaaufseher, die Familien bezeiclnieten sich
gegenseitig nicht; sie sprächen nur von kekula, Sohn, kekuli Tochter, nena, Weib. Wir
wissen nun aber bestimmt, dass die Weddas von Wewatte Eigennamen besitzen. Vielleicht
werden dieselben trotzdem, dass sie vorhanden sind, in einigen Fällen nicht gebraucht,
woraus zu schliessen wäre, dass ursprünglich Eigennamen fehlten, und dass diese
erst durch den Einfluss der umgebenden Culturvölker erworben wurden. Die Frage, ob es
noch namenlose Naturweddas giebt, oder doch solche, die es vermeiden, sich mit ihren
Namen zu nennen, sollte weiter geprüft werden. Wir halten es für wahrscheinlich, dass
dies der Fall ist.
Buchstaben, also eine Schrift haben die Weddas nicht. Ob eventuell ihre früheren
B o t e n s t ö c k e (siehe oben Seite 457) bis zu einem gewissen, sehr rudimentären Grade eine
solche ersetzten, wie bei den Australiern, oder ob diese nur als äusseres Bekräftigungszeichen
der überbrachten Botschaft dienten, wie wir von den indischen Primärstämmen
durch Jagor (siehe oben ebendaselbst) erfahren, steht dahin.
Zur älteren Geschichte der Weddas und der sie vertretenden Primärstämme von Vorderindien.
Es ist bis in die neueste Zeit (Stevens, Deschamps) unmer von neuem die Ansicht
ausgesprochen worden, die Weddas seien als verkommene, degradierte Menschen zu
betrachten, welche in früheren Zeiten sowohl somatisch, als culturell auf einer viel höheren
Stufe sich befunden hätten. Zwar hat schon Virchow eine solche Auffassung mit gewichtigen
(Gründen bekämpft; dennoch blieb es beim alten Glauben. Es müssen uns Lmit
Berichte, rmd wären es auch nur Andeutungen, über die Weddas oder über die weddaischen
Stämme Vorderindiens um so wichtiger erscheinen, je älter sie sind.
Die Angaben über den Zustand der Weddas im 17. Jahrhunder t haben wir
bei-eits in nnsere Ergologie hinein verarbeitet; wir verweisen speciell auf den Abschnitt:
S o c i o l o g i e . Weiter zurück shid dann von Tennent mit grossem Fleisse Andeutungen
und Erwähnungen aus arabischen und chinesischen Schriftstellern beigebracht worden. So
spricht im 11. Jahrhunder t der arabische Geograph Albyruni über den Geheimhandel
mit den Weddas als mit „Menschen auf Ceylon, welche im wilden Zustande verblieben sind"
SARASIN, CayJon III,
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