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Oogensiand." Bei dieser Gelegenheit macht De s c h äm ps auf den Gegensatz der Weddas
gegen die lärmenden Singhalesen aufmerksam, vor wekhen sie sieh auszeichneten durch
Schweigsamlveit, Unbeweghchkeit, Zufriedenlreit mit dem Gebotenen und Geduld. Mit
dieser Angabe über einige Wcwatteweddas steht ein Bericht von Bailey über solche des
Nilgaladistrictes im Widerspruch; er berichtet; „Wenn hergebracht, um begafit zu werden,
hocken sie zusaurmen, wie eine Heerde wilder, furchtsamer Tliiere; wird Reis oder Tucli
gegeben, so werden sie wie ungestüme Kinder um ein Spielzeug, vergessen den Fremden,
stossen einander und roclamieren laut gegen Jene, die einen grösseren Theil erwischten."
Vielleicht waren die Weddas von Bailey besonders hungrig oder durch die fremdartigen
Umstände so verwirrt, dass sie ihre Fassung ganz und gar verloren. Bailey schien sich
selber zu wundern; denn er fügt hnizu; „Anders sind sie in ihren Wäldern. Sie fidüen
sich dort zu Hause und frei. Den Bogen in der Hand, die Axt auf der Schulter, schreiten
sie stille eijiher, das Haupt erhoben, mit unabhängiger Miene, als wären sie Jedem gleich
mid hätten Keinen zu fürchten." Wir betrachten eine gewisse würdige Ruhe beim Empfangen
von Geschenken als Regel, den Bailey'schen Fall für eine, durch irgend welche
['rsache hervorgerufene Ausnahme.
Ueber das Verhalten der Weddas im Gebiete des Sexualismus: Monogamie,
Ehetreue, Eifersucht, Freundlichkeit in der Behandlung der Frauen, Decenz in der
Sprache. Liebe zu den Kindern und dieser zu ihren Eltern u. s. f. verweisen wir auf das
im <liesbezügliclien Abschnitte Gesagte (siehe oben Seite 457).
Wir beobachten bei den Naturweddas ferner Schoi^ung des fremden Eigent
l i u m s . Diebstahl und gewaltsamer Raub fehlen vollkonnnen; die Weddas zeichnen sich
auclx darin vor ihren Culturnachbarn vortheilhaft aus. Als der Lamprey'sche Wedda
gefragt wurde, ol) nicht zuweilen das Fleisch, welches sie in hohlen Bamnstämmen, mit
Honig gemisclit, für Zeiten von Mangel aufzubewahren pflegeu. von anderen Weddas gestolilen
würde, antwortete er, er habe nie von so etwas gehört; sollte es doch vorkourmen,
so könnte wohl sein, dass der Thäter von der beleidigten Familie summarisch beliandelt
wiirde. Hartshorne sagt: „Es dünkt dem Wedda völlig unfasslich, dass irgend Einer
etwas nehmen sollte, was ihm nicht gehört, oder dass er seinen Gefährten schlagen oder
etwas Unwahres sagen sollte." Nach Stevens feldt Diebstalü, ebenso diesbezügliche Gesetze
und Strafen. Auch, den Singhalesen stelile der Wedda niclits, selbst im Falle vou Mangel,
was er. Stevens, speciell bei de]i singlralesischen Nachbarn erkuudet halie. „[)arin sind sie
besser als ilire Nachbarn." Wenn dann Stevens das Fehleu von Diebstahl dadurch zu
erklären versucht, dass der Wedda nichts Steldenswerthes besitze, so ist dies ein Irrtlnnn.
ÜJiter den Weddas selbst gelten folgende Gegenstände als Werthsachen: l^)0gen, Pfeil, Axt,
Trockenfleisch (siehe obige Bemerkung des Lamprey'sclren Wedda), Honig, ferner allerhand
gelegenthch eingetauschte Waaren, wie Tuch, Glasschmuck, Kochgescliirre u. s. f.
Die Singhalesen aber besitzen sehr vieles, was die Weddas brauchen köiniten. Andrerseits
ist allerdings Reichthum und Armuth von den Naturweddas noch nicht erworben,
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uiid so die Versuchung zum Diebstahl geringer als bei den Culturvölkern. Descharnps
zufolge fehh Diel)stahl ganz, ja er denkt, sie scheinen nicht einmal eine Vorstellung davon
zu haben. Er erzählt in dieser Beziehung Folgendes (25, pag. 310): „Eines Tages
kam ein alter Wedda, den Aratschi zu suchen, welcher bei mir war; er kam an, ernst,
gebeugt, seine Axt in der Hand, und sprach einige Worte in demselben Tone aus, den
wir anwenden würden, um zu sagen: Feigling! Mörder 1, und er gieng wieder fort. Der
Aufseher (clief) folgte ihm an die Stelle, wo Alle sich niedergekauert hatten; darauf kam
er nach wenigen Augenblicken wieder zurück, die Weddas wünschten einige Stücke von
Bananenblättern, die Bäume waren dort nahe bei ihnen; aber sie wollten sie ohne Beistimmung
ihres Aufsehers nicht anrühren. Das ist eine Handlung von Zartgefühl, vielleiclit
ihres Werthes niclit bewusst, aber deren wenige Singhalesen fähig gewesen wären,
und voran stehen die Wilden."
Bei den Cal turweddas scheint in Folge der vielfachen Berührung mit Tamilen
und Singhalesen das Gefühl, als sei das Eigenthum des Andern selbstverständlich unverletzHch,
sich abgeschwächt zu haben. Man sagte uns dort, dass, wenn Einer stehle, er
ausgeschimpft werde: „er solle es nicht mehr thun." Die Möghchkeit des Diebstahls wird
also von den Culturweddas zugegeben; Naturweddas dagegen scheinen auch die Möglichkeit
einer solchen Handlang nicht zu begreifen, und nur Tod würde in ihren Augen die
Strafe für solch' ein Vergelten sein (siehe oben die Aussage des Lamprey'schen Wedda).
Folgende Aeusserung bezieht sich mit Sicherheit auf Culturweddas oder Singhalesenmischlinge:
„Diebstahl und Lüge sind auch noch vorherrschend" (Gillings; siehe über die
Allgaben dieses Autors die oben Seite 487 gemachten Bemerkungen). AVenn Tennent
sagt, dass Gestohlenes zurückgegeben werden müsse, und es folge darauf keine Bestrafung,
so deckt sich diese Angabe mit unseren Erfahrungen bei den Culturweddas.
Von den Kurumbas, einem den Weddas verwandten Urstamme von Südindien,
welche sich von ihren Cultarnaclibarn zuweilen als Feldhüter anstellen lassen, sagt Buchanan
(citiert von Elliot, 28, pag. 105): „Der Kurubaru würde eher verhungern, als ein Korn von
dem Getreide nehmen, welches seiner Aufsicht unterstellt wurde."
Obschon sich der Naturwedda vor Fremden scheu zurückzieht, zeigt erdochMuth,
wenn Br zum Kampfe genöthigt wird, Todesmuth, wenn sein Leben auf dem Sphde steht,
s c h w e i g e n d e s Elrtragen von Schmerzen und Gelassenheit im Sterben.
In Beziehung auf ihren Mutli im Gefechte erzählt Knox (55, pag. 62): „Um
Ilourly herum (nach Bailey (3. pag. 296, Anmerkung, ist dies wahrscheinlich ein noch
jetzt best(dien<h'.s Dorf mit Namen Ura-ula „an den fernsten Grenzen des Nilgaladistrictes"),
der fernsten vou des Königs Domänen, leben Viele von ihnen, welche ziemlich zahm sind
niul lun'ankomineu und kaufen und verkaufen unter den Leuten. Als der König einst Anlass
zu einer eiligen Unternehmung gegen die Holländer hatte, bot der Gouverneur sie
Alle auf, mit ihm zu gehen, was sie thaten. Und mit ihren Bogen und Pfeilen
t l i a t i i u sie so guten Dienst, wie irgend welche von den Uebrigen; aber hernach.
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