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Gegend kein Thongescliin-, und 1890 trafen wir bei unserem zweiten ResucJie eine Familie
Natnrweddas vom Danigaln, welche eine Schildkrötenschale (siehe oben) und nicht etwa
ein Thongeschirr als Schüssel mit sich führte. Sei dem nun, wie ihm wolle, es kann sicli
j a hier nur um die Grenze handeln, bis zu welcher die Töpferei von den Cultur-Indern
her eindrang. In Wewatte ist sie bereits bekannt, wie Deschamps angiebt. dem zufolge
sie dort das Fleisch in einem Thontopfe rösten, welcher mit sehr dicken Rändei'u
verseilen ist, und von ihnen selbst aus Erde hergestellt wird: auch ihren Kurakkau
kochten sie darin: ja die Kun.'it der Töpferei tritt uns um so bestimmter entgegen, je
mehr wir uns Alutnuwara. dieser uralten singhalesischen Ansiedelung nähern; die Weddas
der dortigen Gegend, welclie auch vielfach schon singhalesisches Blut in sich aufgonommeu
haben, fertigen selbst Tliongeschirr, oder sie tauschen es ein. da sie ohne dassidbe
nicht mehr gut auskommen können. So vermuthen wir auch, dass jene irdenen
Töpfe, welche K r i e k e n b e e k in einer Höhle des Omuna bei den dortigen Weddas in
Gebrauch fand, von denselben durch Tausch erworben waren: denn sie waren mit Honig
gefüllt, und für das Einsammeln und die Aufbewahrung dieses Stoffes verwenden die Naturweddas
sonst Rastsäcke.
Hie Gulturweddas scheinen besonders eifrig darauf auszusein, Metallschüsseln
einzutauschen, nachdem sie dieselben einmal kennen gelernt haben, wie schon van Goens
merkte. Offenbar sind sie ihnen wegen ihrer Unzerbrechlichkeit von so hohem Werthe.
Ein solches kupfernes Becken mag etwa auch einmal zu Naturweddas sich verirren; wenigstims
spricht Nevill davon. Ferner erfahren wir durch diesen Autor, dass die Culturweddas
früher auch goldene Kochgeschirre gehabt hätten; das letzte derselben sei ihnen
während des langen Guerillakiieges zwischen den Europäern und den Singhalesen abhanden
gekommen. Hiese Neigung zum Besitz dieses Metalles scheint sich zu bestätigen
durch eine Bemerkung von van Goens, welche lautet: „Diejenigen, welche an der Küste
von Batticaloa wohnen, mögen nun Alle Geld leiden und sonderlich Gold" (siehe über
das Geld auch unten Abschnitt: Handel). Es ist nun vielleicht möglich, dass die dortigen
Weddas darum besonders Gold wünschten, um daraus Kochgeschirre zurecht zu schlagen,
welche nicht rosten: denn als Schmuck kann ja ein goldener Kochtopf nicht wohl aufgefasst
werden. Sich Gold in irgend einer Form zu verschaffen, konnten aber einige Culturweddas
wohl in die Lage kommen, da sie ja früher unter anderem auch Elfenbein lieferten.
Nevill spriclit ferner von ächten Juwelen, welche die Cultnrweddas, — denn nur
um solche kann es sich hier handeln — vor Zeiten in ihren Besitz gebracht und zum
Schmuck für ihre Frauen verwendet hätten.
liei den Cnlturweddas findet man ferner noch vor: Kürbisflaschen, Matten aus
Kokosfaser und Thierhäute, um darauf zu schlafen, ferner Körbe, Kornmahlsteine, Messer
und sogar Fenergewehre, Air das ist selbstverständlich höherer Cultureinfluss und deshalb
für uns von keinem weiteren Interesse; so wenig wie der Seite 447 erwähnte Gebrauch
von AVachskerzchen und die Sitte, bei Festen und Opfern ein mit Harz gefülltes Gefäss
'Jl.
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anzuzünden, welclies dann ehie ganze Nacht hindurch brenne; das Harz stamme von Vatica
obscura, Trimen. Dipter(jcarpaceae; so Nevill. Auch die Singhalesen vei'wenden, wie wir
auf Seite 36 ei'zählten, Harz zu I-'ackeln, und zwar am x\dams-Pik das von Dooua zeylanica.
Tliw.
Musik- oder Ijärminstriimente irgend welcher Art fehlen den Naturweddas.
Der Botenstock. Iis scheint uns, dass vor Zeiten die Naturweddas, als sie noch
luigestöi't im Besitze ihres Landes waren, Botenstocko im Gebraiich hatten, ähnlich
denen, welche unläugst initer den Australiern aufgefunden worden sind; denn im Anonymus
1823 finden wir folgende bedeutsame Stelle: ..Die Weddas kennen keine Schrift:
aber die vei'schiedenen Stämme ruiterhaiten eine rohe Correspondenz untereinander mittelst
kleiner Stücke Holz, welche in verschiedene Formen geschnitten sind. Flüchtlinge pflegten
mit solcher Art Bässen versehen zu werden, wenn sie von einem Stamm zum anderen
reisten, imd die erhaltene Behandlung liieng ab von der Empfehlung des Talisman. "
Als wir uns 1890 nach diesen Botenstöcken erkundigten, verstanden uns die
Weddas nicht; die Sitte ist also oflenbar erloschen, seit die wenigen noch existierenden
Naturweddas durcli die eindringenden singhalesischen Bauern und die Mischlinge, welche
jetzt überall Tschenacultur treiben, ganz und gar auseinander gesprengt worden sind und
jede Fühlung untereinander, wenn eine solche überhaupt je über die nächsten Districfe
hiuausreichte (was zu bezweifeln, siehe unten Abschnitt: Sociologie) verloren hatten.
Gleichwohl verlangt die Wichtigkeit des Gegenstandes eine eingehende weitere Nachforschung,
die wohl am besten am Degalastock oder im Tamankaduwadistricte vorgenommen
würde. Da dem Berichte des Anonymus 1823 nothwendig Thatsächliches zu Grunde
liegen muss, so behaupten wir, dass die Naturweddas noch im Anfange dieses Jahrhunderts
Botenstöcke besassen wie die Australier, nur wahrscheinlich von viel einfacherer Form.
Die Auffindung und Abbildung eines solchen wäre überaus erwünscht.
Von den Kanikars, einem den Weddas homologen Urstanime Vorderindiens berichtet
Jagor (48, pag. 81): ..liei wichtigen Botschaften wird dem Boten ein mit 4 oder
7 Knoten eigenthümlich geknüpfter Baststreifen mitgegeben, den er zugleich mit der Botschaft
ahzuliefern hat. Der Inhalt der Botschaft wird dadurch ebensowenig beeinflusst,
wie der unserer Documente durch Aufdrücken eines Siegels oder Stempels. Aehnlich, wie
diese zur Bekräftigung von Documenten, dienen die Bastschleifen zur feierlichen Bekräftigung
dei- mündlichen Botschaft."
S p i e l s a c h e n für Kinder fand Stevens im Nilgaladistricte; sie bestanden in
kleinen Lehnikugeln oder grossen Beeren oder aus drei Stöckchen, die sie in eigenthümlu'her
Weise in die Höhe schleuderten, ferner in verschiedenen Lehmfiguren.
Sexualismus.
Alit diesem Abschnitte, welchem wir eine vielleicht etwas zu kühn gebildete,
nmuerhin aber doch, wie wir meinen, ol)jectiv lautende Ueberschrift gegeben haben, be-
S A R A S I N , Ceylon III. g.