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iiUhmdt^ des l'alladius inui über die indische Benennung der Urstänime Seite 568):
„Sie sind kloin, In-eitnasig, dichtbehaart, breitgesichtig, im übrigen weiss von Farl)e"
(/udoßni, ji^are/g, d'aaäg, nlaTvjjQoawnoi, Xtvxol uemoi. rag ^(¡¿as). Ausserdem tinden wir noch andere
S t ä i i i n i c von ihm erwähnt als ..ni^wicug ).evxox^oas w xal äaoüs, xal xoloßovg xal ai/iovg (stülpnasig).'
Von den J>]aroi sagt er, dass sie in Höhlen wohnten (89, pag. 166 und 167).
Die ei wähiite weisse Farlie ist jedenfalls ein Mäi'chen, wie auf einem solchen auch di(i
gleiclie Angabe des Ribeyro über die Weddas beruht (siehe oben 584). Die Angaljen
des I'tolemaeas beziehen sich zweifellos auf acht weddaische Stämme von Vorderindien,
welche dazumal ebenso uns entgegentraten, wie heutzutage. Pliniiis bemerkt nur:
..In den Berggegenden (von Indien) sollen die Pygmäen wohnen'- (86, lib. VI, Cap. 22,
pag. 441); demnach scheinen die indischen Urstämme schon im ersten Jahrhundert
nach Christus auf die Bergwälder sich zurückgezogen zu haben. Sehr wichtig für die
Geschichte der cymotrichen Urstämme von Vorderindien ist ferner eine Stelle in d(>r
c. 400 vor Christus verfassten Beschreibung von Indien durch den griechischen Leiliarzt
des Artaxerxes, Ktesias. Wir lesen daselbst (57, pag. 81, b); „Mitten in Indien sind
schwarze Menschen; sie werden Pygmäen genannt und haben die gleiche Sprache wie
die andern Indier. Sie sind sehr klein, die grossten derselben zwei Ellen, die Mehrzahl
aber eine halbe Elle. Sie haben sehr langes Haar bis zu den Knieen und noch tiefer
und von allen Menschen den grössten Bart. Da sie nun den grossen Bart hervorbringen, so ziehen
sie niemals ein Kleid au: sondern sie lassen die Haare des Kopfes hinten weit unter die
Kniee hinabfallen, die des Bartes vorne bis zu den Füssen schleppend. So sich einhüllend,
gürten sie die Haare um den ganzen Leib, indem sie sie statt eines Kleides verwenden."
Nun folgt eine Bemerkung über die ungeheure Cirösse ihres Schamgliedes; dann heisst es
weite)-: „Sie sind stülpnasig und hässlich." Alsdann wird gemeldet, ihr Vieh sei ebenfalls
zwerg-haft, worauf es folgendermaassen weitergeht: „Dem Könige der Inder leisten von diesen
Pygmäen dreitausend Männer Heeresfolge; denn gar sehr sind sie Bogenschützen. Sie sind
sehr rechtlich und brauchen dieselben Gesetze, wie auch die Inder."
In diesem Berichte sind folgende Merkmale von Wichtigkeit: erstlich die Kleinheit.
die gegebenen Maasse sind natürlich Märchen: dann das lange Haar. Was den behaupteten
grossen Bart angeht, so wurde ein solcher auch den Weddas zugeschriebeji,
obschon er den Naturweddas fehlt (siehe Seite 97). Zum langen Kopfhaar denkt sich
ein Schriftsteller eben sehr leicht auch einen langen Bart: so berichten es Selkirk (101,
pag. 81) und Sirr (106) von den Weddas. Die Ktesias'sehen Pygmäen haben ferner
ausser ihrem Haare kein Kleid; sie gehen also nackt: sie sind des weiteren stülpnasig,
sie werden von den indischen Königen als Bogenschützen geschätzt und sind sehr i-echtschaffen.
Diese Angaben beweisen, dass dem Ktesias Bericlite von ächt weddaischen Urstämmen
zugekommen waren, die sich damals genau so verhielten wie heutzutage. Sehr
intere-ssant ist auch die Angabe: ,,Sie haben die gleiche Sprache, wie die anderen Inder";
vielleicht liatten die Urstämme schon dazumal die Sprache d(-r inngebenden Culturvülker
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angenommen gehabt, wie dies bei den Weddas heutzutage so vollständig der Fall ist (sieJie
oben Seite 570 und 576).
AVu- deidten nun, dass es uns gelungen ist, nachznweiseji, dass schon zu Ktesias'
Zeit im 5. Jahrhundert vor Christus weddaische Stämme Vordorindicj: bewohnten, welche
später im 2. Jahrhundert nach Christus Ptolemaeus unter dem Namen Weddas (ßv/fft/dV/,-)
aufführte, dass ferner die Weddas von Ceylon im Mahawansa als Yakas, von Rachia im
P l i n i u s als Serae, vom Thebaner im Palladius als ßifWdfs Erwähnung geftniden haben.
Die von diesen Autoren gege]>enen Andeutungen lassen urjzweideutig erkennen, dass die
Weddas von heutzutage dasselbe Aussehen und dieselben Sitten noch aufweisen, wie die
Pygmäen des Kt e s i a s , (Ue Yakas, Serae, Bipüdas, ßiO^aääig dei- folgenden Autoren. Damit
kommen Vermuthungen, wie die von Stevens, die Weddas seien früher „schön'' gewesen
und seien in den letzten vier- oder fünfhundert Jahren physisch und geistig gar sehr vei--
kommen, und wie die von Deschamps, die alten Yakas hätten sich in's Gehölz zurückgezogen
und seien zu den heutigen Weddas aus einem früheren höheren Zustand rückgeschi
itten, als irrthümlich in Wegfall.
Die Berichte von kleinen Waldstämmen Vorderindiens und damit Ceylons, also
von Weddas, sind sonach ungefähr ebenso alt, wie diejenigen von den Pygmäen Afrika's,
den heutigen Akkas und Buschmännern, über welche wir von Herodot (42), ja eigentlich
schon von Homer (44), Kunde haben.
Wir gehen sogar noch einen Schritt weiter und zögern nicht, der Vermuthung
Ausdruck zu geben, dass dem Mythus von Adam und Eva in der Genesis die Existenz
weddaischer Völker Vorderindiens zu Grunde liege. Diese „ersten Menschen" finden wir
hier dargestellt als nackt, monogam, naiv und unschuldig, ohne bestimmte Religionsform,
ohne „Erkenntniss des Guten und Bösen", also ohne höhere Einsichten, ohne Ackerbau,
also ohne Cultur, sich mühelos von den Früchten der Bäume nährend; die Geburt war
leicht. Erst mit dem Erwerb höherer Erkenntniss gewinnen sie sexuelle Schamempfindung,
bekleiden sicli zuerst mit Blättern, später mit Fellen, sie bebauen das Feld, werden ako
zu Culturmenschen, und damit beginnt ihr Elend. Dem Berichte von Adam und Eva liegt
unbewusst die Vorstellung zu Grunde, dass der physische und moralische Zustand, wie ihn
die weddaischen Stämme in Vorderindien aufweisen, nicht etwa die Folge von Verkommenheit,
vielmehr der ursprünglichste aller Menschen und der in seiner Unwissenheit und Unschuld
glücklichste sei, die höhere Cultur aber einen secundär erworbenen Zustand darstelle,
und zwar einen miglücklichen, eine Strafe. Die Weddas und ihre Verwandten wären
also schon zur Zeit, als jener biblische Mythus verfasst wurde (an die Akkas, also die
ulotriclien Primärstämme, ist bei dem Charakter dieser Völker hier nicht wohl zu denken)
in .lemselben Zustande gewesen, wie heutzutage; in der Erzählung von Adam und Eva
erblicken wir rlen ältesten Bericht, welcher über die Urstämme von Vorderindien auf uns
gekommen ist.
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