®er Stengel wirb an fräftigen Exemplaren nahegu eine Spanne ho<h unb trägt oben an
ben fpärlichen furgen Sergweigungen 2 - 3 cm grojie H üten. Tie S lätter, welche reid)=
lidj rorfianben ftnb unb inSbefonbere um bie 33a[i§ beS Stengels gehäuft herumftehen,
erfcfjeinen lineal, gegen bie fabenfönnige S p i|e gu fehr allmählich oerfdjmälert, auf ber
obent Seite etwas rinnenförmig vertieft. 3JHt Ausnahme biefer binnen finb bie S lätter
gauj unb gar mit in ber Sonne fdfimmernben, an Tautropfen erinnernben perlen befejgt,
meinem Umftanbe biefe hffange ben tarnen Taublatt (Drosophyllum) oerbanft. Tie glän=
jenben Tropfen finb baS Sel'ret oon T räfen , welche in ihrer ©eftalt gum Teile au Die
langgeftielten Träfen beS $ettfrauteS (P inguicula), ginn Teile an jene beS Sonnentaues
(D rosera) erinnern. 3)lit ledern ftimmen fie barin überein, baff fie rot gefärbt finb, baff ber
ftielartige Träger ber T räfe ©efäjje unb bie Träfen felbft längliche gellen enthalten, bereu
gnnenwänbe burch fdjraubig oerlaufenbe feine Seiften oerbidt finb, unb ferner babitrch,
bah baS Sefret als eine tropfenartige, farblofe £ülle bie T räfe umgibt. Ten T räfen beS
gettfrauteS aber ähneln fie inSbefonbere in ber gorrn, weldje gang bie oon Meinen Hutpilgen ift.
Sluper biefen mit freiem Singe beutlidj erfennbaren Träfen, weldje oon ungleich langen
Stielen getragen toerben, finben fid) auc^ nod) feljr Heine, ftiellofe, fifgenbe T räfen, weldje
farblos finb unb bie fid; oon ben geftielten inSbefonbere and) baburdf unterf«heften, baff fie
nur bann eine faure gläffigf.eit auSfdjeiben, wenn fie mit einem ftidftoffhalügen tierif djen
Körper in Serüljruttg fommen, wäfjrenb baS tropfenartige Sefret au ben geftielten Trii=
fen and; ohne eine folcfje Serührung fegeruiert roirb. Tiefes Sefret ift fauer unb ungemein
fiebrig. S ehr eigentümlich ift, bah eS groar ben Körpern, bie oon aufsen bjer in Serührung
gelangen, fofort anhängt, aber fid) felgr leicht oon ber T räfe felbft ablöft. Hemmt ein
gnfeft auf baS Taublatt angeflogen, fo oerfleben augenblidlich Seine, Hinterleib unb glä=
gel mit bem berührten Tropfen; baS gnfeft rnirb aber oon ber Träfe, weldje biefen Tropfen
abgefonbert hatte, nicht feftgeljalten, fonbern fann fich roeüerbeioegeu unb sieht baburch ben
Tropfen oon ber T räfe ab. Sei feinen Setoegungen fommt eS noch mit weitern Tropfen in
Serührung; auch biefe trennen fich ®°u ihren T räfen , unb fo ift baS gnfeft in fürgefter
geit mit ben Sefreteu gahlreidjer Träfen beflebt, behängt, befubelt unb umftoffen, oermag
uid)t mehr weiter oorwärtS gu friedjett, erftidt, finft gu ben tiefer ftehenben ftiellofen Träfen
ber Slattflädje hinab, unb eS wirb nun burch Sermittelung ber SluSfReibungen ber Träfen
alles, waS löslich ift, aus bem Seichname aufgelöft unb aufgefaugt.
Tie ihres tropfenförmigen ScfreteS beraubten Träfen er feigen baSfelbe ungemein rafd).
Überhaupt ift bie Stenge ber fläffigen fauren SlnSfcheibung eine feljr reichliche, unb fo barf
eS nicht überrafchen, wenn man baS Taublatt gleichgeitig mit ben Seften auSgefaugter,
mit ben Seibern eingefchleimter, oerenbeter unb mit ben noch gappelnben Körpern eben
angeflogener unb angeflebter gnfeHen befefet finbet. Tie galjl ber Tiere, welche an ben
S lättern eines eingigen StodeS hängen bleibt, ift feljr grojj, unb felbft bemjenigen, ber
fid) nicht weiter um bie Sßflangenwelt fümmert, fällt eS auf, wenn er ein ©ewödjS fieht,
beffen S lätter wie Seimfpinbeln mit gat)lreichen angeflebten gnfeften befejgt finb. g n ber
©egenb oon Dporto, wo baS T aublatt häufig wächft, benupen bie Säuern biefe ^flange
auch ähnlich wie Seimfpinbeln; fie hängen fie in ihren Stuben auf, wonach gasreiche ber
läftigen fliegen an benfelben Heben bleiben unb ihren Tob finben.
Slhnlid) wie baS T aublatt, wenn aud) weniger auffallenb, oermögen nod) galjlreidje
anbre ipflangen einen gufchuh ftidftoffhaltiger -Wahrung aitS angeflebten Tieren bitrd; Ser=
mittelung ber ben S lättern auffifgenbeu fegernierenben unb reforbierenben T räfen gu ge=
winnen, fo namentlid) galjlreidje Primeln, Steinbredje unb HauSwurgarten, weldje in Spal=
ten unb 9H|en ber gelfeu wurgeln (g. S . P rim ula viscosa, villosa, liirsuta, S axifraga
luteo-viridis, bulbifera, trid a c ty lite s, Sempervivum montanum), bann Seifen; unb
J^aperngewächfe, weldje im Sattbe ber Steppen wadjfcn (g. S . S aponaria viscosa, Si-
lene viscosa, Oleome ornithopodioides, Bouchea coluteoides), enblid) nod) eine Seilje
oon fpflangen, weldje in Torffämpfen unb auf tiefem HumuSboben gebeihen, wie Sedum
villosum, B oridula d en tata, Byblis gigantea unb nod) oiele anbre.
OS wäre aber irrtümlich, gu glauben, baff überall bort, wo fiebrige Übergüge an S tä b
fern unb Stengeln oorfommen, notwenbig and) eine Söfung unb Serbauung ber an biefen
fiebrigen Teilen hängen gebliebenen gnfeften unb anbrer Tiere ftattfinbe. Sielfad) finb
berlei ben Seimfpinbeln oergleid)bare ©ebilbe Schuhmittet ber honigführenben Slüten gegen
unwillfommene ©äfte aus ber gnfeftemoelt, wie fpäter in ausführlicher Sßeife auSeinanber=
gefegt werben wirb. Siandjmal mögen allerbingS ben Träfen, wetd)e HebrigeS Sefret aitS=
fd)eiben, zweierlei gunftionen gufommen, b. t). fie mögen einerfeits ben gugaug gum Honig
unberufenen Tieren oerwel)ren, anberfeitS aber aus jenen gnfeften, welche, getrieben oon
äbermäjfiger Segierbe, ben gefährlichen 2öeg gu ben Honigbehältern betreten hatten, bort
Heben blieben unb oerenbeteu, Sujgen giet)en, inbeut fie burch Sermittelung beS SefreteS
bereu gleifd) unb S litt löfett unb auffäugen.
Siele ijßftangen tragen an ber DberMut ihrer S lätter ©ebilbe, weld)e ber gorm nach
mit ben T räfen ber Tierfäitger übereiuftimmen, aber weber fpontan nod) gereigt Sefrete
auSfdjeiben. Tagegen fommt biefen ©ebilben bie g ä fjig fe it gu, S ö affer au fgrtfaugeu,
unb fie finb in biefer Segiehung für bie betreffenben ^langen oon größter SMjtigfeit. SBenn
and) bie eiugel)enbere Sefpredjung berfelben erft fpäter bei ©elegenljett ber Sel)anbfung
ber 2Baff er auf nähme burd) oberirbifd)e Organe au bie Seilje fommt, fo ift eS hoch angegeigt,
fd)on hier barauf hinguweifen, bah burd) bie erwähnten Saugorgane wohl nur feljr feiten
d)emifd) reines SSaffer in bie ißflaitge gelangt, gaft immer wirb Salpeterfäitre unb unter
Umftänben auch Smmoniaf mit bem atmofphärifdjen 2« aff er in bie spflange eingefährt (ogl.
and) S . 60). gft ber Setrag an Stidftoff, ber auf biefe SBeife in bie fßftange fommt,
aud) fehr gering, fo ift berfelbe bod) nicht gu unterfchäfgen, am wenigften für ißflangen,
welche mittels ihrer Sßurgeln artS bem Sobeit nur wenig ftidftoffhaltige Serbinbungen gu
erlangen im ftanbe finb. T a ift eS nun im oorl)ineiu fehr wahrfdjeinlich, baff fold)e
ißflangen aud) anbre Stidftoffoerbinbungen, weld)e ihren oberirbifd)eit S lättern mit bem
atmofpl)ärifd)en SBaffer gugefäl)rt werben, itid)t oerfd)mäl)en. Tie Saubblätter oieler fpflan=
gen geigen Einrichtungen, weld)e in eignen Sertiefungen baS Segeuwaffer oft gieutlich lange
gurädl)alten. git biefe Sertiefungen werben aber fehr regelmäßig Staubteilchen, Heine
tote Tiere, Slütenftaubgellen unb bergleid)en burd) ben SBinb herbeigeweht; auch baS aitS
ber Slätenregion an bem Stengel herabriefelnbe Segenwaffer bringt oon oben bie oer=
fd)iebenften Tinge mit unb fd)wemmt fie in biefe SBafferbeljälter ber Saubblätter hinein.
Mitunter oeruitgläden aud) eingelne Tiere in biefen Söafferbehältern burd) Ertrinfen. Tl)at=
fad)e ift, bah baS SBaffer in ben Sertiefungen ber S lätter beS fd)ilbförntigen Steinbrechs
unb ber Sromeliaceen, in ben blafig aufgetriebenen Slattfcheiben ber SärenHauarteit unb
anbrer grober Tolbenpflaitgen fowie in ben Sed)ent, welche burch Serwachfung gegenüber-
ftel)enber S lätter bei manchen ©enttaneen, ^ompofüen unb Slarbenbifteln entftehen, immer
bräunlich gefärbt ift unb ftidftoffhaltige Serbinbungen gelöft enthält, weld)e aus ben ger=
fefgten, in biefe 2öafferbel)älter gelaugten toten Tieren heroorgegangen ftnb.
finben fich im ©runbe ber erwähnten 2Bafferbel)älter Saugorgane, fo wirb burd)
biefe offne weiteres nicht nur SBaffer, fonbern es werben auch bie in bentfelben gelöften
ftidftoffhaltigen Serbiubttngen reforbiert. Sold)e Sertiefungen im Sereiche ber Saubblätter
finb bann oon benjenigeit, weld)e an ben Sarracenieit oorfommen unb bie oben befprod)eit
würben, nur barin oerfd)iebeit, bah ihnen Einrid)tungeit fehlen, burch weld)e Tiere in bie
gaäe gelodt werben, unb burd) weld)e biefen unmöglich getnad)t ift, aus ber galle wieber
tpffan3entcOeit. I. 10