Sorb= unb Sorboftroinb Ijiufegte, rourbe ber ©tod eineg Söffelfrauteg, rtämltd) ber Coch-
learia fenestralis, beobachtet. SDtefer ©tod fjatte im ©ommer 1878 gu blühen begonnen
unb attdj teilroeife grüd;te auggebübet. Stlg ber SBinter begann, mar biefe Cochlearia aber
noch mit unreifen F*üd;ten, mit Blüten unb Sltitenfnofpen unb mit faftigen grünen Saitb=
blättern befeßt, unb man hätte ermarten foden, baß bie faftreidjen, garten ©emebe im Saufe
beg langen SBütterg unb unter bent ©influffe ber anfjaltenben Hätte nodftänbig nernidjtet
roerben mürben. Fm ©ommer 1879 mudjg aber bie Sßflange, bereu ©emebe bodj groeifellog
längere Zeit f)inburd) auf —30° abgefühlt unb gefroren waren, mieber meiter unb fefete
if)r SBadjgtunt bort fort, mo eg gu Slttfang beg SBinterg unterbrochen morben mar, bie
S lätter funftionierten mieber mie im oerfloffenen ©ommer, bie Sltitenfnofpen öffneten ftd),
unb aug ben Stattachfeln fproßten neue Stütenftänbe heroor, ein Seroeig, baß bag 5ßroto=
plagma biefer ißflange felbft burch bie Temperatur non —46° nicht getötet mürbe.
SBenn bie SJftjrten unb Orangenbäume bei —2° big —4°, ©ppreffen unb Feigenbäume
bei —7° Ing —9°, Zentifolien bei — 18°, bie SBeittrebett bei — 21°, ©tdjen unb Suchen bei
—25°, Pflaumen unb Hirfchen bei—31° unb 2fpfet= unb Sirnbäume bei— 33° erfrieren, fo
fann bag nur aug ber fpegififchen Honftitution beg ißrotoplagmag erflärt raerben, unb man
ift g e lu n g e n , angunehmen, baß ber Z^denleib in bem einen Falle bei biefer, in beut anbern
Fade bei jener Temperatur in ber früljer angegebenen Söeife beinoliert mirb.
©g mürbe früher bemerft, baß eg auch non bem © n tm id e lu n g g fta b iu m ber
ißflangen a b h ä n g t, bei meldjer T em p e ra tu r bag © rfrieren fta ttfin b e t. Slllgemein be=
fannt ift, bah bie holgigen ©tämme unb Zweige, bie Saub= unb Sltitenfnofpen unb nor allem
bie ©amen, menn fie im igerbfte mafferarm geworben finb, gang außerorbentlidje SBintertem=
peraturen ertragen. F n 3>aIutgJ unb SBerdjojangf in ©ibirien, mo bie mittlere Temperatur
beg Fanuarg —42,8° unb — 49,o° beträgt, unb m o— 62,o° unb —63,2°, bie niebrigften
überhaupt auf ber ©rbe big jeßt beobachteten Temperaturen, notiert mürben, mo fich monate=
lang bie ©djattentemperatur nicht über — 30° erhebt, finben fich noch gasreiche Hräuter unb
©träucher, bereu oberirbifdje Teile wochenlang einer Hätte auggefeßt finb, bei raeldjer bag
Duedfilber gefriert; ja , eg gebeten bort noch Süden= unb Särdjettbäume (B etula alba unb
L a rix Sibirica) im fräftigfteu SBitchfe, unb eg fann feinem Zweifel unterliegen, bah Holg
unb Hnofpen biefer Säume adjäßrlidj längere Zeit auf —30° erfatten, ohne baburdj gu
erfrieren. Übrigeng erniebrigt fidj and) bag igolj beg SBadjfjolberg unb ber F inten, ber
Hiefern unb Züben in rauhen Sagen ber mitteleuropäifdjen Hochgebirge im SBinter regeb
mähig auf —10°, unb bie immergrünen fab eln biefer ©eljölge erfalten tief unter ben
©efrierpuuft beg SBafferg, ohne ben geringften ©djaben gu erleiben. Teggleichen oertragen
bie in ben Seeren= unb Holggapfen ber genannten ©eljölge eingefchloffenen ©amen bie
tiefften Temperaturen oljne Nachteil, mag um fo bemerfengroerter ift, alg biefe ©amen
groei ©ommer gur Seife bebürfen unb baher bag erfte ^af;r in noch nicht auggereiftem
Zuftanbe ben ftrengen SBinter buräjutadjeit müffen. Sind; non anbern f a n g e n finb bie
©amen über SBinter grober Hätte auggefeßt. ©o g. S . fallen jene beg ©olbregeng (Cytisus
L aburnum) nicht fofort nach ihrer Seife ab, fonbern bleiben an ben Flächen ber aitf=
gefprungenett Hülfen haften, unb ba fich biefe erft im nächften F üßlinge non ben Zweigen
löfen, fo finft bie Temperatur biefer ©amen über SBinter tief unter S üll herab. Si<htg=
beftomeuiger erhalten fie iljre Heimfraft. ©otbregenfamen, welche im SBinter wochenlang
unter bem ©influffe einer Temperatur non —15° geftanben hatten, feimten im folgenbett
©ommer unb hatten alfo burch bie Hätte feinen ©(haben gelitten. Sind) anbre ©amen,
fetbft folche aug tropifcßen ©egenben, roeldje nerfudjgroetfe Temperaturen non —40° aug=
gefegt mürben, hatten ihre Heimfähigfeit nicht nertoren, unb eg mar baher ihr i]3roto=
plagma felbft burch biefe große Hälte nicht getötet morben.
T a anberfeitg befannt ift, bafj bie jungen F^üdjte unb ©amen beg ©olbregeng unb
noch wehr jene ber tropifdfjen ißflangen fchon bei ©rniebrigung ber Temperatur a u f—2°
erfrieren, fo geht baraug hernor, bafj bie in nerfchiebenen ©ntmicfetunggftabien befinblidjen
Teile begfelben ©tocfeg in ungleicher SBeife burch bie ©rniebrigung ihrer Temperatur unter
ben ©efrierpuuft angegriffen roerben.
F ür bie SMjrgaht ber ©ewädjfe fann alg Segel gelten, bafj ber Tob infolge beg
F^ofteg um fo eher e in tritt, je jü n g er unb roafferreidjer bie betreffenben ©emebe
finb. Tag Saub ber Suchen, Hainbuchen unb fommergrünen ©idjen, roeldjeg im Herbfte
fetbft nach roieberljoïten Faßten tiodj nicht getötet mirb, melft, fdjrumpft unb nertrocfnet im
jugenblidjen Zuftanbe, menu nur in einer einzigen Früljlinggnadjt bie Temperatur unter
S u d herabgefunfen ift. F a, felbft manche SUpenpflangen, roeldje, uodftänbig auggemachfen,
fehr niebere Temperaturen ohne Sachteil oertragen, fönuen ©haben leiben, menn fie gur
Zeit beg fräftigfteu SBadjgtumg non einem F r°fte überrafdjt roerben. Sllg einmal ©nbe
Funi auf ben bereitg fcfmeefrei geworbenen Sergen bei Fnngbrud in ber ©eehölje non
2000 m bie Temperatur auf —6° ßerabfanf, würben baburch bie jungen, eben erft ljtx=
oorgefprofjten unb noch nicht nodftänbig auggeroachfenen Saubblätter ber Sltpenrofen (Rhododendron
hirsutum) an aden ©töcfen vernichtet; fie bräunten fich unb oertrocfneten,
roährenb bie alten auggeroachfenen, aug bem versoffenen Fahre an benfelben ©töcfen er-'
hattenen grünen Saubblätter burch biefen F^oft feine Seränberung erfahren hatten.
©otd;e ©rfcheimtngen laffen fich uur burch bie Sinnahme erftären, ba^ in ben jungen,
noch nicht auggeroachfenen ^flanjenteilen oiel SBaffer uorhanben ift, melcheg gar nicht unter
ber H^wfhaft ber lebenbigen ißrotoplaften fteht. Slg ein fold;eg SBaffer fann bagjenige
angefehen werben, meld;eg non ber SBurjel gu ben grünen ©eroeben geleitet mirb, um
bort in Tampfform entbunben gu roerben, jeneg SBaffer, melcheg burch bie ©efä^bünbel
ber ©tengel auffteigt, bie Slbern ber Saubblätter burdjftrömt, unter Umftänben fogar in
bie Futercedularräume gepreßt mirb unb aug ben Spaltöffnungen in Tropfenform hertror;
tritt. ©old;eg SBaffer mirb burch molefulare Hräfte nidjt feftgehalten unb oor bem ©r=
ftarren gef^ü^t, fonbern mirb fchon bei einer Temperatur non — 1 ° gu ©ig. T a eg in
bem jungen ©emebe reidjlid; oortjanben ift, fo finb bei bem ©efrieren begfelben roeitgehenbe
Zerflüftungen unb ingbefonbere auch ntedjauifhe ©chäbigungen ber roafferleitenben Söhren
unb Zedreihen unoermeiblich. F d aber bie Zuleitung beg rohen Sahrunggfafteg in einem
jungen ^pflanjenteile roährenb beg Slugroadjfeng geftört, fo fann bie Tranfpiration in bem-
felben nicht mehr orbentlidj ftattfinben, unb bie tranfpirierenben Zellen roerben nerroelfen
unb oertrodnen, felbft bann, menn ihr ißrotoplagma burd; beit F^oft bireft feinen ©chaben
erlitten haben fodte.
Sin biefe ©rörterttng fnüpft fid; naturgemäß bie F^age, ob eine $ßflange bei Tem=
p e ra tu rg ra b e n erfrieren fa n n , roelche über bem © e frierp u n fte beg SBafferg liegen.
Sou ber SSehrgahl ber ©ärtner mirb biefe F ra ge im bejaljenbeit ©ittne beantwortet, unb
eg mirb biefer Slttgfpruch auf bie Tfmtfadje gegrünbet, baß tropifdje Stfanthaceen, bunt=
blätterige ©oleug, Safilienfraut, SSelonen, Tabaf 2C. felbft bann weifen, nerborren unb
abfterben, menu fie nur eine eingige Sad;t hiuburch einer Temperatur o o n + 2 ° auggefe^t
waren. Troh ber großen äußern Slhnlidjfeit biefer ©rfheinung mit bem ©rfrieren fann
man fie aber bod) nicht ©rfrieren nennen, beim bie für bag ©rfrieren beg lebenbigen ißrotos
plagmag begeidmenbften Sorgäitge, nämlich Slugfdjeibung non SBaffer aug beut Zedern
leibe, bag ©rfiarren bief eg SBafferg gu ©ig unb bag Sidjtgurüdfehreit biefeg SBafferg in
ben Zedenleib, fommen bei beit ißflangeit, welche unter bem ©influffe non Temperaturen
über S ud oernichtet werben, nidjt gu ftanbe. Stuf ©. 340 mürbe bereitg flargeftedt, baß
biefeg fogenannte ©rfrieren ber ißflangett bei Temperaturen über S ud iit SBirflidjfeit ein