bie Siebet unb SBotfengüge über bie Oipfet ber Serge baljinjagett fielet, farm man fidj roo^t
eine Sorftellung non ber Veftigfeit ber ßuftftrömungen machen, welche bori oben itjr SBefen
treiben, unb mer jemals einen S tu rm auf ber Sdjneibe eines ^odjgebirgSfammeS erlebt hat,
weih non ber SBudjt ber gewaltigen äBinbftöfje gu ergäljten. Unb bennodj wäre eS irrig, gu
glauben, baff bie ©ewalt ber Stürme in ben fjöhern ©ebirgSlagen eine größere fei als in ber
Vügelregion. g ü r manche SBinbe ift eS fogar fidjergeftellt, bajs fie fidj in bent Mafie nerftär=
len, als fie non ber Sdjneibe ber Sergrüden tiefer ins Tljal herabftürgen. T er f^öljn in
ben Sllpeii ift häufig in ben Vöhen nur als gang fchwadjer Söiub roaljrjunetjmen, befd)leu=
lügt aber feine ©efdjwinbigfeü in bent ©rabe, als er gegen baS Tt)at fortfdjreitet, unb
lanrt bann, unten angefommen, als Drfatt feine gerftörenben SBirfungen auSüben. 2Bür=
beit baljer bie Volgpftangen an ben ßetjnen beS Vorgebirges ber Stürme wegen feinen auf=
redjten MudjS geigen fönnen, fo mühten audj bie angrcngenbcn Tfjäler ber auffedjt fiebern
ben Säume entbehren, was aber befamttlid) niefit ber $all ift.
®aS Anfdjmiegen ber VohjPffangen an ben Sobett in ber Vodjalpettregion ift auch
weber als Anpaffung an ben Sdpteebrud noc^ an bie S türm e aufgufaffen, fonbern hat
feinen ©ritnb oorgüglicfj barin, baff in ber Vodjalpenregion ber Soben oerljältniSmägig oiel
wärmer i)t als bie ßuft, unb baff bie bent Soben anliegenben ©ewächfe fidj biefe höhere
SBärme beS Sobeits gu m t|e machen. Turdj gahlreidje Meffungen in oerjdjiebenen Vollen
ber Tiroler Jjentralalpen würbe oott mir erntittelt, baff fidj bie mittlere Sobentemperatur
int Sergleidje gur mittlern ßufttemperatur eines DrteS er£iöljt:
Sei 1000 m um 1,5° 6ei 1900 m um 3,o°
= 1300 m =1,7° * 2200 m 5 3,e°
= 1600 m = 2,4°
bafj alfo ber Soben int Sergleiche gur ßuft befto wärmer ift, je Ijöljer man an ben Serg=
gelängen emporfommt. S ie ©rbe abforbiert gwar allerwärtS bie Sonnenftraljlen in oiel
Ijöliernt Maj)e als bie ßuft, baff fich aber ber SBärmeüberfcfiuh beS SobenS gegenüber
ber ßuftwärme mit guneljinenber Seehöhe fo auffaüenb oergröfjert, ift baburcf) begrünbet,
ba§ in ber 9tidjtung nacf) oben bie ^ntenfität ber Sonnenftrahlung wädjft. Taff bies ge=
fdjieljt, erflärt fidj aber wieber barauS, bafs bie Suftfdjidjten, welche bie Sonnenftrahlung
abforbiereit, mit ber ©rfjebung über baS MeereSnioeau weniger mächtig finb, ober, um einen
geläufigem AuSbrud gu gebrauten, bah bie ßuft in ber Volle bünner ift als in ben
tiefem Legionen. Sefanntlidj abforbiert audj ber Sßafferbampf ber ßuft bie Sonnen*
ftraljlung, unb ba ber Söafferbampf mit ber Völle rafdjer abnimmt, als man aus ber Ab=
naljtne beS ßuftbrudeS allein fdjliefjen möchte, fo wädjft auch baburcf) bie $ntenfität ber
Sonnenftrafjlung mit gunehmenber Seehöhe. Man hat berechnet, bafc bie Sntenfität ber
Sonnenftrahlung auf bent Oipfet beS Montblanc (4810 m) um 26 Srogent größer ift als
int Diioeau oon fpariS, unb baff in einer Seetjöfje non 2600 m bie djentifdie ^ntenfität
ber Sonnenftrahlung noch um 11 ^rogent größer ift als int MeereSnioeau. Alles, was
bitrdj bie Sonnenftrahlung geförbert wirb, tritt bent entfprechenb in ben hohem Legionen
eines ©ebirgeS oerhältniSmäfjig fehr attffallenb tjeroor, unb ittSbefonbere ber beftraljlte
Soben geigt Temperaturen non überrafchenber Völje. 2luf bent «ßic bu Mibi (2877 m)
ftieg an heitern Septentbertagen bie Temperatur beS befonnten SobenS auf 33,8°, wälj=
renb bie ßuft nur 10,i° geigte, uttb eS ergab fiel), bafj bie ©rwärmung beS SobenS auf
bent genannten ©ipfef nafjegu hoppelt fo grofj war wie in bent um 2326 m tiefer liegen*
ben SagnereS. Stuf bent Siaoolegga (Sdjweig) geigte in ber Seehöhe non 2980 m baS
befonnte Sdiwargfugelthermometer im Safitum 59,5° bei gleichseitiger Schattentemperatur
non 6,o°. 3m Vünalaja geigt in Vöhen oott über 3000 m baS gefdpoärgte Thermometer
in ber Sonne häufig 4 0—50° über ber Sdjattentemperatur, unb einmal ftanb um 9 Uhr
oorntüfagS baS gefdjtnärgte Thermometer auf 55,5°, wäfjrenb bie gleidjgeitige Temperatur
beS begatteten Schnees baneben —5,6° betrug. 3 n ßelj (Tibet), bei 3517 m, ftieg ein ge=
fdjtnärgteS Thermometer im Safuunt fogar auf 101,7°, baS ift faft um 14° höher als ber
Siebepunft beS SBafferS, welker in jenen Vöhen nur ooch 88° beträgt.
Taff fidj unter foldjett Serhöltitiffen in ber VodjgebirgSregiott bie wärmebebürftigen
wachfenbett jßftangen an ben Soben anfdjntiegett, ift begreiflich, ober richtiger gejagt,
eS ift begreiflich, bafj bort oben fidj nur foldje ißflangen bauernb gu erhalten im ftanbe
finb, weldje bie auSgiebigfte aller Wärmequellen möglidjft gut auSnujgen, fidj fogttfagen ein
warmes ßager auffitdjen, fich trtit iliten Stämmen unb Zweigen bem befonnten ©efteine
unb bem fchwargen, bie 3elSri£en erfüllenbett unb überbedenben VumuS anlegen. ©ewädife,
in beren ©igenart eS liegt, bah fte mit itjren Ijolgigen Stämmen in ben ßuftogean gerabe em=
porwadjfen, würben in ber Vochalpenregiott oiel fümmerlidjer fortfommen unb fditiefjtidj oon
ben beffer gebeiljenbert, bem relatio warmen Soben angefdjmiegten Slrten oerbrängt werben.
Tie 3 uuahme ÜberfdjuffeS ber Sobentemperatur über bie ßufttemperatur mit
gunehmenber Seeljöhe gibt fich übrigens audj noch in einer anbern ©rfdjeinitng fttnb, weldje
oftmals beobachtet unb befprochen, aber nicht immer auch ridjtig gebeutet würbe. TaS
Veibefraut (Calluna vulgaris), weldjeS oon ben 9tieberungen am ^ope ber Sllpen bis in
bie Vodjalpenregion oerbreitet ift, blüht an ber Hüfte beS SceereS bei SHofchienigge in
Qftrien im Turdjfchnitte ©nbe 3 l>ü auf; in ben Tljälern ber Stlpen, beren Sohle auf
1000 m Seehöhe gu liegen fommt, öffnet eS ©nbe SCuguft feine erften S lüten, unb eS
beträgt baher bie Serfpätung ber Slütenentwidelung bei biefer jpflange auf 1000 m etwas
über einen SKortat. S un follte man glauben, bap baS V^ibelraut in ber Seeljöhe oon
2000 m erft ©nbe September gur Stüte fornmen würbe, was aber nicht ber
beim fchon oor 9Jiitte beS Septembers fieht man an ben Sdjieferbergen ber fjentralalpen
bei 2000 m baS an ben Soben angefdjmiegte Veibefraut in ooller Stüte. SlitS bem
Vergleiche ber fjeitpunfte beS Aufblühens ber im ^tm-fnmcler botanifchen ©arten luttioier=
ten Vodjalpenpflangen mit ben ^eüpunlten, in welchen biefetben jpflangenarten in neu
fdjiebenen Vöhenlagen auf ben benadjbarten Sergen ihre S lüten öffneten, tjat fidj attdj
ergeben, bah bie Serfpätung beS Aufblühens oon 500 auf 1000 m Seeljötje im Mittel
25 Tage, oon 1500 auf 2000 m im SJlittel 18 Tage unb oon 2500 auf 3000 m im
Mittel nur 14 Tage beträgt, was man füglich nur a u f S e g n u n g ber in ben höhern
d iegionen w eit in te n fio e r n S o n n e n ftra h lu n g u n b ber baburch b ew irfte n ©r=
höljung b e r S o b e n tem p e ra tu r ü b e r bie ß u f tte m p e r a tu r bringen fann. ©S muh
gur ©rgärtgung ber hier mitgeteilten Seobadjtungen noch erwähnt werben, bah aüe ipftangen
in ben tiefem Segioiten gröbere S lätter unb höhere Stengel entwideln als in ben Ijöljern
©ebirgStagen. SBäljrenb baS Veibelraut (Calluna vulgaris) an ber Hüfte beS Meeres in
3ftrien anfehttliche Süfdje mit aufredjten 3^eigen bitbet, erfdjeinen bie Stöde berfelben Art
an ben ©etjängen beS V^ehsebirgeS bei 2000 m Seehöhe als niebere Sträudjleiit, beren Ijot-
gige Stämme bem Soben anliegett unb teilweife in ben fdjwargen VuwuS eingebettet finb.
AuS ber SBirtung ber Sonnenftrahlung erflärt fidj audj ber grobe ©egeufatj, welchen
bie jpfiangenwelt an ben nadj oerfdjiebenen SBeltgegenben abbadjenben ©eljängen eines
©ebirgeS geigt. An ben oon ben Sonnenftraljlen bireft getroffenen Abbadjungeit erljötjt
fidj bie Temperatur beS SobenS unb mittelbar auch jene ber bariiber auSgebreiteten ßufü
fdjidjt weit metjr als an ben fdjatügen ©eljängen, unb es fönnen fidj beingufolge felbft in
nädjfter Aälje feljr bemerfenSwerte llnterfdjiebe IjerauSftellen. Tie bei 3nnSbntd in Tirol
brei 3afjre Ijinburdj oorgenomutenen Seobadjtungen ber Sobentemperatur in 80 cm Tiefe
rings um einen ifotierten fegeiförmigen Sanbljügel in ben acht VauPtPun^ en
paffes Ijahen folgenbe Mitteltemperaturen ergeben: