Sebengfraft, ^ufttuft unb ©mßfiubttug.
®urdj biefe Vitnaßme einer fpegififc^en ^onftitntion beg ißrotoplagntag für jebe be=
fonbere ^flangengeftalt, weldje ünnaßme ung bei ber grage nadj ber (gntfteßung neuer
^flangenartett noch lebhaft befcßäftigen wirb, föntten wir jebod) nur einen Seil ber @r=
Meinungen, welche an bem lebenbigeit, wadjfenbeit unb fid) in beftimmte formen attg=
geftaltenben ^rotoplagma beobachtet werben, erflären. SBag wir aber burd) biefe Slitnaljnte
nicf)t 311 e r flä re n oermögen, bag ift bie paffenbe Verteilung ber Arbeiten unter bie im ge=
feiligen Verbanbe wolmenben gkotoplaften, bie gwedinäßige Vufeinanberfolge oerßhiebener
Seiftungeit in einem unb bemfeiben gkotoplagma alpte Ünberung ber äußern Veije, bag
Slugnußen äußerer Vorteile, bag Vbweßren nachteiliger ©inflüffe, bag Vusw eidjett unb Um=
geßen non unbegwinglichen SSiberftänben, bag Ointjalten ber 3eit bei allen Vrbeitgleiftitngeit,
bie unter gang gleicf) bleibenben Verljältniffen ber Umgebung mit größter ©enauigfeit eiit=
tretenbe ^eriobigität unb nor allem audj ber Umftanb, baß bie Befähigung 31t allen Sei=
ftungen, weldje bie Ernährung unb bag SBacßgtum, bie Verjüngung unb Vermehrung
bilben, auch oerloren gehen fann. 2öir nennen bag Verlorengehen biefer Vefähigung 2Ib=
fterben beg «protoplagmag. Sagfelbe erfolgt nicht nur burd) ©ingriffe non außen, weldje
ben Slufbau attg Vtolefitlen fo grünblich gerftören fönnen, baß eine Vefonftruftion gang
unb gar auggefdjloffeit ift, foitbern bag Vbfterben erfolgt auch ohne äußere Verattlaffung.
Söentt man bie gellen ber fcßoti oben (©. 37) erwähnten Vlutalge, bie mit jenen beg
Voten ©djtteeg feßr naße nerwanbt ftub, ben geitweilig mit Vegenwaffer erfüllten 2lug=
I)öf)lungen ber Steine entnimmt, wochenlang auggetrodnet liegen läßt unb fie wieber be=
fendjtet, fo wirft bag befeuchtenbe Söaffer fofort anregenb, bag ißrotoplagma wirb beweglich,
eg bilben fid) ©cßwärmfporen attg, biefe ftrecfen ißre fdjwingettben SBimpent nor, treiben
fid) eine fttrge $eit ßiitbttrch im döaffer herum, fiebeln fich bann an einer geeigneten ©teile
an, giehett ihre Söitttpern ein, fommen gur Vuße, teilen fid); bie $urt0en werben wieber gu
Schwärmern it. f. f. Vlait fann biefe Vlutalge and) Vtonate, ja über ein $aßr gang aug=
getrodnet liegen laffen, unb bod) geigen ihre 3 eden, in dßaffer gebracht, immer wieber bie
eben erwähnten Bewegungen. Befeuchtet man aber bie immer unter gang gleichen Ver^
hältniffen aufbewahrte Viaffe biefer Vlutalge nad) mehreren fa h ren , fo nehmen ißre fleineit
gellen gwar auch nod) SSaffer auf, aber eg bilben fich feine ©djwärmer mehr aug, bie
$eden rüljren fich nidjt, oergrößern fid) nidht, teilen fich nicht, werben allmählich mißfarbig,
gerfaden unb löfen fid) auf. 2Bir fagen bann, eg fei nicht meljr möglich gewefen, in ihnen
bag geben gurüdguntfett, fie feien abgeftorben, feien tot.
Sagfelbe beobachtet man an umfangreichen gedengenoffenfdjaftett. S ie ©amen mehrerer
i^flangenarten bewahren burd) unglaublich lange geiträume bie gäßigfeü, gu feinten, gumal
bann, wenn fie an trodnen Drten aufbewaljrt werben. Überträgt man folche ©amen nach gehn
fahren oon ber ©teile, wo fie aufbewahrt würben, in feuchte @rbe, fo beginnt in ber Vteßrgaßl
berfelben bag ißrotoplagma fich regelt unb gu bewegen, eg wäcßft attg jebem ©amen ber @m=
brpo gur Heintpflange aug. Vach gwangig fah ren fommen oiedeid)t oon ßunbert aufbewahrten
©amen nur noch fünf gum Meinten, bie anbern werben burd) ben Veig ber feuchten ©rbe nicht
mehr gur weitern ©ntwidelung angeregt, ißr gkotoplagma hat nicht meljr bie gäßigfeit, burd)
Vufnaljme oon ©toffen aug ber Umgebung feinen Umfang gu oergrößern unb fich in beftimm=
ter gorm auggugeftalten, fonbern bagfelbe wirb burd) ben Einfluß oott döaffer unb Stift gerfeßt
unb gerfällt in einfachere Verbinbungen. Vach breißig $aßrett fetmt bann feiner ber ©amen
mehr. Unb bennocß würben alle biefe ©amen bie gange geit über an bem gleidjett Drte, unter
gang gleichen äußern Verhältniffen aufbewahrt, unb eg ift auch an ihrem Vnfeßen nidjt bie ge-
ringfte Veränberung wahrguneßmen. S ie © ärtner fagen: bie JMmfraft erlöfche in gwangig big
breißig gaßren. 2öag ift bag aber für eine Jfraft, welche erlö se n fann, oljne baß biefem
©rlöfcßen eine materiede Veränberung ber betreffenben ©ubftang gu ©rttnbe liegt? g n
früherer geit hatte man eine befonbere ßraft, bie Sebengfraft, angenommen. S päter, alg
eg gelungen war, manche ©rfdjeinungen an ber lebenben ipflange auf einfache djetttifdje
unb medjanifche Arbeiten berfelben gurüdgufüßren, würbe biefe Sebengfraft befpöttelt unb
attg ber Veiße ber Vaturfräfte geftridjen. Sßie aber follen wir nun jene Vaturfraft nennen,
welche attcß oßne materielle Veränberung beg gfrotoplagmag unb oßne äußern Slnlaß er=
löfdjen fann, jene Vaturfraft, weldje, wenn fie nicht ertofdjen ift, bag ^rotoplagma oer=
anlaßt, fidj ttadj Bebürfnig gtt bewegen unb umgulagern, neue ©toffteilchen in feinen V3ir=
fttnggfreig aufguneßmen unb attbre auggufdjeiben, jene Vaturfraft, welcße, wenn fie alg
lebenbige ß raft wirft, bag burdj äußere Veige angeregte ^rotoplagma feine Bewegungen
ben jeweiligen Verhältniffen in ber gwedntäßigfteit Söeife anpaffen läßt?
@g ift nidjt ©leftrigität, eg ift nidjt magnetifcße ^ raft; biefe ß raft ift überhaupt mit
ben anbern Vaturfräften nicht ibentifcß, benn fie geigt eine Veilje eigentümlicher Söirfungen,
weldje allen anbern Vaturfräften abgeßen. ^dj neßme nun feinen Vnftanb, biefe m it
ben an b ern nicht gu ib e n tifig ie re n b e V a tu r f r a f t, b ereu u nm itte lb a re g 3(ngriffg=
o b jeft bag ^ ro to p la g m a ift, unb bereu eigentüm liche S B irfu n g en w ir bag S eben
n e n n e n , w ieber alg S e b e n g fra ft gu begeiößnen. S ie Home unb SVolefiile beg «ßroto*
plagmag füßren jene Arbeiten, weldje bag Seben bilben, nur fo lauge aug, alg fie unter
ber Botmäßigfeit biefer Sebengfraft fteßen. ,§ört biefe Botmäßigfeit auf, fo unterliegen
fie ben Söirfungen anbrer Kräfte. S ie Vnnaßme einer folgen befonbern Vaturfraft fdjließt
felbftüerftänblicß nidßt aug, baß lebenbe Körper gleicßgeitig auch unter ber ^errfcßaft ber
anbern Vaturfräfte fteßen fönnen. Viele ©rfdjeinungen an lebenben ^flangen laffen ficß ja,
wie fcßon wieberßolt bemerft, oßne ^erangießung einer befonbern Sebengfraft alg einfache
djemifdje unb medjanifdje Arbeiten auffaffeu; aber bie SBirfungen biefer anbern Kräfte wer=
oen aucß ou leblofen Körpern unb gwar in berfelben SSeife wie an ben lebenben beobachtet,
wag oon ben SBirfttngen ber Sebengfraft nicßt gefagt werben fann.
SBenn man jene Söirfungen ber Sebengfraft, weldje ficß in Bewegungen äußern, bie für
ben gangen Drganigmug bie gwecfmäßigften unb oorteilßafteften finb, alg inftinftioe begeidmen
wollte, fo wäre audj bagegen nidjtg einguwenben. 2öag ift beim ^nftinft anbreg alg eine uu-
bewußt gwecfmäßige Vrbeügleiftung beg lebenben Drganigmug? S a n n aber haben auch bie
ipflaitgen ü n f tin f t, unb jebe ©djwärmfpore, weldje gur Vnfiebelung beit gwecfmäßigften
s)3laß auffudjt, jeber ipollenfäjtaucß, welcßer burch bie ^ößlung beg Doariumg gu einer ber
©amenfnofpen Ijinabwädjft, ftdj bort an einer gang genau beftimmten ©teile anfdjmiegt unb
babei niemalg bag 3iel oerfeßlt, jeber ©tod eineg Sßafferranunfelg, ber feine Blätter bei
ßoßem Sßafferftanbe mit fein gefpaltenen gipfeln, weiten Suftßößlen unb oßne ©paltöffnum
gen, bei gefunfenem SBafferftanbe auf bem ©djlamtnboben bagegen mit breiten Sappen, engen
$ntercellulargängen unb reicßlidjen Spaltöffnungen augbilbet, bie über bie Serraffen oon
©teilten ßinfriecßenbe L in aria Cymbalaria (f. Vbbilbung, ©. 50), bereit blütentragenbe
©tiele ftdj oon ber ©teinwanb weg gegen bag Sicht ricßten, algbalb aber, nadjbem bie Befrucß=
tung ftattgefunben tjat, an gleicher ©teile unter ungeänberten äußern Verhältniffen biefelben
©tiele in bie entgegengefeßte Vidjtung frümmen, um bie ©amen in eine bunfle ©teinriße
legen gu fönnen, ber Btütenftiel ber Yallisneria, welcßer fidj fofort fcßraubeitföriitig gufaim
menringelt unb bie oon itjm fritljer gur SBafferoberftädje emporgeßobene Blüte wieber gum
©runbe beg SBafferg Ijinabgießt, nadjbem bie Varben biefer Blüten über SBaffer mit Blütem
ftaub belegt worben finb, fie ade ßanbelit unbewußt gwedmäßtg, Ijanbefit aug ^nftinft.
SBenn wir aber ben lebenben Sßflangen ^nftinft oinbigieren, fo ift eg nur eine weitere
üonfequeng, iß n en aucß © m p fin b u n g gugufpredjeu. SBenn ein S ier empfinbet, fo wirb
!Pf[anäente6eii. I. ^