9RittagSftunben beS näfften SageS erhält, Jttt ©ottnenfdjßitte, inSbefonbere wenn trodne
SBinbe über bie Höhen treten, finbet bann enbticß Sranfpiration ftatt. SEßer fann tüiffen, wie
lange! Jeber Augettblid ift foftbar, unb jebe S8 ef)inberung ber für bie Sßftange fo m utigen
AuSbünftung wäre non «Rachteil. JnSbefonbere bürfen bie AuSgänge für ben SEßafferbatnpf
an ber untern ©eite ber SBIätter nid^t oerlegt fein, unb gu biefem Jwede ift bie oben gefdjit;
berte ©iitrichtung getroffen. ©S ift faunt baran gu gweifeln, baß bie früher genannten Hodj=
gebirgSpflangen in feuchten Sfßerioben, roenn ununterbrochen biente «Rebel über ben ©ehängen
lagern unb ©rbe, ©teine unb Kräuter non «Räffe triefen, wochenlang gar nicht tranfpirieren
unb barum auch ebenfo lange Jeit tnnburdj bie Jufuljr oott Aährfatgen gu ben grünen
blättern unterbrochen ift. SBebenft man nun, wie furg überhaupt ben Sßflangett beS Hocfp
gebirgeS bie Jeit gu ihrer Jahresarbeit bemeffen ift, fo mirb es auch begreiflich, wie hier bie
fräftigften JörberungSmittel ber Sranfpiration gur ©eltung fommen mitffen, unb raie alles
ntöglichft hiutangehalten fein foK, was biefen für bie Spftangen fo wichtigen Vorgang unter;
brüefen ober and) nur befdjränfen tonnte. SEßenige «Dtonate, nachbem ber leßte ©djnee non
ben Höhen gewidjett, fällt olptebieS fdjott wteber neuer ©d)nee, ber bann währenb beS langen
SBinterS (Ernährung unb SEßadjStum gänzlich unterbricht.
Aus biefen ftimatifdjen SBerhältniffen aber erflärt fich auch bie ©rfdjeinung, bah fo
o iele SJßflaitgett ber a lp in e n «Region, n am en tlich faft a lle ©ewäcßfe m it «R oltblät;
te rn , im m e rg rü n finb. ©S ift babttrdj ber Vorteil gegeben, bah jeber ©onnenblid im SBer=
laufe ber furgett SBegetationSgeit auSgenußt werben fann, ja bah fefjott am erften fonnigen
Sage, nachbem ber SEßinterfdjnee abgefdpttolgen unb ber SBobett nur einigermahen burdjwärtnt
ift, bie oom oerfloffetten Jahre erhaltenen SBIätter git tranfpirieren unb organifche ©toffe gu
bilben im ftanbe ftnb. 2Ran tonnte gegen biefen ©rftärungSoerfuch gmar einwenben, bah
in ben ©teppen bie SBegetationSgeit auch auf ben furgen Jeitraum non brei Monaten ein;
gefdjränft ift, unb bah boch gerabe ber ©teppe bie immergrünen Sjßflangen mit SRoIIblättern
noUftänbig fehlen. J tt ber ©teppe ftnb aber im Verlaufe ber breimonatlichen SBegetationSgeit
bie JeuchtigfeitSnerhältniffe wefentlidj anbre als in ber HodtgebirgSregiott. S o rt wirb bie
S ranfpiration niemals burdfj übermähige JeudRigfeit gum zeitweiligen ©tillftehen gebracht;
bie SBIätter tonnen ununterbrochen auSbünften, haben fich nicht gegen SBeneßung, fottbern
gegen gu weit geljenbe AuSbünftung gu fchüßen, unb mit Ausnahme ber ©algpftangen unb
einiger weniger anbrer befonberS gut gefdjüßter ©ewächfe nermag bort im Hochfommer, bet
ber außerorbentlidjen Srodenhett ber Suft, feine «fßftange ihr grünes Sattb fich gu erhalten.
J n bett «Rieberungen hocfjnorbifdjer © egenbett finbet ftdj befanntlich ein S eil ber
©ewächfe wieber, welche bie Hochgebirge ber fttblidjer gelegenen ©elättbe fchmüden. Über
ben SBobett ber arftifdjen Sanbfdjaft fchreitenb, berührt unfer Ju ß biefetben Seppidje ber
nieberliegenben Agalea, ber Jwergweibe unb ©ilberwurg (Azalea procumbens, S alix
reticulata, D ryas octopetala). Sagu fommen noch anbre fleitte, wintergrüne Spflangett
(g. SB. Cassiope tetragona), bie gleichfalls mit «Roftblättern auSgeftattet ftnb. Söäre es
nicht aus ben Aufgeidptungett ber «Rorbpolfahrer befannt, bah tut arftifdjen ©ebiete bie Jaljt
ber bie Sranfpiratiott behinbernben nebeligen Sage im SBerlaufe beS furgen ©ommerS
eine noch oiel gröbere ift als in ben füblidjer gelegenen Hochgebirgen, unb bah baljer and;
bort nicht eine SBefchränfung, foitbertt eine Jörberung ber Sranfpiration unb bie möglichfte
AuSnufptng ber furgen Jeiträume, in welchen eine Hebung ber «Räljrfalge aus bem SBobett
tttöglid; ift, gur SRotwenbigfeit wirb, fo fönnten wir in ber S h at fc^on aus bem häufigen
SBorfommen biefer fleinen, teppidjbilbenbeit, mit immergrünen «Rollblättern auSgeftatteten
Sßftattgen barattf fdjließen. Abgefefjett oott anbern Urfadjen, abgefefjett namentlich oon ber
gefdpdjtlidjen ©ntwidelung ber oerfäjiebenen Jlorengebiete, liegt in ber oben gegebenen
S e u tu n g beS im m e rg rü n e n «RotlblatteS auch eine © rflä ru n g ber A ljn lid jfe it
unb te ilw e ife n Ü b e rein ftim m u n g ber a rftifd je n J l o r a m it b er J l o r a ber ge=
n a n n te n Hochgebirge.
Unb nun hinab auf baS S ie f ta n b , lä n g s ber «R orb= unb Dftfee unb auf bie
«R ieberungen, w e l^ e bem SRorbfufje ber 3Ilpen u o rg e la g e rt finb. Sffio nicht
ber 3Wenf<h ben SBobett in Slderlanb umgeftaltet hat: 9Jtoor unb Hetbe, Heibe unb 3)!oor
in ermübenber eintönigfeit. Junta! in ben SJiooren immer unb immer biefetben @e=
wächfe, unterfchieblicheS Heibefraut (Calluna vulgaris, E ric a T etralix, E rica cinerea),
dtaufdjbeere (Empetrum nigrum), Moosbeere (Oxycoccos palustris), ©ränfe (Andromeda
polifolia), ©umpfporft (Ledum paln stre), burchweg Spflangen mit immergrünen
BMblättern, wie im Hod)gebirge. ©inige biefer fleinen, immergrünen ©träudjer, nämlich
bie dtaufdjbeere unb baS SBefenheibefraut (Calluna vulgaris), laffen fich and) in ununter;
broebenem Ju g e non ber ©bene bis hinauf gur Höhe noit 2450 m auf bie Stämme ber SClpett
oerfolgen. Unb merfwürbig, biefe qßflangen blühen im Sieflanbe nicht oiel früher als hod)
oben in ber alpinen dtegion, ja für Calluna ift es fogar nachgewiefen, bah fie in ber
Höhe non 2000 m etwas geitiger aufblüht als im nörblidjett Seite beS baltifchen Sief;
lanbeS. 2Bie fommt baS? Jm Sieflanbe ift boch ber SBinterfdmee längft nerfchtnunben,
wenn bort oben bie Halben noch in bie weihe, falte Sede gehüllt finb. S er SEßinterfdjnee
allerbingS, nicht aber ber Sffiinter! Sffienn ringsum f<hon adeS blüht, wenn an ben dtoggem
hatmen f^on bie Ühren ftchtbar werben, ift baS SJcoor nebenan noch traurig, öbe unb ohne
geben, ©rft einen OJtonat fpäter als nebenan auf bem trodnen SBobett regt eS fich auch auf
bem falten 9Jtoore, unb bie ©augwurgeln ber mit immergrünen dMblättern auSgeftatteten
Spflangen entfalten ihre Shätigfeit. Sffiettn bie warmen Sage beS HochfommerS fommen
unb bie ©onne ihre fräftigen ©trabten herabfenbet, nimmt bann bie Semperatur beS
SBobettS rafch gu, erhöht fich fogar wett mehr, als man glauben möchte. S ie feuchten
Sßolfter beS SorfmoofeS fühlen fich mittags gang warm an, baS Shermometer, an einem
woüentofen ©ommertage (2 2 . Ju n i) in bie oberfte, moofige ©dpcht eines Hochmoores
3 cm tief eingefenft, geigte bei einer gleid)geitigen ©chattentemperatur ber fiuft non 13°
eine Semperatur non 31° ©elftuS! ©in unbehaglicher S unft entfteigt bem feuchten SBobett,
lagert über ber Jtäche unb macht eine Sffianberttng über bie OJtoorheibe höchft utterguidlid).
ta ttm ift bie ©onne glüljenbrot unter bett Horigont hittabgefunfen, fo nerbichtet ftef; biefer
S unft gu SRebelftreifeit, welche über bem büftern 3)toore lagern; Halme, Jweige unb SBIätter
befchlagett fich mit SB aff er tropfen, unb am näthften b o rg en ift alles fo burchnä^t, als ob
cS bie gange dladjt hinburd) geregnet hatte. SiefeS ©pief, welches fich bei hellem SBetter
regelmäßig wieberholt, wirb nur bann unterbrochen, wenn feuchter SBittb nom SJteere her
über bie Jlädje ftreid)t, SBolfenmaffen über bie Hetbe jagen unb reichlicher SRegett ben
SBoben ttefet. S a ß unter folchett SBerhältniffen eine ausgiebige unb ununterbrochene 2tuS;
bünftung ber Spftangen unmöglich ift, baß in ben furgen Jeiträumeit, weld^e ber Sranfpi;
ration ber SBIätter gegönnt finb, bie SluSfüljrungSgänge aus bem weitmafhigen ©chwamm=
paremhpm nid^t oerfd;loffen fein bürfen, bebarf woljl feiner weitern Ausführung, unb es
braucht auch nicht nochmals begrünbet gu werben, baß baS immergrüne SRoIIblatt für biefe
SBertjättniffe bie entfprechenbfte unb norteithaftefte SBlattform ift.
«dicht mit Unrecht uergteicht man bie Jlo ra am 5?ap ber ©üten H offnung mit jener
ber baltifchen Aieberung. Ungäßlige niebere SBi'tfche, bie bem Heibefraute, bem ©umpfporfte
unb ber SRaufdjbeere täufhenb ähnlich fehett, alle mit immergrünen, ftarren, an bett «Räubern
gurüdgerollten, gangranbigen, fleinen SBlättern; bie Dberfeite beS £aubeS tneiftoon büfterm
©rün, bie Unterfeite wieber mit benfelben ©inridhtungen, wie fie-bie «Rodblätter ber Sßflangen
auf ber SRoorheibe an ber Dftfee unb auf ben falten ©rünbett ber arftifchett A.uttbra
geigen. Jttm Seile gehört biefeS immergrüne SBufdpoerf fogar benfelben Jamitien an.