Verbreitung würbe nur gang beiläufig Sfiidfid)t genommen, ^flangen beg heimatlichen Vobeng,
Kräuter, bie man aug ben non fatirenben Sheriaf=Erämern eingehanbelten ©amen im ©arten
gurn Meinten unb Vlüljen gebraut, foroie enblid) ©ewäd)fe, bereu g rü ß te alg Euriofitäten
immer häufiger aug ber aufgefd)loffenen Venen Söelt nad) Europa gebraut mürben, mitr=
feite man bunt burdjeinanber, unb alleg ©treben ging bamalg ftcXjtlicf; bal)in, aufgugählen
unb gu betreiben, mag nur immer unter ben belebenbeit ©trahlen ber ©onue gu ergrünen
unb grüdjte gu reifen oermocßte.
Sin bie heinüfche ©d)olle gebannt, hatte bie SM)rgaf)l ber botanifchen ©chriftfteKer
jener geit nur gang bunfle Slhnungett non ber Verfcf)iebenl)eit ber ißflangenbede anbrer
gonen unb Sfegionen. g n ber SJteinung, bie non S h e o p h ra ftitg , S io g fo rib e g unb
^ lin iu g nor gaf)rl)unberten befdjriebenen, ben Eüftenlänbern beg SVittelmeereg angel)ören=
ben i]3ftangen müßten mit ben ©ewächfen ihrer rauljern Heimat ibentifd) fein, manbteu
iitgbefonbere bie beutfdien „Väter ber Votanif" bie alten griecl)ifcf;en unb lateinifchen ^ flaw
gennamen unbebenflid) aud) auf bie ^ßftangenarten ihrer Umgebung an unb waren non
ber Übereinftimmung ber beutfchen, griechifdjen unb italienifdjen glora fo feft übergeugt,
bah fie felbft bie gasreichen Söiberfprüche in ben V erreibungen nicht irre machen unb
nicht abt;alten tonnten, immer wieber in langen Erörterungen git unterfuäjen, ob Sheo=
p h ra ft unb S io g fo rib e g biefe ober jene ^flange mit einem beftimmten Stauten gemeint
haben bürften. Erft nach unb nad) gab man biefe unfruchtbaren Verhaublungen über bie
griedjifdjen unb lateinifchen Stauten ber ©ewädjfe, mit benen man uiele ©eiten ber Eräuter=
büdjer füllte, auf. Vtan lernte aUgemad) eittfel)en, baß ben nergilbten Vlättern ber alten
©chriften, troß aller Pietät nor ihrem anregenben Vierte, bag grüne Vudj ber Statur bod)
noch weit norgugiehen fei, unb gab fid) nun gang ber unmittelbaren Erforfdumg ber hei-
mifchen ^flangenroelt hin- gnbern ^ ie ro n p u tu g V od in feinem 1546 erfd)ienenen „Erem
terbitc'h, barin bie Ereilter, fo in beutfdjen Sattheit w ad) fett, aug laitgmiriger unb gemiffer
erfarung befdjribett werben", bie bamalige ©treitfrage erörtert, ob ficf) ber lateinifche Stame
E ric a auf bag £eibefraitt Seutfdjlanbg begiehe ober nicht, unb meint: „S ie befantefte ge=
wechfe feinb in Satein bie onbefantefte worben", ruft er fd)ließlid) aug: „Eg feie nun E rica
Reiben ober n it, fo ift eg hoch ein fd)ön ebel luftigg ftreudjel, mit nilen runben braunfarben
ginflin befefet, bie feinb mit feer naft Keinen grünen bletlin burdjaug gefchmudt, angufehen
wie bag wolriechenb Eppreffenfraut"; unb noch an gahlreichen anbern ©teilen verliert er
nach langatmigen philologifchen Slugeinanberfeßungett über bie alten Stauten fd)ließlich bie
©ebulb unb meint, man foHte ben ©treit um biefe Stomenflatur eigentlich bleiben taffen.
S e r Velgier E h a rle g be i’E c lu fe , iatinifiert E h tfiu g , emangipierte ftd) enblid) nolk
ftänbig non ben philologifchen ^aarfpaltereien, er ift aud) ber erfte, welcher in feinen umfang=
reichen, gu Enbe beg 16. gal)rf)unbertg erfd)ienenen Sßerfen ben Stüßlichfeitgftanbpunft beifeite
lieh unb nur non bem SBunfdje geleitet war, alleg, wag ba fproht unb blüht, fennen gu lernen,
gu rtnterfdjeibeu, gu b etre ib e n , womöglid) auch abgubilbett, im ©arten gu fultinieren uub
wol)ierhalteu getrodnet aufgitbewahren. • g n jene geit fällt eben artd) bie Slnlegung non
Sammlungen getrodneter Sßflangen, welche man guerft „H o rtu s vivus“, fpäter „H e rbarium
“ nannte, unb mit benen man algbalb alle naturfjiftorifchen SStufeeu augftattete.
E lu fiu g war aud) ber erfte, weld)er, befeelt non bem 2ßunfd)e, mit eignen Singen gu fel)en,
wie bie Sßflangenwelt jenfeit ber Verge augfel)e, botanifd)e Steifen augführte unb gum
gwede ber Erweiterung ber ^flangenfenntnig Europa non ben fpanifchen ©ierrett big an
bie ©rengen ber ungarifchen Ruhten unb nom ©tranbe beg Vteereg big hinauf gu ben
©ipfeln ber Storifdjen Sllpen burihftreifte. Siefe botanifchen Steifen würben allntäl)lid) auf
immer weitere Ereife auggebehnt unb fo aug allen fernen unb SBeltteilen reid)licheg 9)taie=
rial herbeigefchleppt.
Vig in bie erften Segenniett beg 18. gat)rt)unbertg hatte fich auf biefe SBeife eine attßer=
orbentliehe SJtenge non Eingelbeobad)tungen angefammelt, unb fcl)iiehlid) würbe benn bod)
bag Vebürfnig immer bringenber, biefen aufgehäuften Sßuft einmal gu fichten unb gu orbnen.
Sllg bal)er S in n ö bie burch gal)rl)unberte angefantmelten Setailarbeiten mit unglaublichem
$leihe unb in fabelhaft furger Beit bewältigte unb bag gange gerftreute Material überftchtlidj
gruppierte, tonnte er ber atlgemeinften Slnerfennung fid)er fein. S in n e hatte an ©teile ber
fdpuerfälligen ältern Vegeichuungen für bie eingeinen ^flangenarten furge Stauten eingeführt
unb gelehrt, bie Slrten ober „©pegieg" burch bünbige Vefchreibuugen gu unterfd)eiben. Eg
würben non ihm gu biefent Veßttfe bie ©lieber, in welche bie Sßflange augwächft, alg Söurgel,
©iamm, Saubblatt, S edblatt, ^eld), Eorolle, ©taubgefäjj, ^iftiU, ^rud)t unb ©ame befiniert,
non biefen ©liebem wieber beftimmte ©eftalten, fo beifpielgweife ber ©d)aft, ber ^alm , ber
©tengel, alg gönnen beg ©tammeg unb noch überbieg bie Seile eineg jeben ©liebeg, wie g. V.
an ben ©taubgefähen: ber ©taubfaben, bie S intere unb ber Rollen, am p ftiü e: ber grud)t=
fnoten, ber ©riffel unb bie Varbe, unterfchieben unb für jebeg biefer Singe ein Eunftaug=
brud (terminus) feftgeftellt. Vtit ^ilfe ber fo gebilbeten botanifchen © prad)e würbe
eg bann möglich, nicht nur bie V efd )reib u u g en ber S ß flan g en arten furg gu faffen,
fonbern aud) bie ähnlichen Slrten nach biefen Verreibungen wieberguerlennen unb gu
„beftim m en", b. h- angugeben, welcher Vame ihnen non ben Votanüern gegeben worben
war, unb in weld)e ©nippe fte gehörten.
Sllg Einteilungggrunb benupte S in n e für bag non ihm aufgefteUte „©pftem" bie Ver=
hältniffe ber Vtütenteile. S ie 3at)l, bie relatine Sänge, bie Verwachfung unb bie Ver=
teilung ber ©taubgefäfje bitbeten bie Slnhaltgpuntte gur Unterfd)eibung ber „Eiaffen" biefeg
©i)ftemeg. g n jeber Eiaffe würben bann mit Vüdfid)t auf bie Vefchaffenheit ber grucl)taulage,
gumal ber 3 al)l ber ©riffel, bie „Drbnungen" unterfchieben, unb jebe Drbnung geriet
wieber in enger begrengte ©nippen, wetd)e alg „©attungen" begeid)net würben. Sin bie
23 Eiaffen ber Vlütenpftangen (f3l)anerogamen) reihte S in n e bann noch alg 24. Eiaffe bie
blütenlofen ^flangen (Erpptogamen), bie wieber mit Vüdftd)t auf ben allgemeinen Einbrud,
ben fie hernorbringen, fowie mit Stüdficht auf ihr Vortommen in mehrere ©ruppen (gante,
SVoofe, SCtgen, ißilge) unterfchieben würben.
Siefe SVethobe hatte ftd) im ginge bie gebitbete SSett erobert. Englänber, Seutfcpe
unb Italiener arbeiteten jept alg getreue ©d)üter S in n e g im einheitlid)en ©inne. Slud)
bie Saienwett betrieb mit großem Eifer Votanif im Sinnefchen ©tile, unb man empfahl
bie Votanif iitgbefonbere auch für bie grauen alg einen harmlofen, ben ©eift nicht üben
mäßig anftrengenben Beitnertreib. g n granfreid) hielt V o u ffeatt einem Ereife fd)öngeiftiger
grauen Vorträge über Votanif, unb auch ©oetfje fühlte fid) non ber „Ueblid)ften ber SBiffem
f(haften", wie man bamalg bie Votanif nannte, mäd)tig angegogen. S in n e hatte alg erfter
für ipflangennergeichniffe größerer ober fleinerer abgegrengter ©ebiete ben Vamen g lo r a
eingeführt, felbft eine glora non Sapplanb unb ©chweben gefdjrieben unb bamit aud) für
anbre ben Slnftoß gur Slbfaffung folcher ^flangennergeichniffe gegeben, fo baß fchon Enbe
beg 18. gahrhunbertg eine glora Stnglica, ipebemontana, Earniolica, Sluftriaca tc. non
lagen, hiermit war benn auch jene Vichtung, weld)e in ber Vetrad)tung ber fertigen
äußern ©eftalt ber ipflangen, in ihrer Unterfd)eibung, Vefchreibung, Venennung unb ©rup-
pierung fowie in ber 3lufgäl)lung ber in einem beftimmten Sanbftriche l)eimifd)eit Slrten
ihr eingigeg leitenbeg B i^ fitabet, auf einen gewiffen §öt)epunft gelangt. Seiber nerirrte
man ftch fpäter nielfach in ein geiftlofeg ©d)entatifieren, genügte fich mit ©ammein, iprä=
parieren unb Stnlegen non Herbarien ober erging fich in enblofe Sebatten über bie grage,
ob irgenb eine non biefem ober jenem gorfcher entbedte, unterfd)iebene unb befchriebene
ipflangenform ben Slang einer Strt beanfpruchen fönne ober alg eine burd) ben ©tanbort,