VII. KAPITEL.
Die Landschaft der seichten Sumpfgewässer. — Wasserscheide zwischen den
Flüssen Benue und Schäri.
[Freitag, 26**™ Dezember.] Wir setzten nun endlich unseren
Marsch fort, und zwar mit grösser östlicher Abbiegung
von unserer südsüdöstlichen Hauptrichtung, um Kade, Adi-
schen’s Residenz, zu umgehn und mit Plünderung zu verschonen.
Die Heeresmasse war in mehrere Trupps getheilt,
von denen sich einige weiter westlich am Rande einer mit
Bäumen eingefassten Wasserrinne entlang hielten; dennoch
aber war das Gedränge an einem die Ebene durchschneidenden,
von hohen Ufern eingeschlossenen Rinnsale nichts
weniger als erfreulich. Hier stand das Korn — „massakuä
(Holcus cernuus) -—noch unreif auf dem Felde; dann folgte
offenes Weideland.
Wir lagerten schon nach einem Marsche von weniger als
10 Meilen, nachdem wir hinter Kade eine ganz südliche Richtung
angenommen hatten, bei einem Dorfe Namens Bögo,'
das einst sicherlich mit der gleichnamigen Fulbe-Ortschaft
im Westen einen zusammenhängenden Gau gebildet hat. Die
Einwohner waren auch hier insgesammt geflohen, obgleich
ihr Häuptling, welcher Bakschämi heisst, ein Verbündeter
und Freund Adischen’s war. Die Hütten des Dorfes waren
sorgfältig gebaut, aber nur wenige Bäume verliehen durch
ihren Schatten den Gehöften einige Gemüthlichkeit. Unter
dem Vorgefundenen Hausgeräth befanden sich auch Fischkörbe
>— „käyan”, wie die Kanöri sagen ■—, von denen einige mit
trockenem, aus der rothen JIolcus-Avt bereiteten Teige angefüllt
waren; aber die Leute rührten ihn nicht an, aus Furcht,
er möchte vergiftet sein. Bei einer früheren Gelegenheit waren
nämlich mehrere Leute durch einen Topf mit Honig, den
die Eingeborenen auf ihrer Flucht absichtlich zurückgelassen
hatten, vergiftet worden.
Schon auf unserem Marsche hatten wir jenseits der Was-
serrinne (zur Rechten) in der Ferne eine Felshöhe erblickt;
von Bögo aus sahen wir sie nun in nordwestlicher Richtung
in schärferen Umrissen, und dahinter in schwächeren den
entfernteren zusammenhängenden Höhenzug Mändara’s, den
ich aber leider nicht niederlegen konnte, da ich keinen zweiten
Winkel zur Berechnung der Entfernung fand.
[Sonnabend, 27um Dezember.] Der erste Theil unseres Marsches
führte heute durch lichte Waldung; dann traten wir in
freieres Sumpfland hinaus, welches mit hohem frischen Grase
bewachsen und voll ungeheuerer Fusstapfen von Elephan-
ten war; auch Perlhühner wurden hier in Menge gefangen.
Nur hie und da überragte eine einzelne Mimose die flache
Linie der grasigen Savanna.
Nach einem Marsch von 6 Meilen erblickten wir die erste
Delebpalme im Müssgu-Lande. Schon zu wiederholten Malen
habe ich bei der Erzählung meiner Reisen die Aufmerksamkeit
des Lesers auf diese schöne Fächerpalme gelenkt;
aber in allen Örtlichkeiten, wo ich sie bisher beobachtet hatte,
war sie meist nur vereinzelt vorgekommen. Selbst in Adamaua
ist sie auf besonders begünstigte Stellen beschränkt, während
sie sogar in einigen ausgedehnten Provinzen dieses Landes,
wie z. B. in Büban-djidda, ganz fehlt. Jetzt hatten wir aber
das Land erreicht, wo dieser schöne und nützliche Baum
— wahrscheinlicherweise nur eine Varietät des berühmten
Borassus flabelliformis — der gewöhnlichste und vorherrschende
Vertreter der Pflanzenwelt ist; die Müssgu nennen