nicht sichtbar und kaum ein einziger Baum belebte die Gegend
—; aber die tiefe Stille, welche in der Natur herrschte,
athmete solche Heiterkeit und Zufriedenheit, dass ich mich
ebenso glücklich wie gestärkt fühlte. Ich dachte gar nicht
daran, zu schreiben oder zu studiren, sondern verträumte
den ganzen Tag. — Am Abend erschien auch der dritte von
meinen Leuten; er brachte eine Zeile von Herrn Dr. Overweg
mit, an mich adressirt, mit der Aufschrift: „in campo
caragae Äethiopiensis" („karäga” heisst „Wildniss”).
[Sonnabend, 13ten September.] Im Laufe des Morgens,
nachdem der Thau einigermassen abgetrocknet war, beschloss
ich, mit meinem Lager eine kleine Strecke weiter vorzurücken,
musste jedoch einen-mehr'westlichen Pfad einschla-
gen, wegen der vielen sumpfigen Lachen, die sich am Ende
der Regenzeit in der Einsenkung am Fusse der Hügel von
Dau-erghü gebildet hatten. Der Pflanzenwuchs ist während
dieser Jahreszeit selbst in diesem einförmigen Striche reich
zu nennen.
Nachdem wir endlich die Korn- oder vielmehr Hirsengefilde
von Dau-erghü erreicht hatten, erstiegen wir bald die
Sandhügel, wo sich die ganze Beschaffenheit der Landschaft
änderte; denn Düm - Gestrüpp hörte fast gänzlich auf und
Retem (Spartium junceum oder monospermum) ward der gewöhnliche
botanische Schmuck des Bodens überall da, wo
der Ackerbau eine Stelle frei gelassen hatte, während reich-
belaubte Mimosen die Einförmigkeit des Ackerlandes unterbrachen.
Nachdem ich mehrere Gruppen von Dörfern, welche
zusammen einen beträchtlichen Bezirk bildeten, zur
Seite gelassen hatte, gewahrte ich zur Rechten am Fusse
eines Abhanges eine jetzt von einem grünen Gewässer angefüllte
Thalmulde, wo bald nach Beendigung der Sommerernte
jene besondere, „massakuä” genannte Sorghwm-Art angebaut
wird. Der von einigen Akazien beschattete Ort war
sehr einladend, und da ich, obgleich erst 2 Stunden unterwegs,
wegen meiner Schwächlichkeit und Unpässlichkeit bereits
ermüdet war, beschloss ich, während der Hitze hier
zu. rasten.
Ich hatte mich soeben auf dem Boden ausgestreckt, als
mir mitgetheilt wurde, es sei ein Bote von Rhet, dem Häuptlinge
der Ueläd Slimän, mit der Nachricht vorbeigekommen,
dass sich dieser unstäte und räuberische Stamm von Borgu
nach Känem zurückgezogen habe. Dies war eine gar unbefriedigende
Nachricht, da mir nach Allem, was ich vernommen,
Borgu als ein Land von vielem Interesse erschien (wenigstens
von gleich grösser geographischer Bedeutung wie
Air oder Asben), welches, im Besitz von tiefen Thälern und
Schluchten und von lebendigen Quellen bewässert, ausser einer
grossen Fülle vortrefflicher Datteln, wenigstens an einigen begünstigten
Stellen sogar Trauben und Feigen erzeugt. —
Der heutige Morgen war etwas trübe gewesen, aber gegen
Mittag kam die Sonne zum Vorschein und wir hatten von
unserer vortheilhaften Stellung am Abhange eine weite Aussicht
über eine, wenn auch keineswegs malerische, doch im
reichsten Pflanzenkleide sich entfaltende Landschaft. Es
fand sich kaum ein kahler Fleck; die ganze Oberfläche war
grün, mit der einzigen Ausnahme, dass die fast reifen Ähren
der Afrikanischen und Indischen Hirse sich bereits gelbbraun
zu färben anfingen, Das Getreide, dessen höchste Halme
nicht über 15 Fuss massen, stand jedoch bei weitem nicht
so hoch wie dasjenige, welches ich später, auf meiner Heimreise
von Timhuktu, in den üppigen Thälern des reichen
Kebbi antraf. Mehrere vorüberziehende Kanembü belebten
die Landschaft.
Als die Hitze der Mittagsstunden nachliess, brach ich mit
meiner Meinen Gesellschaft wieder auf und setzte meinen
Marsch nach Norden fort. Nach ungefähr 1 Stunde kamen
wir bei einer links am Wege gelegenen, vom Regen gebildeten
grossen Lache vorbei, an deren von einer Akazienhol-
Barth's Reisen. III. - 4