unsere Zelte in einem keineswegs erfreulichen Zustande waren,
was wir besonders während der Mittagsstunden empfanden, und
unser Lagerraum unendlich beschränkt ward. Wir standen mit
demScheich und demVezier auf dem freundschaftlichstenFusse,
und alle Hofetiquette ward hei Seite gesetzt, in dem eifrigsten
Bemühen auf beiden Seiten, einander dienstreich zu sein.
Dies ging so weit, dass mein Reisegefährte und ich unseren
Freunden, die die winterliche Kälte bei Nacht zu fühlen anfingen,
mit unseren wollenen Unterjacken und Unterhosen aushalfen,
wobei dann der ehrwürdige Hadj Edrlss den königlichen
Wäscher abgah. In der That war es vergnüglich, zu sehn,
wie der Scheich seinen Minister beneidete, als er eines Tags
seine Arme mit einer eng anschliessenden, behaglich warmen
Unterjacke bekleidet sah, und er ruhete nicht eher, bis auch
er ein so warmes Kleidungsstück von uns erhalten hatte.
. Schon in Air hatten wir unserem alten Freunde Annür
und seinen zahlreichen Verwandten mit unseren Türkischen
Westen aushelfen müssen, aber bis zur Unterjacke und Unterhose
waren wir bis jetzt noch nicht herabgestiegen. Natürlich
hatten diese Bomu-Fürsten Überfluss an Kleidung,
aber Alles war weit und wenig auf Kälte berechnet, und ich
habe schon mehrfach angeführt, wie empfindlich der Afrikaner
gegen die Kälte ist; auch bin ich davon überzeugt,
dass in den heissen Gegenden Central-Afrika’s eine gute Ladung
warmen Unterzeuges schnellen Abgang finden würde,
zumal wenn sie während des Monats Dezember oder Januar
einträfe. Dagegen bewirtheten auch jene uns nach Kräften,
und ich war dem Vezier, sehr dankbar für einen Hut Zucker,
womit er meinem Mangel abhalf; denn nichts ist in diesem
Lande erfreulicher, als eine Tasse wohlschmeckenden Kaffee’s,
obgleich der Zucker natürlich zur Noth entbehrlich ist. Auch
war es interessant zu sehn, wie eifrig unser Freund bemüht
war, uns jede irgend erwünschte Mittheilung zukommen zu
lassen.
In der That liess mich der Vezier eines Abends in aller-
grösster Eile rufen, als sollte ich ihn vom Tode erlösen, und
was war es? Es war ihm ein Bornauer in die Hände gekommen,
der ebenfalls, wie mein alter Freund, der Mallem Ka-
töri, den bedeutungsvollen Heereszug Ämba-Ssämbo’s an die
Meeresküste mitgemacht, aber, während Katöri dann mit
dem Haupttheil des Heeres nach Mbäfu gegangen war, sogar
noch die Ufergrenze mit überschritten und nach lötägi-
ger Fahrt (an klippiger Küste entlang) eine Insel überfallen
hatte, wo sie eine Menge Gewehre erbeuteten, deren Besitzer
— insgesammt Leute in Jacken — in ein grosses Schiff geflohen
seien. Das Schiff war der Beschreibung nach ein
Europäisches; denn von der Kleidung jener Leute allein
lässt sich noch nicht auf Europäischen Ursprung schliessen,
da auch viele Eingeborene an jenen Küsten umher Europäische
Kleidung tragen. Ich bin jedoch darüber nicht ganz
gewiss, oh sie einen grossen Fluss oder die offene See be-
schifften. Jedenfalls ist dies ein Faktum, welches grosses Interesse
erregen musste; aber ich glaube kaum, dass einer der
Statthalter von Adamaua sich so bald wieder an’s Meer wagen
wird, nachdem sie ein Englisches Dampfschiff den Fluss
hinauf bis an die Grenze ihres Landes haben kommen sehn. —
Derselbe Kanöri-Kriegsmann theilte mir auch mit, dass bei
jenem Heereszuge alle Pferde an Würmern gestorben seien.
Bei dieser Gelegenheit erzählte ich dem Vezier von der
eigenthümlichen Meeresherrschaft des Imäm von Maskat,
was ihm, als ein bisher ganz unbekanntes Faktum, ausserordentliches
Interesse gewährte. In -der That, so wie im
Mittelalter die Araber, selbst die im fernen Westen, durch
die Beisen des unternehmenden Ebn Batüta und anderer
wackerer Männer über die Ostküste dieses Kontinentes
bessere Kenntnisse besassen, als die Europäer, so ist hier
jetzt alle Kenntniss jener Gegenden verschwunden, und ich
werde es nicht leicht vergessen, mit welchem Erstarmen die