X. KAPITEL.
Die.. P r o v i n z Lo g ö n . — L o g o n b i r n i .
Kala ist die erste Stadt im Gebiete von Logön oder Lö-
gone, dessen Grenzen wir kurz vorher- überschritten hatten.
' Durch ein äusserst enges Thor, welches kaum mein
schlankes Kameel, nachdem die ganze;Ladung abgenöm-
men worden war, durchliess, zögen wir in die ‘Stadt ein,
.Gleich beim ersten Anblick erschien'ihr Äusseres auffallend
abweichend von den soeben verlassenen Gegenden; denn
während die Wohnungen einen gewissen Grad von -Gesittung
anzeigten, glichen die Einwohner selbst mehr heidnischen
Völkerschaften, als den Mohammedanern. Wir wurden sofort
von einem Haufen 7 bis 12 Jahre-alter Knabe® um-.,
ringt, welche, schlank und wohlgebaut, völlig nackt waren.
Dies sieht man im eigentlichen B6mu selbst bei Sklaven fast
niemals. Die Form ihrer Gesichtszüge war sehr verschieden
von dem in Bomu vorherrschenden Typus und deutete andererseits
mehr natürlichen Verstand und Verschlagenheit an:
Ich habe bereits heim Müssgu-Lande bemerkt, wie sehr 'der
Zustand der Wohnungen gegen die Kleidung oder vielmehr
gegen den Mangel an Kleidung der Eingeborenen abstach;
aber hier war es noch'auffallender," da die Wohnungen meistens
nicht rund§ konische Hütten, sondern geräumige,. hohe
Thonhäuser von länglicher Form waren. Ich wurde'in einem
dieser Gebäude, beherbergt, fand es aber sehr schwül und
voller, Staub.
‘Die Stadt schien im äussörsten Verfall begriffen und nur,
der mittlere Theil derselben noch bebaut Und bewohnt zu sein.
Die einzigen bemerkenswerthen Gegenstände waren zwei Palmen,
von welchen ich die eine bereits von aussen bemerkt
hatte; ich fand nun, dass es nicht Dattelpalmen,'sondern Fä-
'cherpalmen waren. Sie waren nicht gabelförmig, gehörten nicht
zur, Guctfera, Thebaica, und waren ebenso wenig’'Delebpalmen.
Dieselben waren jedenfalls die höchsten Bäume der gefächerten
Familie, die ich je gesehn zu haben mich erinnere; ihre
Höhe war, bei dem kleinen, auf den höchsten Wipfel beschränkten
Blätterbüschel um so überraschender.
Da die Stadt nichts von Interesse därbot, ging ich am
Nachmittage hinaus und . ruhte ein Paar Stunden im Schat-.
5‘ten eines jener schöneh Feigenbäume, welche, von einem
'•grpssen und tiefen'Sumpfe befruchtet, die Stadt rings umziehen1;
"aber so angenehm ich mich während des Tages erholt
hatte, um so trauriger brachte ich die Nacht- zu, daneben
dieser‘stehenden Lachen wegen die Stadt voll von Mücken ist,
so dass ich .und alle meine Gefährten kein Auge schliessen
konnten^
Wir standen daher lange vor Tagesanbruch auf und hat-
l, ten bereits um 4 Uhr Morgens das Stadtthor hinter uns. Es
findet selbst bei dem gegenwärtigen zerrütteten Zustande dieser
Gemarkung noch beträchtlicher Baumwollenbau statt, aber
! dieser Anbau ist hier einer unermesslichen Ausdehnung fähig.
Hierauf folgten Sorghum-Velder und weiterhin verkündete das
Blöken des Viehs und das Glucken der Hennen das Dasein
eines Schüa-Dorfes, welches in geringer Entfernung zur Linken
lag. Angebaute Stellen wechselten mit Waldung ab, wo
das Wildschwein überall häufig war, und zahlreiche Dorf-
schaften lagen umher, die. jedoch gegenwärtig alle verlassen
waren, da die Einwohner, welche zu den Schüa gehören, während
der trockenen Jahreszeit nach,Südwesten an ein seichtes
Rinnsal wandern, das gewiss mit dem oberen Laufe des