V. KAPITEL.
E r i o g B r ü s t u n g e n g e g e n M ü n d e r a.
Von der angreifenden Expedition nach Kanem in unser
Hauptquartier zuriickgekehrt, verliess ich schon nach 10 Tagen,
am 25sten November 1851, Ivükaua wieder, um mich
einem neuen Heereszuge anzuschliessen. Um diese Zeit war ich
sowohl als Herr Dr. Overweg gänzlich von Mitteln entblösst,
da noch nichts von den für uns bestimmten Hilfsgeldern angekommen
war, und ich hatte beträchtliche Schwierigkeit,
mich mit dem für diese Reise Nöthigen auszurüsten, während
mein Begleiter noch auf unser krankes Kameel warten musste,
das sich auf der Weide befand.
Schon am Sonnabend vorher waren Scheich und Vezier mit
dem Kern des Heeres aufgebrochen. Wohin es ging, war noch
gar nicht bestimmt, wenigstens nicht öffentlich bekannt, und
als direktes Ziel ward nur Mändara angegeben, um den Fürsten
dieses kleinen, von Bergen geschützten Ländchens zum Gehorsam
zu zwingen. Die Hauptsache aber war, dass die Kisten
und Sklavenräume leer waren und gefüllt werden mussten;
woher, war Nebensache. Es war schon jetzt viel Gerede von
einem Ausbruche der Feindschaft zwischen 'Abd e’ Rahmän
und dem Vezier, da der Erstere in enger Beziehung zum Fürsten
von Mändara stand, und dies war auch der Grund, wess-
halb Herr Dr. Overweg anfangs lieber Zurückbleiben wollte.
Bei meiner Armuth hatte ich jetzt keinen berittenen Diener
und mein ganzer Tross bestand in meiner treuen Naga
Aufbruch von Kükaua. 113
— „djlge”, wie die Kanöri das weibliche Kameel nennen —,
die sich auf der Känem-Reise vortrefflich bewährt hatte, und
zwei höchst unbedeutenden, geistes-und körperschwächen Fe-
sänern, Mohammed ben Habib und Mohammed ben Ahmed.
Glücklicherweise hatte die kühlere Jahreszeit meine Gesundheit
wieder sehr gestärkt und mein Pferd, obgleich es zu dieser
Zeit kein grosses Übermass von Kräften besass, sich auch wieder
von seinem kleinen Unwohlsein erholt. So verfolgte ich bei
mässig warmem Wetter wohlgemuth die mir bekannte Ngornu-
Strasse, die jetzt aber einen bei weitem weniger ermüdenden
Charakter hatte, als vor 3 Monaten bei meiner Rückkehr von
Adamaua. Damals war hier noch Alles dürr und trocken,
kaum ein einziger frischer Halm war aufgeschossen, und ich
hatte meinen Wasservorrath bei Käine mit Mühe aus einem
tiefen Brunnen schöpfen müssen. Jetzt war der Boden mit
frischen Kräutern bedeckt, die Bäume waren neu belaubt und
bei Käine, wo der Scheich mit seinem Kriegstross das erste
Nachtlager nahm, hatte sich ein grosses Wasserbassin gebildet.
Dieses Bassin, von schön belaubten Bäumen umgeben, hält sich
2 bis 3 Monate nach der Regenzeit, wo es dann allmählich
eintrocknet. Jetzt tränkte ich ohne weitere Mühe mein Pferd
und ritt dann den beiden Fesänern nach. Hier begegnete
ich meinen Freunden Hadj Edriss und Schitima Makaremma,
die vom Lager zurückkamen und mir mittheilten, dass der
Scheich heute jenseits Ngörnu in Kükia lagere; ich hielt
daher während der heissen Stunden diesseits Ngörnu eine
kleine Rast, um am Nachmittag, ohne weiteren Aufenthalt in
der Stadt, gleich direkt das Lager zu erreichen. Denn rings
um die Stadt ist im Umkreis von 1 Stunde fast Alles baumloses
Ackerfeld.
Ich mochte etwa eine Stunde gerastet haben, als Herr
Dr. Overweg mir mit der unerfreulichen Botschaft nachkam,
dass sein Kameel bei Käine gefallen sei und selbst ohne Gepäck
nicht wieder aufstehen wolle. Während er daher bei