Die Wasser des grossen Sumpfsee’s, am dessen Ufer wir
uns in nicht grösser Entfernung herumwanden, hatten bereits
beträchtlich abgenommen und schöne, frische, von zahlreichen
Heerden beweidete Matten blossgelegt, während kleine,
nach dem Rückzuge der Fluth stehngebliebene Lachen
die einförmige Ausdehnung der Ebene unterbrachen. Auf
diesen fruchtbaren Gründen wird in grösser Menge Baumwolle
gezogen und dieser Anbau könnte noch weit stärker
betrieben werden. Die Leute waren überall mit der Landarbeit
beschäftigt, während auf allen brach liegenden Feldern
die üppige Asclepias oder Calotropis gigimtw wieder
ihre Herrschaft zu üben anfing. Kaum ein Baum war zu
sehn; nur als wir weiter zogen, traten nach und nach einzelne
grössere Vertreter der Pflanzenwelt auf.
So kamen wir an dem Dorfe Kükiya vorbei, wo1 wir auf
dem Müssgu-Zuge zuerst übernachtet hatten. Hier ward der
tiefe Sandboden mitunter von einer vereinzelten Gruppe von
Dümbüschen belebt, während arme Leute hie und da nach
der bereits schon einigemal erwähnten Binsennuss -IgLhabb el
äsls’ oder „nefü” -jg (Gyperus esculentus) gruben. Auf einer
sonst nur mittelmässig bestellten Strecke Landes gewährte
ein schönes Waizenfeld einen herrlichen Anblick; es gehörte
mehreren angesehenen Hofleuten ■— „kokanäua” — in Kii-
kauä. — Wir tränkten hier unsere Pferde und wollten, nachdem
wir noch eine Strecke weiter gezogen waren, in einem
dem Hadj Ibrahim gehörigen Weiler während der Tageshitze
Halt machen, wurden jqjioch sehr ungastfreundlich aufgenommen
und rasteten daher in einiger Entfernung vom
Dorfe im Schatten eines Kautschukbaumes (Resina elastica).
Dieser Baum zeichnete sich durch einen besonderen Zauber
— „ssäfi” — aus, welcher einen Beweis von den vielen in diesen
Ländern noch verbliebenen heidnischen Gebräuchen lieferte.
Derselbe bestand aus zwei auf einander gestellten, mit
einem eigenthümliehen Stoffe angefüllten Töpfen und sollte
die Fruchtbarkeit der Stuten des Dorfes sichern. — Da diese
Stelle ein gewöhnlicher Rastplatz der Reisenden ist, so wimmelte
der Boden von Insekten, besonders der grossen Art
der „kari”, womit das Vieh in diesem Lande gewöhnlich
behaftet ist.
■ Als wir am Nachmittag unseren Marsch fortsetzten, be-
gegnete uns eine Karawane Kameele und Lastochsen mit
einer Ladung Negerkorn, die Einer von den Leuten unseres
Freundes Lamlno von der Pflanzung seines Herrn nach der
Stadt brachte. Wir erreichten frühzeitig Yedi, an dem wir
ebenfalls. auf unserem Müssgu-Zuge vorbeigekommen waren,
Ich hatte die Absicht, innerhalb der Stadt einzukehren; die
Strassen waren jedoch so eng, dass ich mein Lager lieber
ausserhalb aufschlug. Ein junger Schüa-Bursche bot mir
hier seine Dienste an; derselbe hatte uns bei dem Brunnen,
wo wir unsere Thiere tränkten, unentgeltlich Beistand geleistet
und dafür von mir als Belohnung einige Nadeln erhalten.
Da ich sehr eines Dieners bedürftig war, nahm ich
sein Anerbieten an und überzeugte mich im Verlaufe meiner
Reisen, dass ich sehr wohl daran gethan hatte; denn obgleich
mir der junge Bursche anfangs einige Mühe machte
und sich mitunter etwas unbeholfen anstellte, so erwies er
sich doch im Ganzen als sehr brauchbar.
Am Abend zeigte sich ein junger Mann Namens Degedji,
welcher Herrn Dr. Overweg auf dessen Tsäd-Fahrt begleitet
hatte, sehr gastfreundlich gegen mich. Derselbe war Barbier
und Musikant in Einer Pereon, aber dabei ein ziemlich
lockerer Bursche.
Wir verfolgten die gerade Strasse nach Ngäla. Die anfangs
offene Landschaft bedeckte sich allmählich mehr mit
Dümgebüseh und weiterhin mit allerlei Bäumen mittlerer
Grösse. Ausser der Frau meines Geleitsreiters, die ihren Vater
in Baghirmi besuchen wollte und wenigstens im Vergleich
mit ihrem Gemahle eine leidliche Person war, hatte sich ein
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