zu bleiben, da diese armen Leute, und zwar niobt ohne Grund,
erklärten, weil ihr Landesherr sie nicht gegen die Erpressungen
ihrer Nachbarn beschütze, brauchten sie auch seine
Befehle nicht zu beachten. Es war daher durchaus nicht
nöthig, dass mich der Diener des Sultans weiter begleitete;
denn wurden seine Befehle schon hier nicht berücksichtigt,
so hatte man dies weiterhin noch viel weniger zu erwarten.
[Mittwoch, 17tenMärz.] Wir setzten also unsere Beise ohne
diesen Diener fort. An der Ostseite der Stadt war etwas
Anbau bemerkbar, indem das Land hier sehr sumpfig und
während der Regenzeit überschwemmt ist; es ist mit dichtem
Gestrüppe bewachsen, in welchem wilde Thiere in Menge
hausen. Dicht unter der Oberfläche des Bodens findet sich
Wasser, und der Brunnen bei einem Schüa-Dorfe, an welchem
wir yorbeikamen, war nur 3 Klaftern tief. Bei dem Dorfe
Atmartschäri, das wir zur Rechten liegen Hessen, zeigten sich
Spuren von Anbau, indem die Waldung gerodet war, um
Raum für Kornfelder zu gewinnen. Das Dorf wird von Ka-
nöri bewohnt. Bald darauf wurde die Waldung dichter
als vorher, indem SchBngpflanzen die Bäume hinauf kletterten
und in Gewinden von den Zweigen herabhingen. Hier
sah ich zum erstenmale die Spur des Rhinoceros, welches
in allen westlichen Theilen des Sudans mit wenigen Ausnahmen
so gut wie gar nicht vorkommt *). Es führt bei den Einwohnern
dieses östlichen Theiles von Logone den in Baghirmi
übHchen Namen „birnl”, während es in der einheimischen
Landessprache „ngirme” heisst; im Kanöri heisst es „bär-
kadjän” oder „kärgadän”, unter welchem Namen, es höchst
auffallenderweise bereits von El Edrlsi **) erwähnt wird,
aber nicht mit Bezug auf Afrika, sondern bei Indien. Es wird
von den Einwohnern, welche auf den schmalen Pfaden ihres
*) In der Englischen Ausgabe habe ich mich in diesem Falle etwas zu bestimmt
ausgedrückt; denn das Rhinoceros kommt in Libtako vor.
**) Scherif el Edrlsi, trad. Jaubert, vol. I, p. 72: ü l a r x
J
heimischen Walddickichts oft mit diesem grimmigen Thiere
Zusammentreffen, sehr gefürchtet.
Ich war ein wenig vorausgeritten, als ich plötzHch durch
die Zweige der Bäume den prächtigen Spiegel eines gros-
sen Flusses, viel grösser, als derjenige von Logone, gewahrte.
Tiefe Stille herrschte ringsum und die durchsichtige
Oberfläche des Wassers wurde auch nicht vom leisesten Windhauche
bewegt ;• keine Spur von Menschen oder Thieren war
zu sehn, mit Ausnahme von zwei Flusspferden (bei den Lo-
gonem „nie” geheissen), welche sich am Ufer gesonnt hatten
und sich bei unserer Annäherung in’s Wasser stürzten. Dies
also war der wirkliche Schäri, das heisst j, der grosse Fluss
der Kotokö” (denn „schäri” bedeutet, wie gesagt, nichts als
„Fluss”), welcher, verstärkt durch den kleineren, aber doch
beträchtHchen Fluss von Logone, jenes grosse stagnirende
Wasserbecken bildet, das diesem Theile des Sudans seine
eigenthümliche Gestaltung gibt. Der Fluss fliesst an dieser
Stelle von S 30 W. nach N30 0., macht aber bedeutende Krümmungen
und kommt weiter stromaufwärts von S. und sodann
in einer Schlinge aus 038N.
Das Ufer, auf dem ich des stillen, aber schönen Schauspiels
genoss, ist mit dichter Waldung bestanden und gegen
15 Fuss hoch. Keine menschliche Wohnung war zu sehn,
mit Ausnahme der kleinen Dorfschaft A'-ssü am jenseitigen
Ufer. Die Spiegelglätte des Wassers wurde nur dann und
wann durch das Aufspringen eines Fisches unterbrochen;
kein Wasservogel war zu sehn, auch nicht ein einziges Boot.
EndHch bemerkten wir am jenseitigen Ufer, welches flach
und sandig ist, den Fährmann, der uns durch Zeichen bedeutete,
noch etwas weiter flussaufwärts zu gehn, damit wir
bei der Überfahrt durch die Strömung nicht zu weit abwärts
getrieben werden möchten. Wir gingen also gegen 1200 Schritt
weiter aufwärts, ich machte es mir im Schatten eines Baumes
bequem, während ich das Boot erwartete, und hing dem