denn sie konnten sich kaum vorstellen, dass wir, im Besitze
solcher Mittel, die ihnen übermenschlich schienen, nicht zum
Schaden unserer Nebenmenschen nur auf unseren eigenen
Vortheil bedacht sein sollten. Sie brachten uns ein Löwen-
m und bald darauf ein anderes schmackhaftes Gericht von
„deschische”, aus Waizen bereitet, mit Datteln gewürzt und
mit vortrefflicher Butter übergossen. Die letztere gewann vorzugsweise
unseren ganzen Beifall, da sie nichts von dem widerlichen,
um nicht zu sagen schmutzigen, Geschmacke an sich
hatte, welcher der Bornu-Butter eigentümlich ist.
Während wir uns mit diesen Leuten unterhielten, wurden
wir uns immer mehr unserer ungünstigen Lage in diesem
Lande bewusst und fühlten tief den Nachteil, der uns daraus
erwuchs, dass wir uns nicht stets in der Gesellschaft
und unter dem Schutze dieser Leute befinden konnten, der
Eingeborenen eben dieses Landes, mit dessen charakteristischen
Zügen sie uns so ungleich besser bekannt gemacht haben
würden,' als jene Bande gesetzloser Räuber, die in Wirklichkeit
kein anderes Interesse an demselben nahm, als inwieweit
es ihre Beutegier befriedigte. Aber diese armen Eingeborenen
hatten weder Macht noch Ansehen*, und wir hatten
uns überzeugt, dass da, wohin die Araber uns nicht geleiten
könnten, der Schutz dieser Leute sicherlich nichts vermöge.
Wir fühlten aber die gedrückte Lage dieser Kanembü völlig;
denn ungeachtet ihrer Verbindung mit den Arabern wurden
sie von denselben mit schnöder Verachtung behandelt
und die stolzen Söhne des Nordens vergassen nie, ihrem
tiefen Hohne Ausdruck zu geben, so oft sie von den verfluchten
(„am bü”) Keräda sprachen; denn den Namen Ke-
räda legen sie den Fugäbü bei*). Es ist nur zu natürlich,
.*) Ich muss hier bemerken, dass sich gerade beim Stamme der Fugäbü eine
interessante Vermischung des Kanöri- mit dem Teda-Stamme zeigt. In gewisser
Hinsicht scheinen sie eine Art von Mittelglied zwischen diesen beiden nahe
verwandten Nationalitäten zu bilden. ■
dass der Verkehr dieser beiden verschiedenen Stämme weder
in n ig noch aufrichtig sein kann, und die Landeseingeborenen
warteten nur den Tag ihrer Eache ab — und der wurde
ihnen gerade im Augenblicke zu Theil, als ich im Sommer
1855 das Land, verliess.
Wir wurden endlich aus unserer behaglichen Euhe und unseren
geistigen und materiellen Genüssen, die uns unsere eingeborenen
Känem-Freunde boten, durch ein Gewitter aufgeschreckt,
das sich über unseren Häuptern gesammelt hatte
und nun auf uns herabzustürzen drohte, und wir eilten
von diesem hohen, die ganze Umgegend beherrschenden
Puukte fort, die tiefe Schlucht nach Norden umgehend,
nach unseren Zelten zu; aber es fiel nur wenig Eegen. Am
Abend stellten sich zwei Schüa vom Stamme der Beni Hassan
ein, und da sie von den Dörfern der Worhda kamen
und für Spione angesehn werden konnten, oder da man wenigstens
befürchtete, sie würden nach ihrer Eückkehr den
Anmarsch der Araber verrathen, so wurden sie in Fesseln
gelegt.
[Sonntag, 12*m Oktober.] Wir machten einen kurzen Marsch
nach einem anderen Brunnen. Auch er liegt in einem tiefen
Kessel von bedeutendem Umfang, der für den vortrefflichsten
Anbau eine sehr geeignete Stätte darbieten würde und in
Wirklichkeit einst dargeboten hat, der aber gegenwärtig von
üppigst wuchernder wilder Pflanzenfülle gänzlich durchwachsen
und rein unpassirbar geworden ist, so dass wir nur mit
grösser Mühe mit den ersten Beitem zum Brunnen vordrangen.
Das Wasser war sehr schlecht und überaus ungesund, voE
von Schwefelgas. Niemand hatte eine geraume Zeit den
Brunnen benutzt, die Araber seit wenigstens 7 Jahren nicht
an diesem Platze gelagert. Daher schrieb sich die reiche
Fülle des ausgezeichnetsten Kameelfutters; aber die Gefahr
vor wilden Thieren war natürlich in gleichem Grade gross.
Der Boden war voll von Elephantenkoth und wilde Tauben