stand, die sich über unsere Unfähigkeit, den Fluss zu pas-
siren, lustig machten und offenbar bereit waren, jeden sich
Hinüberwagenden gastfreundschaftlich zu empfangen. Es
wäre natürlich ein Leichtes gewesen', diese Leute wegzublasen
und so die Landung frei zu halten; aber ich sah nicht
einen einzigen Kanöri, sondern nur Schüa, die sich stets am
weitesten wagen, auf der Insel. Jedoch auch sonst waren
die Kerdi nicht ganz unthätig, diese Passage, welche allein
ihre geflüchteten Familien drüben schützte, zu vertheidigen;
es fuhren nämlich etwas oberhalb im Flusse vier Kähne auf
und ab, — drei davon mit je vier, das vierte, grössere aber
mit zehn kräftigen Gestalten bemannt.
Natürlich kann in einem so zerrissenen Lande wie dieses,
wo jede kleine Gemeinde einen eigenen, schroff gegen die
Nachbarn abgegrenzten Staat bildet —, wie im alten Latium
und in Hellas — kein grösser Flussverkehr sein, und diese
vier Kähne bildeten wahrscheinlich die ganze Schiflfsmacht,
welche den Anwohnern des Flusses hier zu Gebote stand. Ug
Das unermessliche Feld, welches die Natur in diesen so
fruchtbaren und von schiffbaren Strömen durchzogenen Läm
dern Central-Afrika’s für die menschliche Thätigkeit und
Industrie eröffnet hat, muss bei solchen Lebensverhältnissen
brach liegen; aber es wird ausgebeutet werden, sobald der
rastlos vorwärts strebende Sinn des Europäers auch diese
Länder in sein Gebiet zieht, ■— und das kann nicht ausblei-
ben. In der That, ich bin davon überzeugt, dass in 50 Jahren
Europäische Fahrzeuge vom Busen von Biafra aus regelmässigen
alljährlichen Verkehr mit dem grossen Becken des
Tsäd unterhalten werden.
Eine fast ununterbrochene Verbindung ist von der Natur
selbst angelegt (von der Mündung des sogenannten Niger an
bis zur Einmündung des mäyo Kebbi), und diese Strecke ist
für Boote von nicht mehr als etwa 3 Fuss Tiefe ohne weitere
Vorkehrung schiffbar; aber der mäyo Kebbi scheint in
seinem gegenwärtigen, sich weit auf flachem Grasboden ausbreitenden
Bette, nur für ganz flache Kähne, wie die der
Eingeborenen, fahrbar. Diese können nun beim höchsten
Wasserstande unzweifelhaft bis Daüa (im Tüburi - Gebiete)
hinauffahren, wo Herr Dr. Vogel jenes sich seeartig erweiternde
grosse Becken besucht hat, das ihm ein selbstständiger
centraler See zu sein schien. Wenn von hier aus nicht
wirklich eine Bifurkation mit dem Serbewel oder oberen
Flusse von Logone existirt, nämlich vermittelst des grossen,
breiten Ngäldjam von Demmo was sehr wahrscheinlich
ist*) —, so beträgt doch die Wasserscheide höchstens
20 See- oder 5 Deutsche geographische Meilen, und
zwar ganz flachen Landes, während wohl ohne Zweifel das
sich an die Granithöhe von Tüburi anschliessende Felslager
ganz umgangen werden kann. Das Niveau des Tsäd scheint
ganz dasselbe zu sein, wie das des oberen Benue zwischen
dem Taepe (der Verbindung mit dem Färo) und Gewe oder
der Einmündung des mäyo Kebbi; wenigstens erhebt sich
der Benue an der erwähnten Stelle allem Anschein nach
nicht mehr als 850 - - 900 Fuss über den Meeresspiegel.
Dieser flache Arm muss also fast ebensoviel Gefälle haben,
als der Fluss von Logone von Wülia an bis in den Tsäd.
Diese reiche Ausstattung der Natur wird, wie ich hoffe, eines
Tages ausgebeutet werden, obgleich hier alle Verhältnisse
erst eine Grundumwälzung erfahren müssen, bevor ein regelmässiger
friedlicher Verkehr eingeleitet werden kann.
Jedoch ich habe fast vergessen, den Ort anzugeben, wo ich
*) Herr Dr. A. Petermann hat mich in seiner klaren Anschauung für geographische
Verhältnisse darauf aufmerksam gemacht, dass die grössere 'Wassermenge,
welche ich im östlichen Theile des Ngäldjam fand, wo ich es am
5ton Januar (auf dem Hinwege des Zuges) passirte, dafür zu sprechen scheine,
dass es sich in dieser Richtung absenke und also mit dem Tiibun-Wasser
in Verbindung stehe. Beweisend is t aber dieser Grund bei der Natur jener
Wiesenwasser allerdings nicht.