kunst wohlbewanderte Aäischa, und er wiederholte mir mit
verliebtem Lächeln, dass er sie sehr lieb habe und „sie ihn
auch”, dies sei doch das Schönste auf Erden. So sentimen-
tal war diese dicke, nichts weniger als liebenswürdige Fleischmasse,
und ich war froh, als er sich entfernt hatte.
Wir näherten uns jetzt feindlichem Lande, und am Abend
erscholl das „gangema” durch das Lager: die Kameele, deren
Tross bisher die Reiterei sehr gehemmt hatte, sollten sich
erst nach dem Aufbruch der letzteren in Bewegung setzen.
Später hatten wir noch eine belebte Unterhaltung beim Vezier
über die ersten Anfänge des Scheich Mohammed el Känemi,
welche ich oben bei der Geschichte Bornu’s benutzt habe.
Sögoma ist in dieser Richtung die letzte Stadt auf Börnu-
Gebiet, und wir lagerten uns am folgenden Tage in einem
Distrikte Namens Mä-ssa, nahe bei einem dicht mit Wasserpflanzen.
—- namentlich der Pistia stratiotes — angefüllten
Sumpfwasser, bei dem in einiger Entfernung mehrere Schüa-
Weiler umherlagen. Auf dem Wege passirten wir etwas
Baumwollenbau und Stoppelfelder. Hier (in Mä-ssa) wird
hauptsächlich „ssäbade” (Sorghum saccharaturn) *) gebaut,
das süsse Indische Korn, von dem mir schon in Diköa mein
Freund Malä Ibräm ein grosses Bündel zugeschickt hatte;
einige von diesen Rohrhalmen waren 14 Fuss lang, was mich
damals in Erstaunen setzte, mir aber hernach im Vergleich
zu dem baumhohen Rohr, das ich in den Thälern von Kebbi
antraf, gering erschien. Auch diesen Abend traktirte uns
der Vezier mit dem Marke solchen Rohres, das in schnee-
weissen Stangen von etwa 8 Zoll Länge sauber auf einem
Strohteller präsentirt wurde. Das Gespräch kam auf diese
Weise natürlich auch auf die Gewinnung des Zuckers, eines
Artikels, welcher den Grossen dieser Länder als eines der
*) Dies ist das „takanta” der Haussaua, welches gewöhnlich für Zuckerrohr
genommen wird.
edelsten Erzeugnisse Christlicher Industrie erscheint, — bis
sie erfahren, auf wie unheilige Weise er gereinigt wird, worauf
sie dann in die missliche Alternative gerathen, ob sie diesem
Genüsse entsagen oder sich über die Skrupel ihres
Glaubens hinwegsetzen sollen.
Das „ssäbade” würde jedenfalls einen reichen Ertrag an
Zucker liefern; wir haben aber gesehn, dass in einigen Gegenden
des Sudans Zuckerrohr wild wächst, uud werden bei
Sokoto eine kleine Zuckerplantage nebst Raffinerie finden,
betrieben von einem Pullo, der 25 Jahre in Brasilianischer
Sklaverei gelebt hat.
Unsere Unterhaltung in diesen Afrikanischen Soireen beim
Vezier ward zuweilen so gelehrt, dass selbst Ptolemäus mit
seinem „Mandaros oros"'f, herbeigezogen wurde. (Es ist für
den Archäologen, welcher alte und neue Namen so gern mit
einander in Verbindung bringt, sehr Schade, dass dieser Berg,
anstatt mit dem „Mändara” genannten Wändala-Ländchen zusammenzufallen,
fern am Atlantischen Ocean seine wirkliche
Lage hat.) Unser Wirth fand grosses Vergnügen an jeder
Art Belehrung, nur fehlte ihm leider die männliche Energie;
etwas auszuführen.
[Montag, 8‘en Dezemberjff Wehe den Gegenden — selbst
in Freundesland —, durch welche hier ein Heereszug seinen
Weg nimmt! Wir passirten heute einige ausgedehnte Getreidefelder
, die in voller Pracht standen; aber ihre reichsten
Ähren fielen trotz alles Schreiens der auf hohen Gerüsten
sitzenden Sklaven den hungrigen Reitern zu ihrem
und ihrer Thiere Unterhalt anheim. Diese Gerüste heissen
hier „gorgo”, und anstatt dass ■- wie ich das schon anderswo
beschrieben habe — die an denselben befestigten
Stricke blos mit einem vegetabilischen Stoffe bestrichen sind,
was verursacht, dass sie, in Bewegung gesetzt, einen die
Vögel verscheuchenden Schall hervorbringen, sind hier hohle
Gefässe Esj :,,käre” — daran befestigt.