Fügo 'Ali ein Geschenk, damit er ihn sorgfältig pflege, ordnete
das sonst noch Erforderliche an und kehrte alsdann
nach der Stadt zurück, um meine Depeschen zu schliessen;
aber noch am selbigen Abend kam einer von den Dienern,
die ich bei Herrn Dr. Overweg zurückgelassen batte, mit der
Nachricht zu mir, dass es viel schlimmer mit dem Kranken
gehe und dass sie nicht ein einziges Wort von ihm verstehen
könnten.
Ich stieg alsbald zu Pferde und fand, in Mäduäri angekommen,
meinen Genossen im beklagenswerthesten Zustande
im Hofraume liegen, da er sich hartnäckig geweigert batte,
in der Hütte zu schlafen. Er war in kaltem Schweisse
gebadet und hatte alle Decken von sich geworfen. Er erkannte
mich nicht und wollte weder mir1, noch sonst Jemand
gestatten, ihn zuzudecken. Sobald Delirium eintrat, murmelte
er fortwährend ganz unverständliche Worte, in welchen
ein Gewirre von allen Begebenheiten seines Lebens enthalten
zu sein schien, sprang wiederholt rasend von seinem Lager
auf und rannte mit solcher Wuth gegen die Bäume
und das Feuer, dass vier Männer ihn kaum zurückzuhalten
vermochten.
Gegen Morgen wurde er endlich ruhiger und hielt sich
still auf seinem Lager, ohne dass ich bemerkte, wie seine
Kraft schon ganz gebrochen sei. In der Hoffnung, er habe
die Krisis überstanden, glaubte ich, nach der Stadt zurückkehren
zu können. Ich fragte ihn, ob er etwas Besonderes
wünsche, und er deutete an, er habe mir etwas zu sagen; es
war mir aber unmöglich, ihn zu verstehen. Aus dem, was
sich bald ereignete, kann ich nur den Schluss ziehen, er habe
mb- im Bewusstsein des nahen Todes seine Familie empfehlen
wollen.
Am Sonntag Morgen sehr früh kam Herrn Dr. Overweg’s
erster Diener mit der Nachricht zu mir, dass der Zustand
meines Freundes höchst bedenklich sei und dass er nicht ein
Wort mehr gesprochen, seitdem ich ihn verlassen habe, sondern
regungslos daliege. Ich ritt unverzüglich nach Mäduäri“
aber ehe ich noch das Dorf erreichte, kam mir ein Bruder
Fügo 'Ali’s entgegen und erklärte mir mit Thränen in den
Augen, unser Freund sei verschieden. Mit Tagesanbruch, während
einige Regentropfen fielen, hatte sich sein Geist nach
kurzem Kampfe vom Körper gelöst.
Am Nachmittag legte ich ihn in sein Grab; es war im
Schatten eines schönen Hadjilidj gegraben und gegen Raub-
thiere wohlgeschützt. So starb mein einziger Freund und
Gefährte im 30ten Jahre seines Lebens, in der Blüthe der
Jugend. Es war ihm nicht beschieden, seine Reisen zu vollenden
und glücklich heimzukehren; aber er fand einen höchst
ehrenvollen Tod im Dienste der Wissenschaft. Es ist in der
That ein bemerkenswerther Umstand, dass er seine Grabstelle
selbst bestimmte, genau am Rande jenes See’s, durch
dessen Beschiffung er seinem Namen ewige Berühmtheit verschafft
hat. Sicher war es ein Vorgefühl des herannahenden
Todes, dass ihn die unwiderstehliche Sehnsucht nach dieser
Stelle erfasste, wo er dicht an der Seite des Bootes starb,
in dem er seine Reise gemacht hatte. Viele Einwohner des
Dorfes, denen er während seines wiederholten hiesigen Aufenthaltes
wohlbekannt geworden war, beklagten bitter seinen
Tod, und sie werden gewiss des „Tabib” , wie er genannt
wurde, noch lange gedenken.
Tief erschüttert und voll von trüben Betrachtungen über
meine verlassene Lage kehrte ich am Abend nach der Stadt
zurück; aber unsere Wohnung, welche mein Gefährte während
meines Aufenthaltes in Baghirmi bedeutend verbessert
und durch Übertünchen mit Gyps, von dem er im
Hofraume eine Schicht vorgefunden, verschönert hatte, erschien
mir jetzt gänzlich verödet und überaus trübselig. War
es nun gleich ursprünglich mein Vorhaben gewesen, noch
einen Versuch zu machen, nach dem Ostufer des Tsäd vor-
Burth’s R eisen, m . 5 4