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490 Anhang VI.
geben worden, um so weniger hinzuzufügen habe, als jene Entwickelung
offenbar den Hauptgegenstand der Untersuchungen
dieses Gelehrten bildete, muss ich die Irrthümer berichtigen,
welche in den Angaben desselben über den Tod jenes Königs
und die Regierung seines Nachfolgers enthalten sind. 'Abd
el ICerlm Ssabün starb im 10ten Jahre seiner Regierung, das
bestimmt in das Jahr 1815 fällt, in einem Orte nahe bei
Wära, Namens Djiinne, wo er ein Heer gesammelt hatte,
um, wie mich wohlunterrichtete Personen versichert haben,
gegen den Herrscher von Bornu oder vielmehr den Scheich
Mohammed el Känemi einen Krieg zu beginnen. Denn der
Letztere, begierig, die Landschaft Känem, die ihn adoptirt
hatte, wieder zu ihrem früheren Glanz zu erheben, wünschte
dringend, jenes Land, den Kern des Bornu-Reiches, wieder
aus den Händen 'Abd el Kerlm’s zu befreien.
Ssabün starb so plötzlich, dass er ausser Stande war, seinen
Nachfolger zu ernennen; aber Jeder, den ich über diesen
Punkt befragt habe, hat mich versichert, dass an Vergiftung
nicht zu denken gewesen sei. Ausserdem sind andere mit
jenem Ereigniss verknüpfte Umstände keineswegs der Art, wie
sie von Herrn Fresnel dargestellt sind. So zum Beispiel hatte
Ssabün gar keinen Sohn Namens Ssekssän. Er hinterliess
nämlich sechs Söhne, deren ältester, Namens Ä-ssed, von
einer Mutter aus dem Stamme der Kondongö geboren war,
während Yüssuf, der zweite, und noch drei andere Söhne 'Abd
el Kerim’s von einer und derselben Mutter geboren waren,
die zum Stamme der Mädaba gehörte. Was die Mutter Djä-
far’s betrifft, jenes jungen Wädäi-Prinzen, der durch seinen
langen Aufenthalt in Tripoli und zahlreiche interessante Abenteuer
in Europa und besonders in England *) nicht ganz unbekannt
ist, so gehörte sie einem anderen Stamme an.
*) S. Herrn Konsul Barker’s oder vielmehr Lieutenant (jetzt Bear-Admiral)
Sir Henry Smyth’s /Story o f J a f a r im United Service Journal, 1830.
Abriss der Geschiohte von Wdddi. 491
Als daher Ssabün gestorben war, ohne einen Nachfolger ernannt
zu haben, erhoben sich die Parteigänger des Stammes
der Mädaba gegen die Kondongö oder die Partei A'-ssed’s, und
nachdem es ihnen gelungen war, ihre Gegner zu besiegen und
A-ssed zu tödten, setzten sie Yüssuf auf den Thron. Dieser
Prinz, dem zuweilen der Beiname Charifain gegeben wird,
ohne dass derselbe jedoch allgemein im Lande bekannt war,
regierte zuerst unter der Vormundschaft seines Onkels Abu
Rokkhlye, dann, nachdem er sowohl seinen Onkel, wie den
gleichfalls mächtigen Agld der Mähamld, Namens Dommo,
getödtet, 16 Jahre lang in der tyrannischsten Weise über
Wädäl, bis er im Anfänge des Jahres 1830 auf den Antrieb
seiner Mutter Ssimbil getödtet wurde. Niemals hat über Wädäi
ein König Namens 'Abd el Kader geherrscht, und Major
Denham hatte vollkommen Recht, wenn er im Jahre 1823
den damals regierenden Fürsten jenes Landes den unmittelbaren
Nachfolger Ssabün’s nannte.
Dem Yüssuf folgte sein Sohn Räkeb, der noch im Kindesalter
stand und schon nach 17 oder 18 Monaten an den Pocken
starb, worauf ein Mann, der zu einem Zweige der königlichen
Familie gehörte, Namens Abd el 'Asis, ein Sohn Rädama’s,
dessen Vater Gändigin ein jüngerer Sohn Djöda Mohammed
Ssuläi’s war, während seine Mutter gleichfalls zum königlichen
Stammbaume gehörte, den Thron bestieg. Unterstützt
von dem kriegerischen Stamme der Ivodoi(oderBü-Ssenün, wie
sie ihrer rotheu Zähne halber von den Arabern genannt werden),
unter dem er seinen Aufenthalt gewählt, gelang es ihm
auch, seine Stellung während eines fast ununterbrochenen
Kampfes mit seinen Gegnern zu behaupten. Der erste Zusam-
menstoss, den er zu bestehen hatte, war gegen die Kelingen
gerichtet, die nicht etwaDjäfar, den rechtmässigen Thronerben,
begünstigten, sondern einen anderen Prätendenten Namens
Kede aufstellten; sie wurden jedoch bei einem Orte in der
Nachbarschaft von Wära, Namens Fdlkotö, gänzlich geschlagen.