Unsere Zelte waren jetzt so mitgenommen, dass sie während
der Mittagshitze nur höchst geringen Schutz darboten
und uns sehr unbequeme Stunden zubringen Hessen. Denn
mein grosses Zelt konnte ich, da es ein Kameel zum Transport
und mehrere Leute zum- Aufschlagen erforderte, in
meinen damaligen Verhältnissen nicht gebrauchen.
[Sonntag, 30ete» November.] Da ich am gestrigen Abend
ein schweisstreibendes Mittel eingenommen hatte, blieb ich
heute Morgen lange hinter der Truppe zurück, um erst die
Sonne aufgehen zu lassen. Es war weit erfreulicher, den
schönen Morgen in Ruhe gemessen zu können, obgleich das
Land Anfangs eine fast ununterbrochene nackte „firki”- Ebene
mit rauhem zerklüfteten Boden darstellte, die nur auf dem
schmalen Pfade ein leichtes Fortkommen bot. — Nahe vor dem
Dorfe Marte-ghanä — „Klein-Märte”.— stand der Holcus
noch auf den Feldern, die Ähren waren aber fast sämmt-
li°h V0D der Truppe abgepflückt; dann folgte „karäga” (unbebautes
,. mit Mimosen bewaldetes Land). Ich ruhte ein ‘
Stündchen unter einer Gruppe prächtiger, dichtkroniger Tamarinden
zur Seite des Weges (bei zwei kleinen, freundHch
gelegenen Dörfern, wo sich auch einige Abtheilungen des
Heeres gelagert hatten), um die Mittagshitze vorübergehn zu
lassen und etwas gastfreundliche Pflege zu finden, was im gros-
sen Lager nicht mögHch war; denn da gibt es kein Kommissariat
und Jeder sorgt für sich selbst, so gut er kann,
zum grossen Nachtheil der Landschaft, durch welche der
Marsch geht, — selbst im eigenen Lande.
Kurz vor 10 Uhr erreichten wir das Lager, welches auf der
Westseite der Stadt Alä, wo die Brunnen sind, aufgeschlagen
war, während die Nordseite von schönen Bäumen umgeben
ist. Alä ist eine nicht unansehnhche Stadt, von einer leid-
Hch erhaltenen Thonmauer umschlossen, mit je zwei Thoren
auf der Nord- und Westseite und je einem auf der Süd-
und Ostseite. Das Innere der Stadt ist von grossen Bäumen,'
meistens Tschedia’s (Resina elastioa) und Kürna’s, belebt,
während sich die Hütten durch hoch aufsteigende Dächer
auszeichnen, welche zuweilen von Rankengewächsen — der
Cucurbita lagenaria — hübsch umschlungen sind; Thonwohnungen
sieht man hier nur wenig.
Da mich der Scheich schon seit mehreren Tagen wiederholt
um meinen Kompass gebeten hatte, in der'Meinung, es wäre
ja genug, wenn nur Einer von uns beiden ein solches Instrument
besässe, sandte ich ihm meine Spieldose, an der er stets
grosses Vergnügen gefunden hatte, mit dem Bemerken zum
Geschenk, dass ich solche Gegenstände verschenken könnte,
aber keine Instrumente. — Von Lamlno erhielten wir heute
etwas gut zubereitetes Hasenfleisch , wie denn im Laufe des
Tages mehrere Hasen eingefangen worden waren.
[Montag, l sien: Dezember.] Bald nach unserem Auf brache
hatten wir ein kleines Dickicht zu passiren, und es entstand
hier wegen der Indisciplin des Heeres ein höchst unerfreuliches
Drängen und Stossen, wobei ein oder zwei Reiter
stark verletzt wurden. Sowohl bei solchen Gelegenheiten,
als auch in dichtem Walde sind die grossen Arabischen
Steigbügel von unschätzbarem Werthe, indem sie das ganze
Bein schützen und, geschickt damit manövrirt, jeden Zudring-
ling in ehrerbietiger , Entfernung halten. Mit Englischen
Steigbügeln — davon bin ich fest überzeugt --- würde ich
auf meinen Reisen um beide Beine gekommen sein.
Unser Weg führte dann wieder über einförmigen „firki” *)-
Boden und wir Hessen mehrere Felder mit Indischer Hirse
zur Seite, ■ welche recht schön standen. — Einzelne Dörfer
*) Es ist mir höchst wahrscheinlich, dass Kölle’s Bemerkung (S. 400. seines
Wörterbuches unter dem Worte „sangafaram” [d. i. „schingafaram”])'. über
einen Distrikt Pergi, dessen Hauptstadt Diköa sei, ein blosses Missverständniss
des allgemeinen Ausdruckes. „firki” ist. — Wenn ich dann und wann Einiges
an Kölle’s Arbeiten rüge, so geschieht es nur desshalb, weil sie'in ihren
Hauptzügen vortrefflich sind.
ßarth's Reisen. Ul. ■ 1 fi