ten müsste, dass er mir den Rückzug durch zu grosses
Anschwellen des Flusses abschnitte.
Der Bote entfernte sich dann mit meiner Antwort, kehrte
aber nach einer Weile mit folgendem Endbescheid , des
Statthalters zurück: es wäre seine eigene Meinung, dass
kein menschliches Wesen im Stande sei, Regen zu verhüten,
aber wir Alle wären Diener des Allmächtigen, und
wie sie ihre Gebete um Regen an ihn richteten, so solle
auch ich mein Gebet zu dem ihrigen gesellen; dann solle
es mir auch gestattet sein, sie zu rechter Zeit in Sicherheit
zu verlassen; im Gegentheil aber, wenn ich gegen sie
übel gesinnt wäre, würde er mir gleichfalls übel begegnen.
Dabei liess er mich, um mich einzuschüchtern, davon in Kennt-
niss setzen, dass sie aus einem ähnlichen Grunde einst zwei
bedeutende Religionshäupter von Bidderl getödtet hätten.
Von der Art war der Charakter der Leute, mit denen ich
zu thun hatte, ungeachtet sie sich als aufgeklärte Mohammedaner
ansahen. Um mir einen Beweis seiner wohlwollenden
Gesinnung zu geben, oder höchst wahrscheinlich, um sich zu
überzeugen, ob nicht die mir bereitete gute Bewirthung
einigen Einfluss auf die Menge des Regenfalles haben möge
(da er mich für einen Elfenkönig aus höheren Regionen zu
halten, schien), sandte mir der Statthalter am Abend eine
Schüssel voll vortrefflichen Puddings, reich mit Butter übergossen,
und einen kleinen Topf Hirsengrütze — „medlde” —,
mit der Frucht der Dümpalme gewürzt. Ja, er versprach mir
selbst Korn für mein Pferd; da ich ihm. jedoch keinen Regen
zum Entgelt schickte, wie er erwartet zu haben schien, erstreckte
sich seine Gastfreundschaft nicht weiter.
Es war meine Gewohnheit gewesen,' wenn sich ein Gewitter
sammelte, auszusehn, um mich zu überzeugen, von welcher
Seite es käme, da dies in diesen tropischen Gegenden eine
Frage von nicht geringem Interesse ist; aber der absurde
Aberglaube dieser Leute beunruhigte mich so, dass ich kaum
diese Gewohnheit fortzusetzen wagte. In Bezug auf den
Aberglauben der Eingeborenen muss, ich hier eines Falles
Erwähnung thun, der meinem Freunde Ssämbo begegnete.
Während ich eines Tages mit ihm in ernsthaftem Gespräch
über die zahlreichen Sekten des Isslam begriffen war, ward
unsere Unterhaltung plötzlich durch das Erscheinen einer
der Töchter des Sultans unterbrochen, die ohne Weiteres in
die Hütte trat und meinen Freund in den beleidigendsten Ausdrücken
beschuldigte, ihr durch seine Zauberkraft einen ihrer
Sklaven entwendet zu haben. Wunderbarer jedoch als solches
Betragen von Seiten der Eingeborenen war es, dass
ein Mann von so gewaltigem Wissen wie Ssämbo überhaupt
inmitten solcher Barbaren, wie diese waren, leben
konnte, ohne fortwährend der Hexerei oder Zauberei verdächtigt
zu werden.
Ich werde nie den Tag vergessen, wo ich einst meinen
Freund besuchen wollte und den unglücklichen, alten, blinden
Mann in seinem Hofraume vor der Thür der kleinen
Rohrhütte, wo er gewöhnlich den Tag zuzubringen pflegte,
inmitten eines Haufens von Handschriften sitzend fand, an
denen er sich jetzt nur noch wie Polyphem an seinen Schaafen
durch Betasten ihrer ledernen Umschläge erfreuen konnte.
Unwillkürlich ward ich an einen Ausspruch des um die
Kenntniss des nordwestlichen Theiles von Afrika hochverdienten,
aber sonst keineswegs seiner Arabischen Kenntnisse
halber preiswürdigen Jackson erinnert, worin er sagt, dass
die Zeit kommen möchte, wo die Texte der Klassiker mit
Hilfe von Handschriften aus dem Inneren des Sudan verbessert
werden würden.
Diese Erfahrungen in Bezug auf den Charakter der Eingeborenen
machten mich noch vorsichtiger, als ich von Anfang
an gewesen war, sobald ich ihre Schwächen erkannt
hatte, und da ich hörte, dass das Vorrecht des Gebrauches
eines Teppichs auf gewisse Beamte beschränkt sei, schaffte ich