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70 III. Kapitel.
meiner geschwächten Körperkräfte hauptsächlich dieser Kost
zu. Die Töchter der Bern Hassan brachten zwar imr
mer einige Milch in s Lager, dieselbe war aber gewöhnlich
in einem widerlichen Übergangszustande vom Süss
zum Sauer und die Gefässe (die aus Palmblättern verfertigten
Köriö’s) pflegten, da sie nie ausgewaschen wurden, einen
höchst Übeln Geruch zu haben, welcher sich der Milch mit-
theilte.
Da der abtrünnige Jude Abd Allah (el; Mussulmäni) bei
allen unseren Geschäften mit dem Häuptlinge den Vermittler
spielte, so machte ich ihm heute eine rothe Leibbinde zum
Geschenk und hielt ihn auch. fortan durch gelegentliche
kleine Gaben bei guter Laune. Dieser Mann war ein wunderliches
Exemplar eines Jüdischen Abenteurers. Er war
aus Tripoli gebürtig, hatte aber wegen eines von ihm verübten
Mordes aus seiner Heimath fliehen müssen. Er flüchtete
sich zum Stamme der Ueläd Slimän, wo er seinen Jüdischen
Glauben mit dem Mohammedanischen vertauschte .
und Schutz fand. Nachdem er sich als Silberschmied ein
ziemliches Vermögen erworben hatte, beraubten ihn seine
neuen Gefährten :— diese Araber wohnten damals im Tebu-
Lande —. seiner Schätze. Hierauf trennte er sich eine Zeit
lang von ihnen und machte in Gesellschaft von zwei anderen
abtrünnigen Juden, Namens Mü-ssa und Ibrahim, eine Reise
in den mittleren Sudan, — ein denkwürdiges Ereigniss, denn
sie waren die Ersten ihres Volkes, welche jene Strasse zogen.
Als er dann von dem Wohlergehen der Ueläd Slimän
in Känem hörte, verband er sich abermals mit denselben
und ward Freibeuter. Er war ein' sehr guter Reiter, seine
Reitkunst ersetzte jedoch nur wenig den Mangel an Muth.
Trotzdem war er uns in vieler Hinsicht nützlich, obgleich
wir uns dabei in Acht nehmen mussten , dass uns die .Leute
mit diesem Jüdischen Abenteurer nicht in zu nahe Verbindung
brachten.
Der Te'bu-Häuptling Halluf.
Ich begann auch heute die Ausarbeitung meines kleinen Vokabulars
der Tebu-Sprache (oder vielmehr der „Modi Teda”),
und zwar für’s Erste der in Borgu heimischen Mundart; diese
letztere weicht sowohl von derjenigen, welche die Einwohner
Bilma’s reden, alsi auch von dem Idiom, welches in dem südlich
von Fesän gelegenen Striche gesprochen wird, beträchtlich
ab. Ich erkannte schon gleich damals die nahe Verwandtschaft
dieser Sprache mit dem Kanöri, während sie
kaum ein auch -nur äusserliches Verbindungsglied mit der
Berber-Sprache aufweist.
[Mittwoch, 8t<™ Oktober.] Das einzige bemerkenswerthe
Ereigniss des heutigen Tages bestand in der Ankunft Hal-
lüf’s, eines kriegerischen Tebu - Häuptlings, mit 17 Reitern
der Fugäbü Tebu, und ihr ritterlicher Aufritt vor das Zelt
des Scheichs Rhet machte ihrer Reitkunst alle Ehre. Hallüf,
ein' Mann von grossem Wüchse und gewaltiger Körperstärke
— wie man es selten bei diesen Leuten antrifft und in
diesen Gegenden wegen seiner Tapferkeit berühmt, war früher
ein entschiedener Feind Bornu’s gewesen, jetzt aber für
dessen Interessen gewonnen worden; er fürchtete sich jedoch
noch so sehr vor den Bornauem, dass er sich während der
Anwesenheit des Hadj Abbäss (des Veziers Abgeordneten)
den Ueläd Slimän nicht anschliessen mochte, kam aber nun,
sobald er von dessen Abreise gehört hatte. Er war eben
kein gewissenhafter Mann, wie ich bald erfuhr, als er
mit den Fugäbü uns einen Besuch machte und uns, sobald
er sich vorgestellt hatte, um Gift bat. Wir schlugen ihm
natürlich seine Bitte kurzweg ab. Er liess sich dann mit
seinen Gefährten ruhig nieder und fand grosses Vergnügen
an der Musik meiner Spieldose, welche ich wirklich nebst
der Uhr auf meiner ganzen Reise für das geeignetste Instrument
fand, um die Eingeborenen von der grossen Überlegenheit
des Europäischen Genie’s und der Kunstfertigkeit der
Europäer zu überzeugen. Diese Leute zeigten sich sehr em