ihn leicht ganz zersprengen. Aber die grosse Schwäche der
Müssgu-Stämme liegt in dem Umstande, dass sie keine Pfeile
haben, sondern nur mit Lanze und Handeisen kämpfen; sonst
würden sie sicherlich diese lästigen Nachbarn in ehrfurchtsvoller
Entfernung halten können. Welchen geringen Nutzen
die Letzteren aber aus dem Gebrauche der Feuerwaffe ziehen,
darüber hätte ich hinreichende Gelegenheit zu urthei-
len; denn mehrere Gewehrleute baten mich dringend um
Feuersteine, da sie die ihrigen entweder verloren, oder diese
sich nicht bewährt hatten.
Endlich setzte sich der ungeordnete Tross in Bewegung;
aber die Unschlüssigkeit und Furcht vor einigen etwa im
Dickicht versteckten Kerdi war so gross, dass wir wieder
umkehren mussten, nachdem wir schon eine gute Strecke
vorwärts gegangen, weil der Haupttross zurückgeblieben war.
Indem wir dann einer westlicheren Richtung folgten., erreichten
wir durch dichte Waldung ein grosses sumpfartiges
Wiesenwasser mit unterbrochenen Wasserflächen, wohl
1 volle Meile breit und mit hohem Sumpfgrase bedeckt. Hier
erblickte ich zu meiner grossen Freude einen beträchtlichen
Theil der Reiterei, in langen Reihen ihre Pferde tränkend,
und erfuhr zu meiner Beruhigung, dass das Lager in der
Nähe sei; denn mit dem ungeordneten Tross, in dessen Gesellschaft
ich soeben gezogen war, hätte ich keinem Angriff
ausgesetzt zu sein gewünscht.
Ich tränkte daher mein Pferd am Rande des grossen Sumpfwiesenwassers
und folgte dann vergnügt dem dumpfen Schalle
der grossen Trommel des Veziers. Den Lagerplatz fand ich
nur wenige Minuten östlich vom Rande dieses grünen „ngäl-
djam” auf reichen, von schönen grossen Bäumen beschatteten
Stoppelfeldern. Hier fand ich Herrn Dr. Overweg, der sich
immer hart am Vezier gehalten!hatte, und wir setzten uns
in den Schatten eines Baumes, um die Ankunft unserer Ka-
meele abzuwarten, über die wir einige gegründete Besorgniss
hegten; denn die ersten Kameele waren ohne Gepäck beim
Lagerplatz angekommen, da sie bei der Flucht ihrer Führer
die Last abgeworfen hatten. Dieser Umstand war aber dem
letzteren Theile des Trosses nur vortheilhaft, da der Vezier
in grösser Besorgniss nun zwei Kaschella’s mit ihren Schwadronen
ausschickte, um den Tross sicher einzübringen. So
kamen unsere Thiere glücklich herbei, obgleich sie wirklich
in Gefahr gewesen waren, von den Kerdi, die sich hinter dem
Rücken des eigentlichen Heeres wieder gesammelt hatten, angegriffen
zu werden. Es war gewiss ein unglaublicher Unverstand,
den Tross so ohne Schutz zu lassen.
Die Bornu-Kameele sind halbe Mehära, und während sie
die Kameele der Wüste an Stärke einigermassen übertreffen,
haben sie ein gutes Theil von deren Schnelligkeit. In der
That ist nicht allein das Kameel, welches die Kriegstrommel
trägt — und diesen Gebrauch werden wir selbst in Baghirmi
finden stets dicht hinter dem Heerführer, wie schnell dieser
auch immer vorwärts rücken mag, sondern auch seine übrigen
Kameele mit den Zelten, dem Proviant und den fürstlichen
Köchinnen sind gewöhnlich in nur geringer Entfernung, und
die besten Kameele der Kokanäua mit deren Sklavinnen oder
Kebsweibern halten sich hart hinterdrein.
Die Ortschaft, wo wir unser Lager aufgeschlagen hatten,
heisst Käkalä und ist eine der bedeutenderen im Müssgu-Lande.
Eine grosse Menge Sklaven war heute eingefangen worden
und noch am Abend ward nach einem Kampfe, in welchem
drei Bornu-Reiter fielen, eine bedeutende Anzahl eingebracht.
Im Ganzen sollten an diesem Tage 1000 Sklaven gefangen
worden sein, aber sicherlich belief sich die Beute nicht unter
500.. Die erwachsenen Männer, meist hochgewachsene Leute,
aber keineswegs mit sehr einnehmenden Zügen, wurden ohne
Schonung abgeschlachtet, oder man liess sie^sich vielmehr
verbluten, indem man ihnen ein Bein abhieb; i ihre Zahl belief
sich auf 170. Ihr Vorderkopf war, anstattfrückwärts ge