Als ich den Boten des Fürsten mittheilte, wie rücksichtslos
ich behandelt worden wäre, versicherten sie mich, dass
ihr Herr nichts davon gewusst; er habe, sobald er von meiner
Ankunft gehört, dem Statthalter den Befehl ertheilt, mir
eine milchende Kuh zu stellen. — Die Boten gingen dann
fort und kehrten mit einem Schaaf, etwas Butter und einem
grösseren Vorrath von Kreb (dem Samen der schon früher
besprochenen Poa) zurück.
Am folgenden Morgen stattete ich Maina meinen Besuch ah,
begleitet von meinem früheren, verlaufenen Führer Grema
Ahdü, der sich, nachdem er mich in Bakadä meinem eigenen
Geschick überlassen, dem Sultan auf seinem Feldzuge ange-,
schlossen hatte. Maina war sehr krank und das Zimmer,
wo er lag, so dunkel, dass es mir bei meiner Überzeugung
von dem ernsthaften Charakter seiner Krankheit einen
Vorwand gab, ihm die Verabreichung von Arznei zu verweb
gern, und dies war für mich ein sehr glücklicher Umstand,
da sonst sein Tod, der nach wenigen Tagen eintrat, von
diesen wild-fanatischen Leuten sicherlich nur mir und meinen
Arzneien zugeschrieben worden wäre.
Im Laufe desselben Abends erhielt ich die Nachricht von
der Ankunft, eines Boten von Kükaua mit Depeschen für
mich, da die Karawane von Fesän endlich; eingetroffen sei;
weil ich aber schon zu wiederholten Malen mit ähnlichen
Berichten getäuscht worden war, überliess ich mich nicht
eiteler Erwartung. So brach nach ,ruhig vollbrachter Nacht
der 6te Juli an, welcher Tag einer der glücklichsten meines
Lehens werden sollte; denn nachdem ich über ein Jahr ohne
Mittel irgend einer Art gewesen war und mit meinem Geschick
gekämpft hatte, in dem Bestreben, vor meiner Heimkehr
noch so viel wie möglich zu thun, — sah ich mich plötzlich
beauftragt, die Zwecke dieser Unternehmung in grösserem
Maassstahe auszuführen, und fand hinreichende Mittel
mir zu. Gebote gestellt, um dieselben zu erreichen.
Der Bote verstand sich jedoch sehr gut auf seine Sache;
denn er brachte mir, obgleich er zwei grosse Briefpackete
für mich hatte 4- eines mit Depeschen vom Auswärtigen
Ministerium der Englischen Regierung und ein anderes mit
einer grossen Anzahl von Privathriefen —, hlos das erStere,
welches in Kükaua sehr sorgsam in einen langen Streifen
feiner Baumwolle — „gabagä” — gepackt und noch in ro-
thes und gelbes Leder eingenäht worden war, ohne auch
nur mit einem einzigen Worte des zweiten Packetes Erwähnung
zu thun. Erst nachdem ich mit Müsse die Depeschen,
welche mich mit dem Vertrauen der Englischen Regierung
beehrten; gelesen und seinen Eifer mit einem neuen Hemde
belohnt hatte, ging er schweigend fort, kehrte aber bald mit
dem zweiten Briefpacket und einem anderen, das 10 Türkedl’s
enthielt, zurück. Diese Türkedl’s, einheimisches Baumwollen-
fabrikat vonKanö, wurden mir auf Herrn Dr. Overweg’s Verlangen
vom Vezier von Bomu zur Unterstützung gesandt und
ich machte sogleich drei davon dem Boten und seinen beiden
Gefährten zum Geschenk.
Die Menge von Privatbriefen, aus England sowohl, wie aus
Deutschland, war sehr bedeutend; insgesammt enthielten sie
die Anerkennung dessen, was ich gethan hatte, — die grösste
Belohnung, welche ein Reisender in diesen Gegenden jemals
begehren kann. Vor Allem machte die lebendige Theilnahme,
welche die Königsberger Geographische Gesellschaft an unserem
Unternehmen genommen hatte, den erhebendsten Eindruck
auf mich und versetzte mich plötzlich aus diesem
Lande der Sklaverei in die höchsten Sphären freien, idealen
Strebens. Gewiss war aber auch die Verantwortlichkeit, welche
mir auf diese Weise aufgebürdet war, sehr gross* und der
Schluss-* zu dem ich durch lange Erfahrung gelangt war,
„dass ich nicht im Stande sein würde, die vielen übertriebenen
Erwartungen, welche von meinen zukünftigen Unternehmungen
gehegt wurden, zu erfüllen”, war drückend genug. In