84 IV. Kapitel.
barerweise habe ich seinen Namen nicht erfahren oder auch
vielleicht vergessen, ihn aufzunotiren.
Hier machte die Heerschaar während der Tageshitze Halt
und Alles lagerte sich in nachlässigen Gruppen, je nachdem
Interesse oder Anhänglichkeit die Leute zusammenführte, unter
den schönen Sserrächj und Kürna-Bäumen. Aber der
Platz war eben zu baumreich und zu dicht beschattet zu einem
nächtlichen Lager, sowohl der wilden Bestien halber, als
auch wegen der Gefahr eines plötzlichen feindlichen Überfalls.
Auch war bei aller Anmuth der Boden dieses schönen Thalgrundes
voller Skorpione und mein Leibwächter Bü-Sed ward
von einem älteren Vertreter dieses gefährlichen Geschlechtes
sehr ernsthaft gestochen.
Demgemäss ward, als der Dhohor vorüber war, Befehl zum
Auf bruch gegeben und wir erstiegen, indem wir uns im Thale
entlang hielten, dessen östlichen Abhang, hier einen ganz offenen,
von Bäumen fast entkleideten Platz zu unserem Lager
wählend. Die Araber brachten uns hier einen jungen Strauss,
den sie im Thale gefangen hatten, und wir führten eine lange
unerspriessliche Unterhaltung mit ihnen; denn es musste uns
natürlich daran gelegen sein, ihr Wohlwollen zu erhalten.
[Freitag, Ilten Oktober.] Zu sehr früher Stunde brachen
wir zu einem langen, mühevollen Tagesritt mit mehr südlicher
Sichtung auf. Ungeachtet aller Sorgfalt, die ich auf mein
Befinden wandte, und obgleich ich mich sehr in Acht nahm,
konnte ich mich doch nicht von meinem kränklichen Zustande
erholen und war für Strapazen überaus empfindlich.
Im Anfänge unseres heutigen Marsches war das Land ärmer
an Baumwuchs als gewöhnlich, aber es wurde bewaldeter,
nachdem wir das „Assfüra” genannte Thal passirt hatten.
Dieser Kessel, der nur geringe Ausdehnung hat und auf allen
Seiten von steilen Gehängen umschlossen ist, enthält eine
grosse Menge Brunnen ausgezeichneten Wassers; aber sein
Boden, der meist steinig ist, hat fast gar keinen PflanzenDas
Thal Scheldkko. 85
wuchs, hie und da eine Gruppe Düm-Gestrüpp ausgenommen.
Da also hier der Aufenthalt keineswegs anziehend war, ritt
ich mit dem Mussulmäni etwas vorauf, aber ich fand bald,
dass er weit davon entfernt war, den Weg zu kennen, indem
er sich viel zu weit südlich hielt, wesshalb ich lieber zu den
Unserigen zurückkehrte. Es war, wie es schien, ursprünglich
die Absicht gewesen, von hier aus direkt in südöstlicher Richtung
vorzudringen; aus irgend einem mir unbekannten Grunde
jedoch hatte man diesen Plan aufgegeben, vielleicht, um die
Feinde irre zu machen, und die Richtung gänzlich verändert,
indem man nordöstlich marschirte.
Die Bildung der Oberfläche des Landes bietet hier eine
grössere Mannichfaltigkeit dar; anstatt einer ausgedehnten, ununterbrochenen
und gleichmässigen Fläche, wie im westlichen
Theile Känems, folgen sich hier Thal und Hügel in schneller
Abwechselung. Nachdem wir mehrere kleine Einsenkungen dieser
Art passirt hatten, erreichten wir ein beträchtlicheres Thal
Namens Djenä ü Schelükko. Hier zeigte sich Anbau von
Korn oder vielmehr Indischer Hirse, aber die Felder waren
von den Elephanten ganz und gar zerstört. Selbst auf der
Hochfläche *) war Korn gebaut worden, aber die Ernte war
wegen der Kargheit des Regens gänzlich fehlgeschlagen. Denn
Känem ist, wie schon Makrisi sehr richtig bemerkt hat, ein
sehr dürres Land, obwohl in alter Zeit eben des reicheren
Anbaues und der grösseren PflanzenfüUe halber auch der
Regenfall hier jedenfalls viel stärker gewesen sein muss, als
in gegenwärtiger Zeit. Gewiss konnte aber auch zur Blüthe-
zeit des Landes eine gelegentliche fürchterliche Hungersnoth
nicht ausbleiben. Keine Spur von menschlichen Wohnungen
war hier zu sehn.
Unsere Leute hatten es sich eben in diesem schönen Thale
*) Im Englischen Original (Bd. H I. p. 90) hat sich hier ein Schreib- oder
Druckfehler eingeschliohen; statt „ a t the fo o t o f the slope" muss es nämlich
heissen: „on the higher leveC\