einem Theile der Kanembü- Schildträger auf, unter Leitung
unseres neuen Freundes und Bundesgenossen, des Herrn von
Demmo, der sich in seiner schwarzen Tobe noch überaus linkisch
und sonderbar auf seinem kleinen Gaule benahm. Da
sich die Nachricht von dem Heereszuge nun einmal weithin
verbreitet hatte, mussten alle Eingeborenen fern und nah auf
ihrer Hut sein. So war es nur zu natürlich, dass die erste
Ortschaft, die wir nach einstündigem Marsch durch lichtere
Waldung erreichten, völlig verlassen war. Die Landschaft war
überaus lieblich, reich bewässert und schön mit Bäumen geschmückt.
Der Landbau wurde so sorgfältig betrieben, dass
selbst Dünger in regelmässigen Entfernungen auf die Felder
getragen war, — das erste Beispiel solcher Industrie, das ich
in ganz Central - Afrika sowohl bei Mohammedanern .als bei
Heiden gesehn. Diese ganze Landschaft bis Demmo heisst Wü-
lia, den besonderen Namen der Dorfschaft aber konnte ich
nicht erfahren. Die Einwohner hatten so viel Müsse zur
Flucht gehabt, dass das zum Raube Zurückgelassene überaus
wenig betrug, und wir setzten desshalb unseren Marsch
ohne Aufenthalt in nordöstlicher Richtung fort.
Wir passirten nach etwa 4 Meilen Weges ein anderes, nur
10 —15 Zoll tiefes Wiesenwasser, gegenwärtig von weitem
Grasland umgeben, das einen Theil des Jahres hindurch unter
Wasser steht und dann den Anblick eines ausgedehnten
See’s gewähren muss. Überall umher war dieses frische grüne
Becken mit üppigen EYcas-Bäumen und „karäge” besetzt und
einzelne schlanke Dümpalmen ragten malerisch aus dem grünen
Laube hervor; nach Delebpalmen aber sah man sich vergeblich
um.
Eine andere, jetzt gleichfalls von ihren unglücklichen Bewohnern
verlassene Dorfschaft folgte und dann wieder ein
offenes Wiesenland, durch das sich jetzt eine schmale Wasserrinne
von Südwest nach Nordost hindurchzog. Sie war etwa
100 Schritt breit und so überaus regelmässig zwischen ungefahr
10 Fuss hohen deichartigen Ufern eingeschlossen, dass sie
ganz das Aussehen eines künstlichen Kanales hatte, eine Ei-
genthümlichkeit, die ich später vielfach nicht allein hier, sondern
auch an den ähnlichen Gewässern am sogenannten Niger
bemerkte. An der Stelle, wo wir sie passirten, war die
eigentliche Wasserrinne ganz unterbrochen und wir schritten
trockenen Fusses hindurch; jedoch war dies wohl künstlich
von den verfolgten Eingeborenen bewerkstelligt, um eine
schnelle Verbindung mit dem Flusse, in dem sie allein ihre
Rettung sahen, offen zu halten. Ohne Aufenthalt zog daher
die Heerschaar weiter, in der Hoffnung, die Flüchtigen noch
einzuholen, ehe sie den Fluss passirt hätten. Denn hier waren
wir ganz nahe am Westufer des Flusses von Logön oder
Lögone, den des Landes Unkundige gewöhnlich Schäri nennen,
obgleich dieser Name, der ganz ausschliesslich der Sprache
von Kotokö angehört, doch nur dem östlichen grösseren Arm
und dann dem vereinigten Flusse unterhalb Küssuri zukommt.
Hier an dieser Stelle ward uns der Fluss, der im Allgemeinen
in der Müssgu-Sprache „arre” oder „ere” genannt wird,
mit dem besonderen Namen Serbewel bezeichnet, der gleichfalls
wohl sicher der Müssgu-Sprache angehört und eine eigen-
thümliche Bedeutung haben mag. Höher aufwärts, wo wir
seine Bekanntschaft im weiteren Verlaufe unserer Forschungen
machen werden, führt er die Namen Bä-Gun und Bä-Bei,
da „bä” der allgemeine Ausdruck für „Fluss” in der Sprache
von Baghirmi und der eingeborenen Stämme der Ssom-rei ist,
sowie dies Wort auch der Sprache der Manding oder Man-
dingo angehört.
Bald standen wir am Ufer des schönen Stromes, der selbst
jetzt noch ein ansehnlicher Fluss von etwa 600 Schritt Breite
und so tief war, dass ein Trupp von sechs Schüa, die sich in
ihrer unwiderstehlichen Beutegier hineingewagt hatten, vom
Strome fortgerissen und die Beute eines Dutzend muthiger
Eingeborenen wurde, die in zwei Booten lauernd auf und ab