ken. Es war ein schöner kühler Morgen. Wir kamen au
einer ausgedehnten Lache vorbei, wo sich grosse Schwärme
von allerlei \\ nssergeflügel aufhielten. Herr Dr. Overweg
machte auf seinem stattlichen und hohen, aber gar schwerfälligen
und ungelenken Rosse einen erfolglosen Versuch, ein
PaarKelära (AntilopeArabien? Aigocerus ellipsiprgmnusf)*)
zu erjagen, aber in muüiwilligen Sprüngen flohen sie durch
die herrliche Grasflur dahin. Um 9 Uhr erreichten wir den
wohlbekannten Ort Ngegimi und sahen uns sehr getäuscht,
blos ein armseliges offenes Dorf vorzufinden. Wirklich entbehrten
die vereinzelt gelegenen runden Hütten, aus denen es
bestand, selbst jenes geringen Grades von Wohnlichkeit und
Bequemlichkeit, der sich auch bei dieser leichten Bauart bis
zu einem gewissen Punkte erreichen lässt. Die hungrigen
Einwohner wollten für einige Hühner, die wir zu erhandeln
wünschten, durchaus nichts annehmen, als Getreide, dessen
wir in diesen öden Gegenden selbst zu sehr benöthigt waren,
als dass wir es für Dinge von nicht entsprechendem Werth
hingegeben hätten.
Die Lage von Ngegimi ist sehr ungünstig, da der Machthaber
von Bornu die Grenzen seiner tliatsächlichen Herrschaft
hinter den Koinädugu zurückgezogen hat, wesshalb die armen
Einwohner in fortwährender Furcht leben, von Raubzügen
der Tuareg heimgesucht zu werden. Zwei Jahre später wurde
dieses Dorf auch wirklich von den freibeuterischen Horden
ausgeplündert und einige Monate darauf sahen sich die wenigen
Einwohner, welche nicht in die Sklaverei geschleppt
worden waren, in Folge der hohen Überfluthung des Tsäd
genötliigt, ihren bisherigen Wohnplatz gänzlich zu verlassen
und ein neues Dorf am Abhang der Sandhügel zu bauen, wo
• ) Die Kelära i s t , glaube ich j e t i t , wohl gewiss identisoh mit dem 4 t-
gocerus ellipsipi-ymnm. Sie hat viel Ähnlichkeit mit der bei Anderson
(S. 448) abgcbildeten „ le ck i\
ich es Ende Mai 1855 antraf. Was die beiden vonDenliam
und Clapperton erwähnten Ortschaften Wüdi (einst ein grösser
Ort und gelegentlich Sitz der Bornu-Könige) und Läri
betrifft, so sind sie längst verlassen worden, indem Wüdi
1838 und Läri etwas später von den Tuareg eingenommen
und geplündert worden ist. Gegenwärtig bezeichnen nur einige
Dattelpalmen, deren Frucht die kleinen schwarzen Känem-
Datteln an Güte weit übertreffen soll, auf den Sandhügeln
ungefähr 12 Meilen südwestlich von Ngegimi die Lage des
einst berühmten Wüdi. Dennoch stand Ngegimi dermalen dem
Namen nach unter der Aufsicht des ICaschella Haiseu oder
Hassan.
Meinen Betrachtungen über das Geschick des einst mächtigen
Reiches Känem und den stetigen Vordrang der Berber-
Rasse in das Hera des Sudans nachhängend, sass ich theil-
nahmlos auf meinem Pferde, als wir diese unwohnliche Ortschaft
verliessen und über die völlig flache Ebene dahinzogen,
die früher ohne Zweifel Seeboden gewesen war und es
so bald wieder werden sollte. Sie war bald dürr und kahl,
bald wieder mit dichtem Pflanzenwuchs bedeckt. Zu unserer
Linken ward sie von einer Reihe Sandhügel umzogen, welche
die natürliche Abgrenzung des Seebeckens bildeten. Gegen Mittag
erreichten wir eine tiefe Bucht des See’s, welche in dieser
gegenwärtig so öden und leblosen Landschaft das frischeste
Grün verbreitete. Nachdem wir die Pferde zur Tränke
geführt und einen hinlänglichen Wasservorrath für die Nacht
eingenommen hatten, zogen wir durch die hier nicht über.
1500 Schritt breite Ebene und erstiegen dann einen breit
sich vorschiebenden Sporn der Sandhügelkette, wo wir unser
Lager aufschlugen.
Es war ein erfreulicher Lagerplatz, wo das Herz wohl im
Gefühl der Freiheit sich erheben mochte. Vor uns nach Südosten
hin erstreckte sich das Marschland des Flachsee’s — ein,
wenigstens seiner Bestimmung nach, unabsehbar weites Reis