dem Hadj 'Abbäss noch nicht überliefert worden war, als
sie die Flucht ergriff.
Es gab jedoch sonst noch gar mancherlei Zwist in dieser
kleinen Horde, und als der Beamte des Veziers seine Abreise
antrat, benutzte eine sehr grosse Anzahl Araber diese
Gelegenheit, sich nach Kükaua zu begeben, während [ nur
Wenige hatten mitgehn sollen. Wir selbst erlitten für unsere
Zwecke einen sehr ernstlichen Verlust durch die Abreise des
Scheich 'Omar, Rhet’s Oheim, der durch seine Erfahrung
und Kenntniss der Engländer, welche die seines jungen Neffen
bei weitem übertraf, für. uns sehr nützlich hätte werden
können. Er hätte uns jedenfalls mittheilen sollen, dass er
abzureisen beabsichtigte, da seine Annahme unseres Geschenkes
uns voraussetzen liess, dass er die Verpflichtung übernehme,
uns in unserem Plane nach Kräften zu unterstützen;
so fühlten wir uns nun bei unseren so beschränkten Mitteln
bitter getäuscht. Allein, waren auch unsere Aussichten nicht
eben viel versprechend, so wussten wdr doch jetzt, dass wir
wenigstens etwas weiter kommen würden, da der Aufbruch
des Lagers auf den nächsten Tag festgesetzt war.
[Sonntag, 5&a Oktober.] Nachdem die Kameele nebst
einer Bedeckung von Fussvolk am Morgen aufgebrochein
waren, ritten wir und die anderen Reiter zuvörderst aus, um
unsere Pferde am Brunnen zu tränken, den wir, weil er
von unseren Zelten etwas entfernt war, noch nicht besucht
hatten. Das Thal hatte den wild-üppigen Charakter, welcher
den Thalsenkungen Känems eigenthümlich ist; es übertraf
sogar die meisten an malerischer Wildheit, und ein fröstelnder
Luftzug kam uns aus dem für Sonnenstrahlen undurchdringlichen
Walde entgegen, welcher die Thalsohle in dichtester
Fülle bedeckte. Die Brunnen, deren mehrere waren, boten
ein lebhaftes und anziehendes Schauspiel dar, als die Reiter
in ihrem malerischen Anzuge, welcher aus der Landestracht
ihrer früheren Heimath und der ihrer gegenwärtigen Wohnsitze
bunt zusammengesetzt ist, diese Quellen umdrängten,
um ihre hageren, aber ausdauernden Gäule zu tränken.
Als wir dann nach unserem bisherigen Lagerplatze zurückkehrten,
war Alles verlassen und Einsamkeit und Stille war
an die Stelle der regen Wohnstätte .einer streitsüchtigen,
wortreichen Menge getreten; wir eilten also über den leicht
gewellten, schön bewaldeten Sandboden weiter und holten unsere
Kameele bald ein. Unser heutiger Bestimmungsort war
nicht fern und bereits um Mittag lagerten wir auf einer schönen
Sandhügelung; unterhalb derselben zog sich ein anderer
Thalkessel hin, welcher namentlich mit Küma-Bäumen üppig
bewachsen war,.woher auch die dortige Quelle den Namen
„Blr el Kürna” empfangen hat. Das aus Arabern undTebu
gemischte Lager war sehr ausgedehnt-und seine Lage konnte
nur. gesund sein, obwohl wir während unseres Aufenthaltes
auf dieser Anhöhe den Unterschied zwischen der nächtlichen
Kühle und der Hitze der Mittagsstunden ausserordentlich.
empfindlich fanden. Da wir sehr guten Appetit
hatten, bereiteten wir uns den ungewohnten Genuss einer
Schildkrötensuppe. Schildkröten sind in dieser Gegend gar
nicht selten, obwohl meistens sehr klein; von der Grösse;
wie wir sie in Air gesehn hatten, sind mir hier keine vorgekommen
und ich habe auch nie davon gehört.
[Montag, 6ten Oktober.] Heute war der Tag des 'Aid el
Keblr. Bei Sonnenaufgang begab ich mich darum nach
einem kühlen, schattigen Platze, der etwas südlich von unserem
Lager war; aber eben diesen Platz h,atten die Araber,
ohne dass ich es wusste, zur Verrichtung ihres Festgebetes
gewählt. Gewöhnlich beteten nur Wenige .von ihnen; heute
aber begaben sich die angesehensten Personen unter ihnen;
Scheich Rhet an der Spitze, nach diesem Platze und verrichteten
daselbst ihre Gebete mit Feierlichkeit und, wie es
schien,. selbst mit Inbrunst.
Wie bedeutsam aber auch dieser Tag für unsere Mohamme-
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