Frauen im Sudan gezählt zu werden. Allerdings werden
sie von den Fulbe oder Felläta an schlanker Form und heller
Hautfarbe übertroffen, aber sie übertreffen jene wiederum bei
weitem an stattlichem Wüchse und symmetrisch und wohlgefällig
gebildeten Gliedern, und der Glanz und die Schwärze ihrer
Augen sind in ganz Sudan berühmt. Von ihren häuslichen
Tugenden kann ich jedoch nicht sprechen, da meine Beobachtungen
zu wenig zahlreich sind, um mich zu berechtigen, eine
Meinung über eine so schwierige Frage zu äussem. Ich will
nur sagen, dass ich in dieser Hinsicht Manches zu ihrem
Nachtheil gehört habe, und ich muss bekennen, dass ich
nicht Alles für Verläumdung halten kann.
Ehescheidung ist sehr häufig unter ihnen, je nach der
Veränderung der Neigung, und ich glaube, dass die Baghinni
Leute Liebeshändeln mehr zugethan sind, als ihre
Nachbarn. Unter den jungen Leuten sind blutige Fehden
aus solchen Anlässen keineswegs selten, wie denn der Sohn
des Statthalters selbst zur Zeit in Gewahrsam war ,; weil er
einem seiner Nebenbuhler eine ernstliche Wunde beigebracht
hatte. In dieser Hinsicht sind die Baghirmier sehr verschieden
von ihren phlegmatischen westlichen Nachbarn,
den Kanöri, und nähern sich dem Charakter der Einwohner
Wädäi’s, welche berüchtigt sind wegen der wüthen-
den Streitigkeiten, in die sie oft durch Liehesangelegenheiten
verwickelt werden.
Ausser den kleinen Vorfällen meines eigenen alltäglichen
Lebens, die mir Beschäftigung gaben, waren es auch bisweilen
kleine Privatangelegenheiten meiner Freunde, die mir
einige Unterhaltung gewährten. So war es bald mein alter
Freund Bü-Bakr aus Bäkadä, der sich über seine Frau beklagte,
die hier in Mäsena wohnte und seinen Haushalt
nicht so gut und ökonomisch besorgte, wie er es wünschte,
und wenn er gelegentlich in die Stadt kam, ihn nicht mit
der Freundlichkeit behandelte, die er zu verdienen glaubte.
Badj Ahmed’s verdriessliche Lage. 353
so dass er endlich zu der Überzeugung kam, es sei das
Beste, sich von ihr zu scheiden; zu einer anderen Zeit verfolgte
mein alter, rastlos thätiger Freund einen entlaufenen
Sklaven, welcher den Versuch gemacht hatte, über den Bä-
tschikäm zu entfliehen.
■Hin anderes Mal war es mein Freund Hadj Ahmed, der
sich gegen mich über das Fehlschlagen seiner Erwartungen
beklagte, und wie ihm seine Feinde und Nebenbuhler zuvorkämen.
Wirklich war dieser Mann hier zu Lande in einer
sonderbaren Lage, und es gelang mir nie, seiner Geschichte
völlig auf den Grund zu kommen. Wie ich früher erwähnt
habe, war er von Medina hierher gesandt worden, um vom
Könige von Baghirmi ein Geschenk an Verschnittenen zu erhalten;
aber jetzt, nachdem er hier etwa Jahre verweilt,
fortwährend vom Landesherrn hingehalten und vertröstet,
war ein zweiter Bote angekommen, der, wie es schien, die
Früchte seiner Mühen einemten sollte. Hadj Ahmed hatte
den Sultan im vorigen Jahre auf seinem Heereszuge begleitet
und bei dieser Gelegenheit beinahe sein Leben ein-
gehüsst, indem er von einer jener rohen eisernen Streitäxte,
welche die hauptsächliche Waffe der heidnischen
Stämme im Süden bilden, eine schwere Kopfwunde erhalten
hatte. Er war daher zu dem Schluss gekommen, dass es
besser sei, dieses Mal zu Hause zu bleiben; aber er fand
kein Ende im Klagen über die knickerige und ungastfreundliche
Behandlung des Statthalters. Die Lage meines Freundes
ward um so bedauernswürdiger, als seine'Sklavin, die
einzige, welche er zur Zeit hatte, die Flucht ergriff, indem
sie ihre Herrin, welche mit ihr vor die Stadt hinausgegangen
war, zu Boden warf und sich davon machte.
Scenen wie diese fielen täglich vor, und ich hatte häufig
Gelegenheit, meinen Freunden zu beweisen, dass die Macht
und Stärke der Christlichen Reiche Europa’s vorzugsweise
auf ihrer Fähigkeit beruhe, ohne Unterlass ihre Lehens-
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