gerade reif war, in Ermangelung eines höheren Genusses
nicht verschmähten.
Ich bemerkte hier mit Erstaunen, dass man Salz aus der
Verbrennung von Viehmist gewinnt. Es ist in der That
merkwürdig, zu welcher Aushilfe die ärmeren Leute im Sudan
schreiten, um sich mit diesem Artikel zu versehen, der allen
Stufen der menschlichen Gesellschaft zu einem unentbehrlichen
Bestandtheil der gewöhnlichen Nahrung geworden ist.
Ungefähr ‘/2 Stunde nach unserem Aufhruche am Nachmittage
kamen wir bei einem beträchtlichen Rinnsale an,
das, mit schönen, weit sich ausbreitenden Bäumen umsäumt,
eine sehr anmuthige Erscheinung bot. Es wird Komadugu
I'mhulü oder Mbulü genannt. Nach der Behauptung
meines Gefährten Kägo ist es von dem Ydloe. oder Ko-
mädugu von Diköa gänzlich verschieden, und nach dem, was
ich auf meiner Rückreise in Erfahrung brachte, scheint er
Recht zu haben. Das Rinnsal hatte gegen 12 Fuss hohe Ufer
und eine Breite von 60-^75 Fuss; die Tiefe des Wassers
betrug aber nur 1|, Fuss; eine Strömung war nicht bemerkbar.
Der Baumwuchs war, auch nachdem wir dieses
Gewässer verlassen, von grösserer Mannichfaltigkeit, aber
durchweg ziemlich niedrig. Wir bemerkten hier in grösser
Menge das bereits früher erwähnte, „kreb” oder „kaschä” genannte
Gras, welches einen beträchtlichen Nahrungsbestand-
theil der ärmeren Bevölkerung bildet. Wir kamen bei
verschiedenen gänzlich verlassenen und verfallenen Städten
vorbei, dann durch ein dichtes Gestrüppe, wie wir es kaum
in der Nähe einer grossen Stadt anzutreffen erwarteten, und
erreichten um 5 Uhr die Thonmauern von Ngäla.
Das Innere der Stadt hat ein sehr eigenthümliches Ansehen,
wie nichts der Art im Sudan sich wieder findet, obgleich
der Platz gegenwärtig in sehr verfallenem Zustande
ist; denn der gesammte ältere Stadttheil besteht aus Lehmwohnungen,
welche auf einer hohen Terrasse erbaut sind.
Der Palast des Statthalters ist wirklich etwas ganz Stau-
nenswerthes für diese Regionen, indem derselbe mit seinem
gewaltigen Unterbau und hoch emporragenden Ringmauern
einer förmlichen Citadelle gleichsieht.
Uns wies man in dem geräumigen Hause des Gedädo
oder Delätu, in welchem Herr Tully starb, unsere Wohnung
an; dasselbe war, wie sonst die ganze Stadt, im grössten
Verfall. Die Zeiten der Meram, der geliebten Frau des
Scheich Mohammed el Amin el Känemi, waren vorüber, und
Ngäla’s Reichthum war von den Sklaven des gegenwärtigen
Scheichs und dessen Vezier verzehrt worden. Der einst
prächtige Palast der Meram selbst ist nichts als ein grösser
öder Ruinenhaufen.
Die mir überwiesene Wohnung war jedoch in einem ziemlich
gut erhaltenen Zustande und enthielt ein oberes Stockwerk,
wo ich gegen die Schwärme von Mücken, mit welchen
der Ort behaftet ist, ziemlich geschützt war.
Wir blieben den ganzen folgenden Tag hier liegen und
unter Anderem stattete ich dem Statthalter einen Besuch
ab; es that mir aber einigermassen leid, dass der vortheil-
hafte Eindruck, welchen das imposante Äussere des Palastes
auf mich gemacht hatte, durch den verfallenen und veröde^
ten Zustand des Inneren wieder zerstört wurde. Die ganze
Gemarkung ist gegenwärtig in einem höchst vernachlässigten
Zustande, wodurch angedeutet scheint, dass der Beherrscher
dieses Landes seine Unfähigkeit, die hiesigen Unterthanen
gegen einen anderen Einfall Wadäi’s vertheidigen zu können,
anerkenne.
Der Statthalter war nicht eben ein sehr intelligenter
Mann; er machte mich aber zuerst auf den Umstand aufmerksam,
dass die Einwohner der Stadt Ngäla eine eigen-
thümliche, vom Kanöri ganz verschiedene Mundart haben.
Ich fand nachher, dass dieselbe selbst von den Dialekten der
anderen bedeutenden Plätze in der Gemarkung Kotokö ver-
B a rth ’s Reisen. III. 3 1