46 II. Kapitel.
nicht von einem einzigen Baume unterbrochenen, völlig flachen
Ebene. Wir schlugen endlich unser Lager bei einem
verlassenen Weiler von Viehzüchtern auf, welcher in einem
grossen Kreise angelegt war und aus ungefähr 20 kleinen
kegelförmigen Hütten bestand. Unsere Ruhe wurde bald
durch ein lärmendes Gezänk unterbrochen, welches sich über
die so unrechtmässig erhaltenen Datteln erhob, und einige
der bei dem Streite betheiligten Araber kamen in mein
Zelt, um meine Entscheidung über ihre Ansprüche anzurufen,
wo ich denn das ganze Verfahren der im Laufe des Tagen
verübten schamlosen Räubereien, namentlich auch den Raub,
des Füllens zu rügen nicht unterliess. Es war dies jedoch
eine missliche Frage und. sie erregte die Leidenschaften der
Betheiligten so bedeutend, dass Einer von ihnen, Namens
Ibrahim, mit einem geladenen Gewehre in mein Zelt gelaufen
kam und Jedem eine Kugel durch den Kopf zu ja-:
gen drohte, der von Ungerechtigkeit und Räuberei rede. Was
Bacher und rAbd e’ Rahmän, die im thatsächlichen Besitze
des Pferdes waren, betrifft, so wollten sie uns verlassen und
sich davon machen.
Das gewaltsame Verfahren unserer Beschützer hatte in dieser
fast verödeten Gegend einen solchen Schrecken verbreitet,
dass am Abend zwei Ochsen und eine Menge Milch aus
blosser Furcht von einem benachbarten Berl zum Geschenk
gebracht wurden. Die Nacht war, wenn auch nicht kalt, doch
frisch, und es fiel ein schwerer Thau.
[Freitag, Septemberi\ Wir erreichten um Mittag die.
erste Hüttengruppe des Dorfes Berl, nachdem wir kurze Zeit
einer herrlichen und zahlreichen Viehheerde — einer der
schönsten, die ich je im Inneren Afrika’s angetroffen habe —
gefolgt waren, um, wo möglich, einen Trunk frischer Milch
zu erhalten, worauf wir eine ziemlich tiefe Bucht des Flach-
see’s durchsetzt hatten. Wir lagerten jedoch an einer ungeachtet
der Nähe des Wassers überaus heissen, völlig schattenDer
Ort Ben.
losen sandigen Stelle, gegen 300 Schritt vom Dorfe, welches
sich in beträchtlicher Länge von Norden nach Süden erstreckt.
Ben ist, jedenfalls seit der Glanzzeit des Königreichs Bomu,
ein Ort von Bedeutung, der in der Geschichte des grossen
Königs Ednss Alaöma, von dessen Zeitgenossen Imäm Ahmed
verfasst, häufig erwähnt wird. Es ist ein durch seine Lage
sehr bedeutender Posten, wo ein von Börnu nach Känem ziehendes
Heer das Seeufer verlässt und gewöhnlich eine Zeit
lang Halt machen muss, um sich für den nachfolgenden
Marsch zu erholen und frischen Mundvorrath einzunehmen.
Bis vor wenig Jahren hatte hier ein Bomauischer Statthalter
Namens Schitima Aba seinen Sitz; er gab jedoch den Posten
auf und zog den Aufenthalt in der Hauptstadt vor.
Ich bemerke hier, dass es eigentlich zwei Plätze Namens
Berl gibt, welche nur wenige Meilen von einander entfernt
sind. Die Ortschaft, bei der wir gelagert waren, heisst genauer
„Berl-kurä” — „Gross-Ben” —, die andere führt den
Beinamen „fute” oder „futebe” — „die westliche” — von ihrer
mein'westlichen Lage; diese ist gegenwärtig sehr zurückgekommen
, so dass wir sie unbeachtet zur Seite liegen Hessen.
Die Einwohner von Berl sind grösstentheils Kanembü
von der Sippschaft der Ssugürti, einer grossen Abtheilung jenes
Stammes, welche aber in dem letzten Kampfe der früheren
Dynastie beträchtlich gehtten hat (schon in den Heereszügen
des Edrlss werden diese Ssugurti als etwas östlich
von Berl wohnend angegeben); ausserdem sind in Berl viele
Büdduma ansässig. Die gesammte Bewohnerschaft beträgt
wohl kaum mehr als 2000 Köpfe.
Ich war sehr froh, als das geraubte Füllen, sowie auch der
Lastochse nach abermaligem heftigen Zanke von den Räubern
ausgeHefert wurden. Einer der gestern uns geschenkten
Ochsen wurde heute geschlachtet und unter die ganze Truppe
vertheilt. Was mich betrifft, so labte ich mich mit etwas frischer
Milch. Obgleich die Leute hier grosse Viehheerden