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mir blieb, sandte er seinen Diener Ibrahim voraus, um vom
Vezier ein anderes Kameel zu erbitten. Wir folgten später
und nahmen unseren Weg direkt zum Lager, während der
Pfad von Reitern, Kameelen und Fussgängern belebt war.
Das Land war auf dieser Seite nur stellenweise angebaut;
doch fiel uns etwa 2 Meilen hinter Ngomu eine sorgfältig gepflegte
Baumwollenpflanzung in’s Auge und nahe beim Dorfe
Kukia zeigte sieh schöner Landbau.
Diese ganze fruchtbare Ebene ward im Jahre 1854 ein
Raub der Überschwemmung des Tsäd, herbeigeführt durch
ein Einsinken des Bodens, wodurch das Land die wunderbarste
Veränderung erlitt. Hier gewannen wir den ersten
Blick auf das Zeltlager; aber es schien keineswegs bedeutend
zu sein und war auch erst im Entstehen begriffen, da bis
jetzt nur die nächste Umgebung des Hofes versammelt war.
Das „ngäufate” hatte seine bestimmte Anordnung und unsere
Stelle ward uns neben dem Zeltgehöft Lamino’s, in einiger
Entfernung östlich von dem Gezelte Hadj Beschir’s, angewiesen.
Da Jeder der Grossen wenigstens einen Theil seines
Harlms mit auf den „kengu” nimmt, so genügt ihnen ein
einfaches Zelt nicht, sondern es wird mit Hilfe von Vorhängen
aus gestreiftem Baumwollenzeug eine leichte Umzäunung
umher angebracht, um grössere Heimlichkeit für die Häuslichkeit
zu gewinnen. Für den Scheich und den Vezier ward sogar
bei jedem Lagerorte, so lange wir uns auf Bomu-Gebiet befanden,
stets eine Umzäunung aus Mattenwerk errichtet. Denn
es ist unrichtig, dass, wie man gesagt hat, das Königslager
— „keleno” — in Börnu von dem allgemeinen Heerlager
—i'j,ngäufate” — getrennt sei, und man ersieht aus dem
Geschichtswerke des Imäm Ahmed, dass dies auch früher
nicht der Fall war. Das gewöhnliche Kriegsvolk hatte weiter
keinen Schutz, ausser dass sich Einzelne leichte, hochge-
giebelte kleine Hütten aus dem Rohre des Indischen Kornes
errichteten, das jetzt in Fülle auf den Stoppelfeldern umherlag.
Lamlno habe ich schon früher zuweilen erwähnt, ich muss
aber hier einige Worte mehr von ihm sagen, da wir durch
diesen Kriegszug in nähere Beziehung zu dieser eigenthüm-
licheu Persönlichkeit kamen. Wir finden hier ganz dasselbe
Verhältniss wie in Europa, wo notorische Spitzbuben mitunter
die trefflichsten Polizeibeamten abgeben. So war Lamlno
— eigentlich El Amin — früher ein gefürchteter Strassen-
räuber gewesen und nun chef de police oder Zwangsmeister
— „sserki-n-karfi” , wie die Haussa-Leute sagen würden —
geworden ; er leistete dem sanfteren Vezier durch seine Hartherzigkeit
und Schamlosigkeit vortreffliche Dienste und wir
nannten ihn daher nur „die schamlose Linke”. Einkerkern
und peitschen lassen war sein Hauptvergnügen ; er konnte indessen
auch sehr sanftmüthig und liebenswürdig sein, und
nichts amüsirte Herrn Dr. Overweg und mich mehr, als wenn
er uns in höchst sentimentalen Ausdrücken von seiner Liebe
zu der begünstigten Beherrscherin seines Herzens erzählte, die
er auf dem Kriegszuge mit sich führte. Auch war es überaus
spasshaft, den Schrecken wahrzunehmen, den er empfand, wenn
wir die Erde mit einem Straussenei verglichen, da es ihm bei
seiner Schwere und Plumpheit unbegreiflich war, wie er sein
Gleichgewicht darauf bewahren sollte.
[Mittwoch, 26sten November.] Die vor dem Zelt des Scheichs
ertönende grosse Trommel gab früh am Morgen das Zeichen
zum Aufbruch und in breiter Schlachtordnung — „bäta” *) —
rückte das Heer mit seinem mächtigen Reitertrosse über die
mit hohem Rohr bedeckte Ebene bin, die nur hie und da
Anbau zeigte. Ich blieb jedoch diesmal noch bei den Kameelen
und Lastochsen, die mit Fussgängefn und vereinzelten
Reitern in langen, unabsehbaren Zügen zur Seite marschir-
*) Dies ist die wahre Bedeutung von „bäta”, nicht, wie Kölle in seinem
Wörterbuche angibt, „froop”. „Bäta” ist der Gegensatz von „fugunkä-
dugu”, — „Einer hinter dem Anderen” —.