372 XIII. Kapitel.
Auch diesmal konnte ich dem Fürsten nur meine Huldigung
darhringen, ohne ihn zu sehn. Ich wiederholte mein
Gesuch, dass er mir erlauben möge, ohne weiteren Aufenthalt
abzureisen, da ich dringende Geschäfte in Kükaua hätte;
aber ich erhielt zur Antwort, dass der Sultan, obgleich mir
die Strasse 'offen stehe, als der mächtige Herrscher eines gros-
sen Landes mir nicht erlauben könne, mit leeren Händen ä.\-
zureisen. Um jedoch meinem Gesuch möglichsten Nachdruck
zu gehen, schenkte ich ihm ein kleines Fernrohr und unterwies
seine Leute in dessen Gebrauch.
Als ich in meine Wohnung zurückgekehrt war, kamen meine
Freunde, um mir anzuzeigen, dass es ihres Herrn Absicht sei,
mir für die Geschenke, die er von mir erhalten, ein glänzendes
Gegengeschenk zu machen; aber ich versicherte sie, dass
mir nichts so wichtig sei, als eine schleunige Biickkehr nach
Bornu, da ich doch einmal keine Aussicht habe, die Erlaüb-
niss zu erhalten, weiter östlich vprzudringen. Aber alle meine
Versicherungen waren nutzlos, da die Leute zu wenig mit dem
Charakter der Europäer bekannt waren, und es fanden sich
zu viele Personen, die, wenn mir seihst nichts daran lag, etwas
zu erhalten, dieses doch ihren eigenen Wünschen angemessener
fanden. Ich war also genöthigt, mich in Geduld
und Resignation zu fügen.
Mittlerweile erfuhr ich, dass der Fürst im Anfänge gefürchtet
habe, ich möchte ihn vergiften oder vermittelst eines Zaubers
tödten, und dass er wiederholt mit seinen Gelehrten
und Rathgebern erwogen habe, wie er sich gegen meine Zauberkraft
schützen solle. Jedoch schon am zweiten Tage nach
meiner ersten Audienz hatte er mir die Gen'ugthuung widerfahren
lassen, den Aufseher des Flusses — „chalifa bä” —
und dessen Diener — „kaschella” —, der mich in Meie in
Ketten gelegt hatte, zu mir zu schicken, um mich öffentlich
um Verzeihung zu bitten. Ich hatte ihm solche von Herzen
bewilligt, da ich zu wohl einsah, dass der Reisende in einem
Tod Mäina Belädenn’s. 373
nie zuvor von Europäern betretenen Lande freundliche und
rücksichtsvolle Behandlung kaum erwarten kann.
Jener in Bäghirmi angesessene Pullo oder Felläta, der dadurch,
dass er in den Fährleuten am Grenzflüsse Furcht und
Argwohn gegen mich erweckte, die Hauptursache der schnöden
Behandlung wurde, die ich erfahren musste, war einige
Zgit vor Ankunft des Sultans von meinem gutmüthigen
Freunde Bü-Bakr von Bakadä hei mir eingeführt worden, wo
er denn sehr gegen meinen Wunsch darauf bestand, durch
einen Eid zu betheuem, dass er nichts zu meinem Nachtheil
beabsichtigt habe. Dies bewerkstelligte er auf eine gar geschickte
Weise, indem er schwor, dass er den Fährmann nicht
angeregt habe, mich im Flusse zu ertränken, welches Verbrechens
ich ihn aber gar nicht geziehen hatte. Da ich jedoch
hier mit Jedermann in gutem Vernehmen - zu stehn
wünschte, erklärte ich mich befriedigt und entliess ihn. Bei
allen diesen Gelegenheiten hatte sich die Aufrichtigkeit der
Freundschaft, welche Bü-Bakr für mich hegte, in reichem
Maasse bewährt, indem er, mit dem heftigen Wesen der
Europäer wohlbekannt, nicht aufhörte, mich zur Geduld zu
ermahnen — „ssabr, ssabr”, „känadi, känadi” —, gewiss die
gewichtigsten Worte für den Reisenden in diesem Lande,
Ich hatte die Hoffnung gehegt, vor dem grossen Feste
— „'Aid el kebir”, hier „Ngümre ngölo” genannt (19ten
Juli) meine Abreise anzutreten; aber es kam heran, ohne dass
Anstalten zu derselben gemacht worden wären. Es ist hier
landesüblich, dass die Einwohner aller umliegenden Ortschaften
zur Feier dieses Festes in die Stadt kommen; für die
Würdenträger jedes Ortes ist dies sogar eine Pflicht, durch
deren Verletzung sie in eine schwere Strafe verfallen würden.
Aber diesmal wurde das Fest in einen Trauertag verwandelt;
denn es war in der Frühe desselben Tages, wo Mäina Beladern!,
allgemein als der vortrefflichste Mann im Lande verehrt,
starb, — ein schwerer Verlust für den Sultan seihst,