besitzen und nach dem Namen des Ortes, welcher „Viehbürde”
bedeutet, wohl auch immer besessen haben, so ist
doch im Dorfe, wie überhaupt oft im Sudan, nur wenig Milch
zu haben, da nur der unmittelbare Bedarf der Eigenthümer
hierher gebracht wird und das Vieh weit entfernt ist Überhaupt
sind die Hilfsquellen der Ortschaft gering. Getreide
wird fast gar nicht gebaut, in Folge des unsicheren und trostlosen
Zustandes des Landes. Die Einwohner stehn fortwährend,
in Verkehr mit den Yedinä, derjenigen gewöhnlich Büd-
duma genannten Abtheilung der Kotokö, welche die Seeinseln
bewohnt. Die Entfernung des Dorfes yom See wechselt natürlich
beträchtlich. Im Augenblick unserer Anwesenheit auf
der Hinreise war die nächste Bucht diejenige, über welche
wir am Morgen gekommen waren; die Einwohner nahmen
damals ihren Wasserbedarf von jener Bucht. Bei unserer
Rückreise dagegen war das Ufer ganz nahe am Orte. Der
Mangel an Brennholz ist sehr fühlbar; es findet sich kaum
ein einziger Baum in der Umgegend *).
[Sonnabend, 21^ten September.] Wir yerliessen nun das
Seeufer, indem wir ganz gemach ein wenig aufwärts stiegen,
hatten aber am Morgen einen schwierigen Marsch, um die
vielen yom See gebildeten und sich zwischen den Sandhügeln
hindurchwindenden sumpfigen Buchten und Natronbecken
zu yermeiden. Was diese Natronbecken betrifft, welche
nach Major Denham’s Bericht viele irrthümliche Vorstellungen
bezüglich der Natur des Tsäd-See’s veranlasst
haben, so bemerke ich, dass das Natron oder die Soda
*) Ich. füge' hier die Haltpunkte eines anderen Weges von Ngegimi nach
Berl bei: l ster Tag: Ngübö,- eine von Küri bewohnte offene Dorfschaft, wo
man vor Eintritt der Hitze ankommt und übernachtet; 2,er Tag: Tabünte, die
erste Ortschaft in Känem; 3ter Tag: Berl. Einige bleiben auf der Reise von
Ngegimi nach Beri die l 8t« Nacht in Turra, die 2 le in Balaia. — Ich will
hier.nur bemerken, dass, wenigstens in früherer Zeit, Berl eigentlich nicht
zu Känem gerechnet wurde.
nicht ursprünglich im Wasser, sondern im Boden enthaften
und alles Wasser im Tsäd- See vielmehr frisch ist*); wenn
jedoch nach dem Rücktritt der Überschwemmung Wasser
in einem Becken zurückbleibt, wo. der Boden mit Soda geschwängert
ist, so theilt sich natürlich diese Beschaffenheit
dem Wasser mit. Die Folge davon ist, dass es um den
Tsäd umher viele solche Becken gibt, welche je nach der
Jahreszeit entweder frisch oder bitter sind; denn die im
Boden enthaltene Soda hat nur geringe Wirkung; so lange
das Becken tief ist, und macht sich erst bei abnehmender
Wassermenge geltend. Von derselben Beschaffenheit scheint
der See Böro in Känem zu sein, dessen ich weiter unten
erwähnen werde. Ich erinnere hier den Leser an meine
früher gemachten Bemerkungen bezüglich der Bedeutung des
Natronhandels zwischen Bomu und Nüpe oder Nyffi.
Da wir keine Führer batten — denn wer hätte sich be+
reitwillig den Händen so zügelloser Räuber, wie unsere Gefährten
waren, preisgeben mögen? —, so war es für uns eine
gar schwierige Aufgabe, aus diesem Labyrinthe von Sümpfen
und Lachen herauszukommen. So erreichten wir nach
einigen Meilen eine schmale, aber sehr morastige Lachej
über welche wir, wie es schien, setzen mussten.
. Da ich ein lebhaftes Thier, einen vortrefflichen „saiär”, ritt,
so war ich den Übrigen etwas voraus und hatte nur drei
Reiter vor mir. Beim Moraste, dessen Beschaffenheit leicht
erkennbar war, angekommen, ritten wir Einer hinter dem
Anderen; Chälef-Allah war mein Vormann. Als der erste
Reiter einige Schritte in den Morast hineingekommen war,
stürzte er, brachte jedoch sein Pferd wieder auf die Beine,
machte wieder eine Strecke vorwärts und sank dann aber-
*) Die vollkommen reine Süsswasser-Natur des Tsäd ist auf das Schlagendste
bestätigt worden durch des verdienstvollen Prof. Ehrenberg Analysen
des von Dr. Yogel heimgesandten Tsäd-Schlammes (Abhandlungen der Berl.
Akad., Juni 1 8 5 6 ,'S. 323 — 338).
Barth's Kelsen. III. 7