liehen Seite der grossen Einsenkung; aber selbst dieses centrale
Viertel ist nichts weniger als dicht bewohnt und hatte
während der 3 ersten Monate meines hiesigen Aufenthaltes
einen um so öderen Charakter, als der Sultan mit dem
Hofe abwesend war. Der Mittelpunkt dieses Viertels, weniger
rücksichtlich seiner Lage, als wegen seiner Bedeutung,
ist der Palast des Sultans. Die Gesammteinrichtung dieses
Gebäudes ist im Allgemeinen der Einrichtung der Häuptlingsresidenzen
in anderen Städten analog; es besteht aus
unregelmässigen Gruppen von Thongebäuden und Hütten;
allein der Palast hat eine Eigenthümlichkeit, welche ihn in
sehr hervorragender Weise von allen anderen Gebäuden der
Art in diesen Ländern unterscheidet, und zwar besteht dieselbe
darin, dass die Umschlussmauer des ganzen Gebäudes
nicht aus an der Sonne getrockneten Lehmstücken, sondern
aus wirklich gebrannten Backsteinen gebaut ist.
Ich habe bei Schilderung meiner Reise von Kanö nach Kü-
kaua Gelegenheit gehabt, die Ruinen der Stadt Ghämbarü
zu beschreiben. Auch sie bestehen aus diesem Material, und
dasselbe ist der Fall mit den Ruinen von Ghasr - figgomo,
der alten Hauptstadt — „bimi” — von B6mu, die ich im
weiteren Verlaufe meiner Reise beschreiben werde. Aber
gegenwärtig sieht sich der Reisende in irgend einer der
Städte des Sudans vergeblich nach so soliden Bauten um, und
ich war desshalb nicht wenig erstaunt, hier dergleichen zu
finden, wo man es am wenigsten erwarten sollte *). Der Eindruck
des Rückschrittes von einem höheren Grade schon errungener
Bildung und Macht, der sich dem Wanderer im
Sudan oft aufdrängen muss, war um so grösser. Es ist in
der That allein den verheerenden Kriegen zuzuschreiben, dass
sich diese Königreiche nicht mächtiger entwickelt haben.
*) Ausserhalb der Stadt, auf der Strasse nach Abu-Gher, sieht man noch
eine Ruine aus gebrannten Backsteinen.
Der Palast war wenigstens 50, wahrscheinlich aber bedeutend
über 100 Jahre alt und befand sich gegenwärtig im
Zustande bedeutenden Verfalles. Leider versäumte ich es, nach
dem Namen des Fürsten, der die Umschlussmauer des ganzen
Gebäudes baute, genau zu forschen. Es bildet ein Viereck
von etwas oblonger Gestalt, dessen Vorderseite gegen
Nordwesten gerichtet ist, und misst 2300— 2400 Schritt im
Umfang. Bei solcher Grösse muss es einst ein sehr starkes
Gebäude gewesen sein, indem die Mauern an ihrer Basis ungefähr
10 Fuss Dicke haben und ursprünglich nahe an 20Fuss
hoch waren; das Eingangsthor besteht aus starken hölzernen
Planken, die gut mit Eisen beschlagen sind.
Bei unserem Eintritt gelangten wir zuerst auf einen offenen
Hofraum, in dessen östlichem Theile sich ein grosses oblonges
Gebäude oder eine Halle erhob, die von Lehm erbaut
war. Es war die gewöhnliche Stätte öffentlicher Audienz. Neben
dieser grossartigeren Halle war eine Hütte, wo der „kada-
mänge” oder „serma” — denn mein Freund war kürzlich im
königlichen Hofdienst einen Grad aufgerückt der, wie ich
bemerkt, als Vicestatthalter eingesetzt war, seine offizielle Residenz
batte, während weiter nach Westen eine andere Hütte
die Eintrittshalle zu den inneren oder Privatgemächem des
Sultans bildete. Die letzteren werde ich bei Gelegenheit meiner
Audienz beim Landesherrn beschreiben und will hier nur
bemerken, dass der Palast kurze Zeit vor meiner Ankunft
durch eine im Inneren ausgebrochene Feuersbrunst bedeutend
gelitten hatte.
Sein ganzer südöstlicher Theil, der mit einer besonderen
Mauer umgeben ist, dient ausschliesslich für das weibliche
Personal des königlichen^ Haushaltes und ist voll Hütten, deren
Zahl ich natürlich nicht anzugeben im Stande bin, da ich
keinen Zutritt zu diesem heiligen und verschlossenen Theile
der Residenz hatte. Mündlichen Angaben nach soll der Sultan
zwischen 300 und 400 Frauen, haben. Die Hütten sind