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332 XII. Kapitel.
hatte, mit dem er seine Gedanken' austauschen und sich über
den Glanz und die Heldenthaten des Chalifates von Baghdäd
bis Andaloss unterhalten konnte — besonders in Bezug
auf das letztere Land, mit dessen Geschichte in politischer
und literarischer Hinsicht er wohlvertraut war. Er horchte
mit Entzücken auf, als ich einst das Astrolabium oder den.
Sextant erwähnte, und theilte mir mit einem Gefühle des
Stolzes mit, dass sein Vater ein solches Instrument besessen
habe, dass er aber in den letzten 20 Jahren nicht einem
einzigen Menschen begegnet sei, der gewusst habe, was für
ein Ding in aller Welt das Astrolabium sei.
Der blinde Ssämbo war ein sehr aufgeklärter Mann und
in der Tiefe seines Herzens ein Wahäbi, welchen Namen
er mir selbst meiner unitarischen Grundsätze halber beilegte.
Ich werde nicht so leicht die Stunden vergessen, die ich in
gemüthlicher und belehrender Unterhaltung mit diesem Manne
zubrachte; denn je unerwarteter ein solches Zusammentreffen
war, um.so grösser war natürlicherweise der Eindruck, den
es auf mich machte, und sein Tod, der etwa ein Jahr nach
meiner Rückkehr aus dem Lande erfolgte, wirkte sehr niederschlagend
auf mich.
Gewöhnlich war ich es, der ihn besuchte, wo' er mich
dann mit einem sehr guten kalten Teige aus Reis zu be-
wirthen pflegte, sowie mit Datteln aus Kauern, die allerdings
nicht eben die besten waren. Wenn er aber zu
mir kam, pflegte ich ihm eine Tasse Kaffee zu gehen,
welche stets ein grösser Genuss für ihn war und ihn im
Geiste in an Bildung weiter vorgeschrittene Gegenden zurückführte;
auch unterliess er es nie, die Tasse an jede seiner
beiden Schläfe zu drücken. Er hatte eine höchst sonderbare
Vorliebe für Brechmittel und drang so wiederholt
in mich, ihm einen solchen Genuss zukommen zu
lassen, dass ich ihm im Laufe weniger Wochen über ein
halbes Dutzend solcher Pulver für ihn selbst gab, abgesehen
Anderweite Bekanntschaften. 333
von denjenigen, welche ich seiner Familie zu geben mich
genöthigt fand. Er litt nämlich an der Leber und glaubte,
dass Brechmittel das beste Heilmittel in der Welt wären.
Die einzige Unannehmlichkeit in meinem Verkehr mit diesem
Manne bestand darin, dass ihm selbst ebensoviel daran
lag, hinsichtlich der Länder der Christen und jener Theile
der Erde, mit denen er weniger, oder gar nicht bekannt
war, von mir Belehrung zu erhalten, als mir daran lag, von
ihm zu lernen. Ausserdem aber hatte er als Ausleger des
Mohammedanischen Gesetzes -Lt der „scherlä” selbst viel
Beschäftigung und unsere Unterhaltung wurde dadurch oft
gestört.
Ausser diesem Mann und Hadj Ahmed war Slimän Einer
derjenigen, mit denen ich während meines Aufenthaltes in
diesem Lande den häufigsten Verkehr hatte. Er war Einer
von jenen reisenden, handelnden und zugleich bettelnden Arabern,
ein Schenf, wie er sich selbst nannte, aber eigentlich
ein Felläh':;i,ein Eingeborener Egyptens, zur Zeit in Mekka
angesiedelt, der viel umhergereist war, sehr feine Sitten
hatte und, obgleich gerade kein gelehrter Mann, doch einen
gewissen Grad von allgemeiner Kenntniss besass, vorzugsweise
in Bezug auf die Länder Wadäi und Dar-Eör, wo er
sich längere Zeit aufgehalten hatte. Er war auf seiner Reise
nach Konstantinöpel von Herrn Brand, dem Englischen Konsul
in Smyrna, unterstützt worden und besass so eine gewisse
Anhänglichkeit an Europäer, besonders an deren Spenden.
Aber der grösste Theil der Belehrung, die ich mir zu verschaffen
im Stande war, vor Allem, was Wadäi betraf, ging
von einem jungen Eingeborenen jenes Landes aus; Namens
Ibrahim (Fäki Ibrahim), vom Stamme der Abü-Schärih. Mit
diesem aufgeweckten jungen Menschen brachte ich täglich
mehrere: Stunden sehr angenehm und nützlich zu und er
schloss sich so eng an meine Person an, dass ich ihn-
gern mit nach Sökoto genommen haben würde, wohin er