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330 XII. Kapitel.
von Akkä und Deraidje gefochten und war dann auf mehrere
Reisen bis Bassra und Baghdäd geschickt worden, bis es nun
zuletzt in seiner Stellung als Diener der grossen Moschee in
Medina sein Schicksal gewesen war, nach diesem Lande ausgesandt
zu werden, um von dessen Sultan ein Geschenk an
Verschnittenen für den Tempel in Medina zu erhalten.
Der Zweite unter den Besuchern war ein Mann ehrwürdigen
Aussehens, mit feinen Zügen und einem buschigen Silberbarte.
Dies war das religiöse Haupt von Bidderi, einem
Orte, von dem ich weiter unten mehr sagen werde.
Der Dritte war der Fäki Ssämbo, ein sehr hochgewachsener
und hagerer Pullo mit einem spärlichen Barte und ausdrucksvollen
Gesichtszügen, nur dass er des wichtigsten, das
menschliche i Antlitz am meisten belebenden Zug5es entbehrte,
indem er ganz und gar blind war. Zu jener Zeit kannte ich
diesen Mann noch nicht, vermuthete aber, sobald ich ihn in
lebendiger und ausdrucksvoller Weise eine Fülle von Kenntnissen
entwickeln hörte, fast sogleich, dass dies der Mann
sein möchte, den ich so viel hatte rühmen hören. Jedoch
setzte mich die erste Frage, die er an mich richtete, einiger-
massen in Erstaunen, indem er sich erkundigte, ob die Christen
nicht zu den BenT-Issräil gehörten, das heisst, zu den
Juden. Dieser bei vielen Moslemin des Inneren verbreitete
Irrthum beruht natürlich darauf, dass sie von der Nationalität
des Messias auf die der Anhänger seiner Lehre
schliessen. !
Dies war die erste Unterhaltung mit diesem Manne, der von
nun an am meisten dazu beitrug, meinen Aufenthalt im Orte
erträglich zu machen. Gewiss konnte ich es kaum erwartet
haben, in einem so abgelegenen Orte, wie Mäsena ist, einen
Mann zu finden, der nicht allein in allen Zweigen der Arabischen
Literatur wohlbewandert war, sondern selbst diejenigen
Theile von Aristoteles und Plato, die in’s Arabische übertragen
oder vielmehr ganz in den Isslam aufgenommen worden
Der Pullo F äk i Ssámüo. 331
sind,i_nicht nur gelesen hatte, sondern sie selbst handschriftlich
besass, und dem ausserdem die gründlichste Kenntniss
von den Ländern beiwohnte, die zu besuchen er, Gelegenheit
gefunden hatte.
Seine Vorfahren, die zu demjenigen Stamme der Fulbe gehörten,
der Fittobe heisst, waren nach den südlichen Landschaften
Wadä'i’s ausgewandert, wo sie sich im Dorfe Bärek-
alla ansiedelten. In der Jugend hatte ihn sein .Vater, der
selbst gelehrt war und ein Werk über Haussa geschrieben
hatte, nach Egypten geschickt, wo er viele Jahre in der Moschee
el As-här den Studien mit grösstem Eifer obgelegen
hatte. Er hatte dann den Entschluss gefasst, die Stadt Sebld
in Yemen zu besuchen, die sich wegen der hier blühenden
Wissenschaft der Logarithmen — „el hessäb” — bei den
Arabern einer grossen Berühmtheit erfreut; aber als er die
Stadt Gunfüda erreicht hatte, vereitelte der damals zwischen
den Türken und Wahabiten wüthende Kampf seine Pläne
und er war nach Dar-För zurückgekehrt. Indem er sich dann
einige Zeit hier niedergelassen, hatte er einen höchst merkwürdigen
Feldzug in südwestlicher Richtung bis an den Rand
eines grossen, westlich fliessenden Stromes mitgemacht, der von
ungeheuerer Bedeutung in dem zukünftigen Verlaufe Afrikanischer
Expeditionen werden kann. Nachdem er dann endlich
nach Wädai zurückgekehrt war, hatte er an jenem Hofe,
besonders während der Regierung von Abd el Asls, eine bedeutende
Rolle gespielt, bis ihn der gegenwärtige König, Mohammed
Scherlf, auf Grund seines intimen Verhältnisses zu
dem eben erwähnten Fürsten von seinem Hofe verwies und in
die Verbannung nach Westen schickte, wo ihn zu dem.übrigen
Unglück das schwere Missgeschick der Blindheit ereilte.
Nachdem ich einmal die Bekanntschaft dieses Mannes gemacht
hatte, ward es meine Gewohnheit, ihn täglich zu besuchen,
und er war immer hoch erfreut, mich zu sehn oder
vielmehr meiner Unterhaltung .zuzuhören, da er Niemanden