338 XII. Kapitel.
meinen alten, halb von den Termiten in Bükadä zerfressenen
Teppich bei Seite, wiewohl mein Lager auf dem Erdboden
mit blosser Unterlage einer groben Rohrmatte keineswegs
sanft war. — Der Markt — „kasskü” *) — nahm einen grossen
Theil meiner Zeit und meiner Gedanken während des einförmigen
Aufenthaltes in diesem Platze in Anspruch, nicht
so sehr wegen seiner eigenen Bedeutung, als vielmehr wegen
meiner Armuth, da ich gezwungen war, ein Krämer im kleinsten
Maassstabe zu werden. Denn da ich kaum etwas Anderes
besass, als eine geringe Anzahl Nadeln, war ich gezwungen,
täglich einen meiner Diener auf den Markt zu senden,
um mit Hilfe dieses so höchst winzigen Artikels Europäischer
Industrie zu versuchen, die umlaufende Landesmünze
einzuhandeln.
Die gangbare Münze in Baghirmi besteht in Baumwollenstreifen
-— „färda” SS; ähnlich denen, welche ich auf meiner
Reise nach Adamaua beschrieben habe — von sehr unregelmässiger
Länge, bald länger, bald kürzer, aber im Allgemeinen
von 2 „drä” Länge und einer Hand Breite —, aber
von sehr verschiedener Güte. Grössere Gegenstände werden
ge- und verkauft mit Hemden — „chalag” (Plur. „chol-
gän”), wie sie von den Arabern, „bol” , wie sie von den
Eingeborenen genannt werden —, deren Werth, je nach
ihrer Grösse und Güte, von 70 bis 150 „färda” wechselt.
Ich erhandelte eine „färda” gegen eine gewöhnliche
Englische Stopfnadel oder gegen 4 gewöhnliche Nähnadeln
aus Nürnberger Fabrik, aber später verdoppelte ich
den Preis.
Ausser Nadeln blieb mir sehr wenig übrig, mit Ausnahme
einiger Spiegel von der runden Art, welche in Lyon für
*) Wir haben Mer einen klaren Beweis, dass sieb ein gewisser Grad von
Bildung von B6mn ans über die benachbarten Länder in Osten verbreitet h a t;
„kasskü” ist nämlich eine leichte Umwandelung des Kanöri-Wortes „kässukü” .
Marktverkehr in Maseha. 839
1 Sou feil geboten werden, die ich aber hier für den hohen
Preis von einem Hemde — „chalag” — verkaufte, während
eine bessere Art Spiegel, die ich in London für 8 Pence gekauft
hatte, 4 „chalag” oder vielmehr „cholgän”, die ungefähr
1 Dollar an Werth gleichkamen,, einbrachte.
Was Muscheln („kerne-kerne” , wie sie hier genannt werden)
betrifft, so haben sie keinen Umlauf auf dem Markt,
sondern bilden eine Waare für sich, als Ausfuhrartikel in
die Gebiete der Heiden, — wenigstens die Muscheln von
grösserem Umfang, welche bei den Einwohnern jener Gegenden
sowohl wie bei den Ueläd Raschid sehr gesucht sind, so
dass man für 2000 derselben einen jungen Sklaven von der
„chomässi” und für 3000 einen von der „ssedässi” genannten
Gattung bekommt. Denn dieses einfache Volk trägt nicht
allein diese Muscheln als Schmuck, vorzugsweise die Frauen,
welche sich das Hintertheil mit ihnen bedecken sollen, sondern
sie machen auch Mützen daraus, mit welchen sie die
Köpfe ihrer verstorbenen Verwandten schmücken, während
die Ueläd Raschid vorzugsweise die Köpfe ihrer Kameele
und Pferde mit diesen beliebten „keme-keme” (oder „kemti”,
wie sie in Wädäi genannt werden) zieren.
In früherer Zeit ward hier nur jeden Donnerstag Markt
gehalten, aber kurze Zeit vor meiner Ankunft hatten es
die Leute für vortheilhaft gefunden, täglich einen zu haben,
so dass jetzt jeden Tag von 8 Uhr Morgens bis 11
Uhr Vormittags und von 3 Uhr Nachmittags bis Sonnenuntergang
Markt gehalten wurde. Natürlicherweise war
der Markt nicht eben besonders gut versehen, sondern
auf die blossen Lebensbedürfnisse beschränkt, indem der
grösste Luxusartikel, der sich hier vorfand, in Zwiebeln
bestand, .einem Artikel, der nicht gerade in jeder Gegend
Central - Afrika’s zu haben ist. Im Anfang waren diese
Zwiebeln auf dem Markte von Mäseiia sehr billig, indem
8 für 1 „färda” verkauft wurden; aber mit der Annähe