XV. KAPITEL.
Rückreise nach Kiikaua. —- Herrn Dr. Overweg’s TodL
Hatte ich. gleich einst das Ziel verfolgt, nach dem oberen
Nil vorzudringen, so war ich doch froh, als ich mich am
lOten August westwärts wandte, da ich seitdem die Gewissheit
erlangt hatte, dass ein solches Unternehmen unter gegenwärtigen
Umständen unmöglich sei.
Man hatte mich so oft mit dem Versprechen meiner endlichen
Abreise getäuscht, dass ich dem Boten, welcher am
Morgen dieses Tages vom Serma ankam, um mir anzuzeigen,
ich könne mich jetzt reisefertig machen, nicht traute und
mich nicht rührte, his der Serma selbst erschien und die
Sache bestätigte, wobei er mir zugleich mittheilte, ich würde
des Sultans Brief in Betreff meiner Sicherheit hei einem
künftigen Besuche hei dem Maina Ssabün vorfinden.
Ich liess also von meinen Dienern das Gepäck in. Ordnung
bringen; bevor ich jedoch aufbrach, erhielt ich den
Besuch einer grossen Anzahl von Höflingen mit einem. Agid
an der Spitze, um von mir Abschied zu nehmen und zum
letzten Male ihr dringendes Anliegen vorzubringen, dem Sultan
meinen schönen „kerl - ssassarändi” (Gaul) zu verkaufen.
Dies Gesuch musste ich jedoch abschlagen, indem ich ihnen
sagte, ich brauche selbst mein Pferd und sei nicht als Kaufmann,
sondern als Gesandter in ihr Land gekommen. Sie hatten
stets mit Unwillen gesehn, dass ich mein Pferd nicht verkaufen
wollte, da alle Leute, welche von der anderen Seite von
Bornu nach diesem Lande kommen, Pferde zum Verkauf
eigens mitbringen. Sie rächten sich daher dadurch, dass
sie mir noch einen anderen Beinamen, den eines stolzen
und hochmüthigen Mannes —s „derbaki ngölo” — ertheilten.
Aber ich würde mich um Alles in der Welt nicht von dem
Gefährten meiner Mühen und Gefahren getrennt haben, obgleich
er seine Fehler hatte und damals allerdings nicht bei
guter Leibesbeschaffenheit war. Ich hatte ein Vorgefühl,
dass mir das Pferd noch auf manchem Zuge ein nützlicher
Genosse sein werde, und es sollte mich in Wirklichkeit noch
2 Jahre lang tragen und den Neid meiner Freunde und
Feinde in Timbuktu erregen, wie es hier gethan.
Nachdem ich den Brief des Sultans erhalten, mit dessen
Inhalt ich mich nur höchst zufrieden erklären konnte*),
ging es nun endlich im Ernste fort, und das Herz schlug
mir hoch vor Freuden, als ich nun zum Westthore hinaus
in’s Freie kam und einmal wieder meiner Freiheit genoss.
Das ganze Land war mit dem schönsten Grün bekleidet,
die reichsten Weidegründe und herrlichsten Getreidefelder
wechselten mit einander ab. Allerdings war die Höhe, welche
das Getreide ■ erreicht hatte, auffallend verschieden, indem es
auf einem Felde gegen 5 Fuss hoch stand und eben in’s Korn
schoss, während auf einem anderen, dicht daneben, die zarten
Halme eben aus der Erde emporsprossten. Weil nämlich im
Anfänge der Regenzeit beinahe 4 Wochen lang kein Regen
gefallen war, so hatte dies damals viele Leute abgehalten,
die Saat dem Boden anzuvertrauen. Etwas weiterhin
fand viel Anbau von Bohnen statt.
Indem mir jetzt die Absteckung des Pfades, mit dem
ich vollkommen vertraut war, weiter keine Schwierigkeit
machte, konnte ich mich dem allgemeinen Eindrücke der so
*) Ich sandte diesen Brief mit des Sultans Siegel an das Brittische Ministerium
der auswärtigen Angelegenheiten in London.