394 XIV. Kapitel.
ihn hereinhraoh, indem Mohammed Ssäleh, der Herrscher von
Wädäi, mit einem Heere gegen ihn heranzog, so dass Abd
el Kader aus seiner Hauptstadt flüchtete und sich mit Volk
und Schätzen nach Mänchfa zurückzog, wo er sich in einer
starken Stellung hinter dem Flusse und mit den Booten auf
den Flügeln zur Schlacht rüstete. Als aber der Sultan von
Wädäi die Stärke seiner Stellung sah, liess er ihm kundthun,
er wolle ihm nichts zu Leide thun, so lange er die durch
den Eid seines Vaters gelobte Unterwürfigkeit beobachte;
wirklich scheint er auch den Baghirmiern weiter keinen Schaden
zugefügt zu haben, als dass er sie ihrer Kleidung, des
gewöhnlichen schwarzen Hemdes, beraubte, auf welches die
Einwohner von Wädäi sehr neidisch sind, da ihnen selbst die
Färbekunst nicht bekannt ist.
Nachdem diese Gefahr vorüber war, hielt es Abd el Kader,
der mir von Allen, die mit ihm näher bekannt zu werden Gelegenheit
hatten, als ein Mann von gesundem Verstände und
grösser Gerechtigkeitsliehe geschildert ward, obgleich‘er nicht
eben sehr freigebig sein mag, für das-Geeignetste, auch mit
seinen westlichen Nachbarn, den Kanöri, freundschaftliche Beziehungen
aufrecht zu erhalten. Erleichtert ward dies dem
Herrn von Baghirmi durch den Umstand, dass seine Mutter
die Tante des Scheich 'Omar ist. Die Baghirmier wenigstens
behaupten, dass ihr Fürst mehr in Folge dieses verwandtschaftlichen
Verhältnisses, als aus Furcht oder im Gefühl seiner
Schwäche in die Entrichtung des Tributes, welcher in
100 Sklaven jährlich besteht, gewilligt habe.
Nachdem er auf solche Weise den Frieden mit seinen beiden
Nachbarn hergestellt, hat es sich Abd el Kader besonders
angelegen sein lassen, sein Gebiet nach jener Seite, die
ihm allein offen blieb, nämlich nach der Südseite oder den
Heidenländem hin, auszudehnen und seine Macht zu vergrös-
sem, und er hat dies auch, jedes Jahr mehrere Monate im
Felde zubringend, mit Erfolg gethan. Er hat eine grosse AnNatürliche'
Vorzüge von Baghirmi. 395
zahl heidnischer Häuptlinge unterjocht, von denen er einen bestimmten
alljährlichen Tribut erhebt, — eine Anordnung, die
bisher fast unbekannt gewesen sein soll. Dieser Tribut besteht
natürlich fast ausschliesslich aus Sklaven, welche sich die heidnischen
Häuptlinge nur durch Befehdung ihrer Nachbarn verschaffen
können. In Sklaven besteht daher fast ausschliesslich
der Eeichthum des Sultans; er kann sich aber durcb dieses
Mittel seine dringendsten Bedürfnisse, nämlich Pferde und
Feuerwaffen, sowie auch einige Luxusartikel verschaffen.
. Nur mit starkem, obwohl unterdrücktem Unwillen ertragen
die Baghirmier die Abhängigkeit, in welcher sie zu ihren beiderseitigen
Nachbarn stehn, und es unterliegt keinem Zweifel,
dass sie, wenn es irgendwie die Umstände erlauben, die
erste Gelegenheit ergreifen werden, ihr Joch abzuwerfen, obwohl
der an Wädäi zu entrichtende Tribut schwer auf ihnen
lastet und jede Sammlung ihrer Kräfte erschwert.
Die mittlere Lage Baghirmi’s ist freilich dessen staatlicher
Unabhängigkeit nicht sehr günstig; das Land besitzt jedoch
den grossen Vortheil eines mächtigen westlichen Grenzflusses,
welcher nicht nur eine natürliche Schutzwehr gegen den westlichen
Nachbar bildet, sondern auch, da sich Baghirmi an
mehreren Stellen über den Fluss hinüber nach Westen erstreckt,
ein sicheres Vertheidigungsmittel gegen Angriffe des mächtigen
östlichen Königreiches gewähren kann und bereits wiederholt
gewährt hat.
Dies ist fast der einzige Nutzen, welchen das Land von
der grossen, ihm von der Natur verliehenen Gabe hat *), einem
in allen Jahreszeiten schiffbaren Flusse, welcher das halbe
Gebiet des Landes umzieht und mitten durch dasselbe einen
Arm sendet, den Batschikäm, der während des grösstenTheiles
des Jahres schiffbar ist und leicht zu jeder Jahreszeit für klei-
*) Die Boote der Kaleäma, der südlichen Insulaner des Tsäd, bringen jedoch
mitunter Getreide bis Bügomän.