überlassend, die den Reisenden für alle Entbehrungen entschädigen
und ihn stets mit neuer Begierde erfüllen, sich weiteren
Wagnissen auszusetzen. Meine zarte, aber leichtfüssige
und mühgewohnte Näga blieb heute ungewöhnlich lange aus
und kam erst mit den Nachzüglern des ganzen Trosses an;
Reiter hatten ihr im Gedränge die Last abgeworfen und
meine beiden kraftlosen Fesäner hatten Mühe gehabt, sie
wieder in Ordnung zu bringen.
Ich habe schon früher erwähnt, welche Mühe uns der
harte Alluvialboden in diesem Lande beim Zeltschlagen verursachte;
hier aber war Alles lockerer Sandboden, wahrscheinlich
als Flussschranke angehäuft.
Die leichteren Truppen hatten sich heute gleich nach unserer
Ankunft zerstreut und brachten eine ansehnliche Menge
Vieh von den benachbarten Dörfern ein. AR’ dies Vieh ist, wie
ich schon oben erwähnt habe, nur von mittlerer Grösse und die
Kühe geben entsetzlich wenig Milch. Die Müssgu sowohl,
wie die Marghi und verschiedene Abtheilungen der engverwandten
Kotokö geben dem Rinde einen dem Haussa nahe
sich anschliessenden Namen, während die Bätta dasselbe
mit einem entschieden von den Fulbe entlehnten Ausdruck
bezeichnen*). Solche Beziehungen sind insofern interessant,
als sie einigermassen einen Blick in die Kulturgeschichte
dieser Länder werfen lassen.
Eine interessante Unterbrechung des sonst keineswegs durch
Kampf und Heroismus ausgezeichneten Heereszuges fand
heute statt, indem einer der bei dem neuRchen Streifzug für
*) Die Müssgu nennen das Rind „sei” (die Kuh „sei meni”) , die Marghi,
Gäm-erghü, die A'fade, Nghäla und Yedinä oder Budduma: „thä” . Bei den Bätta
heisst die Kuh „nake” oder „nakei” , was entschieden aus dem Fulfülde-Wort
„negge” (Plur. „nei” ) entstanden is t; diese Pluralform „nei” haben die Farl
und Köana oder Kwona aufgenommen. — Ich komme anderswo auf diesen interessanten
Gegenstand zurück.
todt. ausgegebenen Schüa zwar verwundet, aber noch lebend
unter einem Baume gefunden wurde.
[Freitag, 9<«i Januar.J^Die ganze Landschaft, in der wir
uns seit dem 30sten Dezember bewegten, gehört zu Wülia,
das entschieden einer der fruchtbarsten und am reichsten
bewässerten Striche der Erde ist. Erst am folgenden Tage ver-
liessen wir diese schöne Landschaft, nachdem sie sich noch
in ihrer ganzen Anmuth gezeigt, mit phantastisch gruppirten
Deleb- und Dümpahnen. Ein verödeter Grenzbezirk, bald
bestehend aus grünem Sumpfland, durchwühlt von Tausenden
von Elephanten und desshalb überaus schwierig für die
Passage der Reiterei, bald bewachsen mit dichter Waldung,
in rascher Aufeinanderfolge und Abwechselung, bildete die
Scheide zwischen Wülia und dem schon früher von uns
besuchten Gebiete von Bärea, bewohnt von einem Stamme der
Müssgu Namens Abare. Wir verfolgten jedoch keineswegs
eine gerade Marschroute, sondern beschrieben einen grossen
Winkel mit östlicher Abbiegung, und es schien fast, als wenn
es die Absicht des Heerführers gewesen wäre, noch einmal
an das Ufer des Flusses selbst vorzudringen, und dass ihn nur
die ausgedehnten Sumpfstrecken von der Ausführung seines
Planes zurückhielten. Streng geschieden und ganz ohne
friedhchen Verkehr unter einander, wie diese verschiedenen
kleinen Stämme sind, waren die Abare ganz ohne Nachricht
vom Anrücken des Heeres geblieben, bis wir durch die
dichte Wildniss auf sie heranrückten, und sie hatten kaum
Zeit, sich mit ihren Famüien aus der Dorfschaft in das
Dickicht der Waldung nach Osten zu flüchten. Aber sie
wurden verfolgt, und während der Kampf im Anfang eine Zeit
lang zweifelhaft gewesen, wurden sie durch das Hinzuströmen
einer immer grösseren Menge von Kriegsvolk bald überwältigt,
so dass die Beute des heutigen Tages, besonders an kleinen
Müssgu-Rindern, sehr bedeutend war. Aber auch Sklaven,
besonders junge Knaben und Mädchen, wurden in ziemlicher