gen und, zuweilen zu blossen Sanddünen beschränkt, zuweilen
zu weiten grasreicben Niederungen sieb ausdebnend, eine
Bevölkerung in ihrer eigenthümlichen nationalen Unabhängigkeit
fristen, welche den Überrest einer grossen, von den Ka-
nöri fast ganz vertilgten Nation bildet. Es war eine kleine, in
sich abgeschlossene Welt, mit der Herr Dr. Overweg so in Berührung
gekommen war und von welcher wir allmählich nähere
Kunde zu erlangen hoffen konnten. Seine Gesundheit war bei
der Rückkehr vortrefflich, viel besser, als zur Zeit, wo ich zuletzt
wieder mit ihm in Kükaua zusammengetroffen war. Da
'ihm die triftigen Gründe, welche unser Freund, der Vezier, für
seinen Wunsch hatte, dass wir während des letzten Theiles
der Regenzeit nicht in den sumpfigen Niederungen bei der
Hauptstadt verweilen möchten, sehr wohl bekannt waren, so
willigte er ein, sich mir auf diesem gewagten Zuge nach dem
Nordosten anzuschliessen.
Diese Gegenden hatten bereits bei unserer Abreise von
Mursuk Herrn Dr. Overweg’s besondere Aufmerksamkeit auf
sich gezogen. Mit den unermesslichen Schwierigkeiten, welche
der Bereisung dieser ungastlichen Strecken entgegenstehen,
noch nicht vertraut, hatte er sich oft der trügerischen Hoffnung
hingegeben, einst mit unserem jungen Tebu-Burschen
Mohammed el Gatröni die fruchtbaren und malerischen
Thäler von Börgu und Uadjänga durchstreifen zu können. In
dieser Beziehung sowohl, als auch wegen meines eigenen damals
so geschwächten Gesundheitszustandes, welcher mir während
des Zuges nach Känem nur einen geringen Theil der
mir angeborenen Energie Hess, ist es überaus zu bedauern,
dass mein unglücklicher Gefährte, der sich nie recht bewusst
zu sein schien, dass sein Leben in Gefahr sei, die Ungewissheit
seiner Rückkehr in die Heimath nicht in Erwägung zog
und einen Bericht über seine Forschungen ausarbeitete. Wären
alle von ihm naßh und nach gesammelten Nachrichten
und gewonnenen Anschauungen zu den meinigen hinzugekommen,
so würden diese Länder jetzt viel besser bekannt sein, als
es der Fall ist. Anstatt aber seine Mussestunden dazu zu benutzen,
eine auch für Andere lesbare Abschrift seiner Notizen
zu machen, Kess er sie sämmtlich flüchtig mit Bleistift auf
kleine Papierschnitzel geschrieben, so dass sie selbst für ihn
nach Verlauf einiger Zeit unlesbar werden mussten. Es ist
Schade, dass das bedeutende Talent, welches Dr. Overweg be-
sass, nicht mit einem mehr praktischen Wesen verbunden
und ausschhesshcher den Studien, denen- er sich gewidmet,
zugewandt war.
Der politische Horizont des Sudan füllte sich damals mit
bedeutungsvollen Ereignissen, welche theils wirklich, theils
nur scheinbar von Wichtigkeit waren. Welche Vortheile
auch Bornu aus seiner centralen Lage ziehen mag, so hat
diese doch zugleich die Gefahr zur Folge , mit dem einen
oder anderen seiner Nachbarländer in fortwährende Zwistigkeiten
verwickelt zu werden. Und daraus ergibt sich, dass
sich dieses Reich unter einer schwachen Regierung auf die
Dauer nicht wird erhalten können; es muss entweder fortwährend
seine Eroberungen über die angrenzenden Länder
ausdehnen, oder es wird bald überwältigt werden.
Im Norden ist das Reich der rOssmanli, welches, obwohl
im Inneren schwach und zerfallen, doch mit seinen aussen-
liegenden Gliedern Alles, was in seinem Bereich ist, zu ergreifen
droht. Im Nordwesten sind die Tuareg, welche zwar
nicht eine sehr bedrohliche einheitliche Macht bilden, aber
bei jeder Gelegenheit bereit sind, ihre Beute zu erhaschen;
im Westen das Reich von Sökoto, von grösser Ausdehnung,
jedoch unbesclmeiblich schwach in Folge des ungeregelten
Zustandes seiner nur locker vereinigten Provinzen und der
kraftlosen Regiei'ung eines friedlich gesinnten Fürsten, so
dass gerade um diese Zeit der Statthalter einer Provinz die
Flammen des Aufruhrs und der Empörung weit um sich her
verbreitete, während ein anderer Lehnsträger im Süden des
Barth'a Reisen. III. 2