keit bemüht, sich ein Rasirmesser zu verschaffen, um sich vor
der Todesstunde seinen Kopf scheeren zu können.
[Mittwoch, 22«tm Oktober.\ Glücklicherweise ging die
Nacht vorüber, ohne dass sich der Feind zeigte, und mit
Tagesanbruch ward das Zeichen zum Aufbruch gegeben,
worauf sich Jeder bemühte, seinem Nachbar den Vorsprung
abzugewinnen.Wirklich kam der Feind, nach einer uns
später zugekommenen zweifellosen Nachricht, etwa 1 Stunde
später beim Lager an; da er aber sah, dass wir schon abgezogen
waren, hielt er es nicht für rathsam, uns zu verfolgen.
So liessen wir den interessantesten Theil Känems hinter
uns, eine Landschaft, einst dicht besetzt mit grossen, volkreichen
und berühmten Städten (wie Ndjimie, Aghäfi und
alle die Plätze, welche ich nach dem Berichte der Kriegszüge
des Edriss Alaöma im Anhang II beschreiben werde)
und durchzogen von zahlreichen begünstigten Thälern voll von
Dattelbäumen.
Indem wir zuerst eine westliche und dann eine südwestliche
Richtung verfolgten, durch ein nicht eben besonders interessantes
Land, erreichten wir gegen 8 Uhr Morgens ein
weites Thal, Namens Täkulum, mit reicher frischer Weide
und schönem Baumwuchs. In diesem Thale — in dessen Nähe,
nämlich im Thale Karafu, das ich im Anhänge noch weiter
erwähnen werde, die gewöhnliche Residenz des Keghamma
ist Dr angekommen, war man der Meinung, dass wir nun
ausser Gefahr seien, und beschloss, Pferde und Kameele zu
tränken und ihnen etwas Fütterung zu gönnen. Ich für meinen
Theil war äusserst dankbar dafür, in dem Schatten
einer ehrwürdigen Akazie, nahe an dem sanften, die schöne
grüne Mulde umgebenden Abhange, ein Paar Stunden Ruhe
zu erhalten. Aber gerade in der grössten Tageshitze ver-
liessen wir diesen anmuthigen Ruheplatz und folgten einer
mehr nordwestlichen Richtung, die uns mit allmählichem
Anstieg in einen ziemlich bewaldeten Distrikt führte. Hier
war jüngst alles Gras verbrannt worden oder brannte noch,
und an einer Stelle war es selbst mit einiger Gefahr verknüpft,
uns einen Weg durch die Flammen zu bahnen. Dieses
alljährliche Verbrennen des Grases, welches ich schon frü-:
her erwähnt habe, scheint eine im ganzen Sudan gebräuchliche
Sitte zu sein.
Gegen Abend ward das Land ganz offen und vor uns
liess sich ein kleiner Höhenzug sehn, an dessen westlichem
Fusse unser Lagerplatz sein sollte; aber er schien sehr entfernt
und es war völlig dunkel, als wir in zwei getrennten
Lagern Halt machten, indem wir nicht im Stande waren,
unseren Bestimmungsort zu erreichen. Unser Abendessen
war überaus einfach; denn da wir bei der Einnahme des
Lagers hei Aläli unsere ganze Provision eingebüsst hatten,
mussten wir uns mit einigen schlechten Datteln begnügen
dem Einzigen, was wir von Scheich Rhet erhalten konnten.
[Donnerstag, 23sten Oktober.] Während unsere Leute in
Gesellschaft des Packtrosses und eines Theiles der Reiterei
mit den Kameelen die gerade Strasse verfolgten, schlugen
Herr Dr. Overweg und ich mit Scheich Rhet und seinem
Trupp eine mehr nördliche Richtung ein und brachten die
heissen Tagesstunden in einem freundlichen Thale zu. Es
war unzweifelhaft eines der schönsten Thäler, die wir im
Lande angetroffen hatten, nur dass es keine Dattelpalmen
hervorbrachte; aber die Landschaft Schitäti, die wir nun
wiederum betreten hatten, scheint der Palme keineswegs
günstig zu sein, während Schiri und die Nachbarschaft von
Mäö an diesen Bäumen sehr reich sind.
Ein Theil des Thalgrundes war in Kornfelder umgewandelt,
die mit Hilfe von Chättatirs bewässert wurden; neben
diesen Ziehbrunnen befand sich eine Gruppe von Hütten,
während ein grösseres, aber gegenwärtig verlassenes Dorf
am Rande des Abhanges liegt, der das Thal beherrscht; es