ich einen Schuss abgefeuert hatte, um meine Freude auszudrücken,
nun den Händen des fanatischen Baghirmi-Volkes entkommen
zu sein, setzte ich unverzüglich meinen Marsch fort,
indem ich mich fürchtete, mein Pferd den so äusserst gefährlichen
Stichen der „tsetse”-Fliege blosszustellen, welches Insekt
glücklicherweise nur an den unmittelbaren Ufern' des Flusses
haust; wenigstens ist es mir sonst nirgends vorgekommen.
Es ist eine grosse gelbe Art und überaus giftig und gefährlich.
So hatte ich nun wieder das Gebiet meines Freundes
Yussuf, des Fürsten von Logone, betreten und konnte mich
frei und ohne Gefahr vor Belästigung bewegen. Das Wetter
war sehr feucht, und ich musste zweimal in kleinen Dorf-
schaften, die inmitten reicher Getreidefelder lagen, einkehren,
um heftigen Regengüssen zu entgehen. Der ganze Gau
heisst Mokoro und begreift ausser mehreren, von Lögone-Leu-
ten ;,Logode Log6n’’:s— bewohnten Dorfschaften 10 Schüa-
Weiler; in einem von diesen nahmen wir Herberge. Diese
Schüa zeichneten sich jedoch nicht durch ihre Gastfreiheit
aus, und erst nach langer Unterhandlung konnte ich ein
Unterkommen in einer ihrer Hütten finden. Letztere sind
für diese Gegenden sehr geräumig, indem sie 50 bis 60 Fuss
Durchmesser haben; auch besitzen sie die bemerkenswerthe
Eigenthümlichkeit, dass sie mit einer Art von Schlafzimmer
versehen sind, welches die Mitte derWohnung einnimmt und
in einem etwa 3 Fuss über dem Boden erhöheten, 20 Fuss
langen, 6 — 8 Fuss breiten und ebenso hohen Gemach besteht,
das im Inneren durch Scheidewände in mehrere Kammern
getheilt und ringsum von jenem vortrefflichen, au6
feinem Rohr gemachten Mattenwerk umstellt ist, durch
dessen Verfertigung die Einwohner von Logone sich so sehr
auszeichnen. Dies Mattenwerk ist von dunkeier Farbe, und
ich war überrascht, auf meine Erkundigung, wie es gefärbt
werde, zu hören, dass dies,durch Einsenken der Matten in
schwarze schlammige Thonerde geschieht. In diesem' verschlossenen
Gemach, „ghurära” genannt, finden diese Leute
während der nächtlichen Ruhe Schutz gegen die zahllosen
Mückenschwärme, von denen dieses niedrige Marschland heimgesucht
wird.
Ich hatte natürlich keine Ansprüche auf diesen bevorrechteten
Platz, der den Familienmitgliedern Vorbehalten ist; ich
richtete mich daher auf der erhöheten Thonbank beim Eingänge
ein, wo mich die Mücken zwar behelligten, jedoch, da
die Thür frühe geschlossen ward, auch die Aufmerksamkeit
des grausamen Insektes durch das in der Hütte befindliche
Vieh stärker angezogen wurde, in nicht allzu unerträglicher
Anzahl. Sonst wurde ich recht gut behandelt, denn der
Wirth war ein reicher Mann Namens Adim und seine Frau
sogar eine Prinzessin -p: „meram” ¡K von Logone; sie war
überdies eine geschwätzige und freundliche Person. Sie be-
wirtheten mich bald nach meiner Ankunft mit einem kleinen
Pfannkuchen und am Abend mit einer Schüssel voll Milchreis.
Es war äusserst interessant, die eigenthümliche Lebensart
dieser Leute zu beobachten und sie ihr Arabisches
Idiom reden zu hören, das noch nicht den Vokalreichthum,
der ursprünglich die Sprache bezeichnete, eingebüsst,
wenn auch in sonstiger Beziehung sehr an Reinheit verloren
hat. Sie bewahren mehrere auffallende Gebräuche, die sie mit
ihren Brüdern im Osten in Verbindung erhalten -— namentlich
das Gesetz der Blutrache — ,,e’ dhie”*) — und die Infi-
bulation der jungen Mädchen — zur praktischen Gewährleistung
thatsächlicher Unschuld. Die hiesigen Araber gehören
zum grossen Stamme der Ssalamät. —
*) Bezüglich, dieses Gebrauches ist Burkhardt („Reisen in Nubien*% 3 « Originalausgabe
i Anhang I, S. 434) sehr richtig unterrichtet; aber im Allgemeinen
verunstalten allerlei Irrthümer seine die Lander östlich vom Tsäd betreffenden
Angaben, nicht nur in der Geographie, sondern auch in der Ethnologie
dieser Gegenden, indem er fortwährend einheimische und Arabische Stämme
mit einander verwechselt.